Aus der Region "Die Vielfalt muss erhalten bleiben"

Die Monsanto-Übernahme durch Bayer kommt nicht bei allen gut an. Landwirte sehen die Marktmacht kritisch. BBV-Bezirkspräsident Hermann Greif sieht Parallelen zum Einzelhandel.

 
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Herr Greif, der deutsche Pharmakonzern Bayer und der US-amerikanischen Saatguthersteller Monsanto wollen fusionieren. Müssen Landwirte und Verbraucher nun Angst vor amerikanischen Verhältnissen auf bayerischen Äckern haben?

Nein, das sicher nicht. Wir haben bei Lebensmittelsicherheit und Umweltschutz strenge europäische Standards. Die werden durch die Fusion sicher nicht angetastet. Es gibt auch einen sehr guten Schutz vor gentechnisch veränderten Produkten. Das aktuelle Anbauverbot wollen wir Landwirte sicher nicht aufheben. Wir kommen sehr gut mit unseren normal gezüchteten Sorten zurecht. Gentechnik brauchen wir nicht.

Wie schätzen Sie die geplante Fusion ein?

Beide Unternehmen sind schon sehr lange als Einzelunternehmen tätig und haben riesige Marktanteile. Auf deren Entscheidung, zu fusionieren, hatten wir Landwirte natürlich keinen Einfluss. Wir denken aber schon sehr stark darüber nach, welche Probleme uns so ein Riesenkonzern bereiten kann.


Welche sind das?

Im Pflanzenbau gibt es allein in Bayern noch zirka zehn kleine und mittelständische Saatzucht-Unternehmen, die Sämereien in großer Vielfalt herstellen. Es wird sich zeigen, ob die alle auf Dauer den harten Wettbewerb überstehen können. Vonseiten des Verbands versuchen wir schon immer bei unseren Mitgliedern darauf einzuwirken, dass sie nicht nur das Saatgut der großen Hersteller verwenden. Schließlich wissen die kleinen Anbieter genau, welche Sorten für den bayerischen Markt geeignet sind.

Sind die Unterschiede so gravierend?

Beim Saatgut auf jeden Fall. Ein Pflanzenschutzmittel, das gegen den Mehltau hilft, wirkt in allen Regionen gleich gut. Aber eine Weizensorte, die etwa in Franken gute Erträge bringt, muss für Ober- oder Niederbayern noch lange nicht geeignet sein. Die klimatischen Bedingungen unterscheiden sich regional, und es herrscht mancherorts ein ganz anderer Krankheitsdruck. Allein in Deutschland gibt es über 100 verschiedene Weizensorten. Und diese Vielfalt gibt es eben nur, weil Züchter vor Ort sind, die ganz gezielt die richtigen Getreidesorten heraussuchen und diese entwickeln. Diese Züchter kennen unsere Probleme. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass unser Saatgut und die Pflanzenschutzmittel durch den Zusammenschluss billiger werden - eher im Gegenteil. Da gibt es durchaus Parallelen zum Lebensmittel-Einzelhandel.

Die Landwirtschaftsverbände greifen gerade die großen Ketten ja immer wieder wegen deren
Preispolitik an.

Genau. Je größer der Einzelhändler ist, desto mehr Preisdruck haben die Landwirte. Solch eine Konzentration auf wenige große Konzerne ist absolut negativ für die Landwirtschaft. Ich habe große Bedenken, wenn Konzerne marktbestimmend werden. Beim geplanten Zusammenschluss von Edeka und Kaiser's Tengelmann ist zum Glück aktuell das Kartellamt noch das letzte Bollwerk, das gegen die Fusion steht. Größere Vielfalt führt zu vernünftigen Preisen und am Ende auch zu mehr Regionalität.

Monsanto zieht oft Kritik auf sich, weil sich deren Saatgut nicht mehr vermehren lässt. Ist das auch für oberfränkische Bauern Thema?

Es gibt bestimmte Früchte wie Raps, oder Mais, deren Samen man jedes Jahr neu kauft - ganz unabhängig von Monsanto. Bei den Pflanzen handelt es sich um sogenannte Zucht-Hybride, die man nicht weitervermehren kann. Solche Kreuzungen gibt es schon seit mindestens zwanzig Jahren - etwa beim Hybrid-Roggen, der zwei Roggenlinien kombiniert. Daneben gibt es aber auch sogenannte Druschfrüchte wie Getreide, Erbsen oder Ackerbohnen, die jeder Landwirt selbst nachzüchten kann.

Machen diese das auch ?

Das ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Jeder Landwirt muss für sich entscheiden, was für ihn ökonomischer ist. Gekauftes Saatgut hat eine sehr hochwertige Qualität und eine sehr hohe Keimfähigkeit. Das habe ich bei eigenem Saatgut nicht unbedingt. Bei der Rechnung spielen auch Faktoren wie die Saatgutmenge, die ich benötige, der Mehrertrag oder die Krankheitsresistenz eine Rolle.

Und das Monsanto-Saatgut? Wird das in Bayern ebenfalls verwendet?

Alles Saatgut, was nicht gentechnisch verändert ist, und das entsprechend zertifiziert ist, ist frei handelbar. Da gibt es keine Beschränkungen. Bei Gentechnik fährt Deutschland übrigens eine Null-Toleranz-Politik. Die Kontrollen sind sehr rigide. Das Prüfwesen ist so streng, dass Verbraucher sich absolut sicher sein können, dass in ihren Produkten keine Gentechnik steckt.

Wie wichtig sind Pflanzenschutz- und Düngemittel in der konventionellen Landwirtschaft?

Durch deren Verwendung, sichern wir beständige und hohe Erträge. Natürlich gibt es dafür strenge Aufzeichnungspflichten, und jeder Landwirt, der Pflanzenschutzmittel einsetzt, muss regelmäßig seine Sachkunde nachweisen.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung im Agrarsektor ein?

Aktuell kann man noch wenig sagen. Monsanto ist derzeit in Deutschland noch nicht so stark vertreten. Und mit Düngemitteln haben beide Unternehmen sowieso nur weniger zu tun. Die Fusion der beiden Konzerne erleichtert Monsanto jedoch den Zugang zu unserem guten deutschen und bayerischen Markt. Wir können nur hoffen: Die Vielfalt in unserer Landwirtschaft muss erhalten bleiben. Unsere Bauern müssen weiterhin die Chance haben, aus verschiedenen Sämereien auszuwählen. Wir haben schon öfters gesehen, dass Fusionen nicht unbedingt zum Vorteil der Bauern sind. Aber am Ende werden wir die Entwicklung nur beobachten können. Beeinflussen werden wir sie sicherlich nicht.

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