Routiniert zieht Susanne Abdel-Razaq den Pinsel über die Augenbrauen von Wolfram Haupt. Meistens geht es beim Hochschulprofessor schnell in der Maske. Ein bisschen dunkle Farbe ins Gesicht geschmiert, die langen grauen Kunsthaare angesteckt und ein Piratentuch um den Kopf gebunden. „Da ist er der Pirat“, sagt Abdel-Razaq und schon rutscht der nächste Statist auf den Platz in der Maske.

Seit einem halben Jahr läuft „Die Schatzinsel“ im Landestheater Coburg und Wolfram Haupt ist bei fast jeder Vorstellung dabei. Das ungewöhnliche Hobby hat er seinem Engagement im Chor „Unerhört“ zu verdanken. Seit den Blues Brothers 2011 treten die Sängerinnen und Sänger immer wieder im Landestheater auf und unterstützen die Profis auf der Bühne durch ihren Gesang. In der Schatzinsel gehört, neben dem Singen, natürlich auch etwas schauspielerisches Talent dazu. Die Prügelszene, die sich Wolfram Haupt mit einem anderen Piraten auf der Bühne liefert, ist bis ins kleinste Detail einstudiert. „Ich weiß genau, wann ich mich wegducken muss und wann welcher Schlag kommt“, erzählt der 53-Jährige.

Seine Gesangskarriere hat Haupt schon mit fünf Jahren begonnen - und zwar im Seniorenheim. „Mein Vater war Bürgermeister in einem kleinen Dorf und hat mich immer mitgenommen. Bei der Weihnachtsfeiern bin ich dann aufgetreten. Irgendwann wollte ich nicht mehr. Aber nicht wegen der Singerei, sondern weil mich die Omis immer abknuddeln wollten.“

Wolfram Haupt ist ein echter Coburger. Er ist hier aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat selber an der Hochschule Coburg studiert. Nach 20 Jahren Exil in Kassel und München, ist er 2009 wieder in die Heimat zurückgekehrt. Er konnte sich schon immer vorstellen, auch mal auf der anderen Seite des Hörsaals zu stehen. „Mir macht der Job wirklich Spaß“, sagt Haupt und man merkt, dass er es ernst meint.

Die Auftritte im Landestheater sind eine schöne Ergänzung zum Arbeitsalltag. „Ich habe immer gern gesungen und mach das als Ausgleich zu dem, was ich hier als Dekan und Dozent an stressigen Dingen erlebe“, erzählt Haupt.

An der Hochschule Coburg leitet er die Fakultät Angewandte Naturwissenschaften. Sie ist die kleinste der sechs Fakultäten an der Hochschule und umfasst die fünf Studiengänge Technische Physik, Bioanalytik (Bachelor und Master), Simulation und Test und Analytical Instruments, Measurement and Sensortechnology. Zu seinem Job als Dekan gehört auch viel Verwaltung: Urlaubsanträge unterschreiben, Beschaffungen im Blick haben, die Studiengänge weiterentwickeln. Darüber hinaus unterrichtet Wolfram Haupt. Informatik und Simulation sind seine Fachgebiete.

Nach der Arbeit geht es für den Professor oft auf direktem Weg zum nächsten Auftritt in Theater. „Manchmal überschneidet es sich schon ein bisschen und man muss gucken, wann man was macht“, schmunzelt Haupt. Zumal seine Rolle in der Schatzinsel nicht die einzige ist. Auch in den Coburg-Musicals von Ulrike Barz ist Haupt als Schauspieler aktiv. Im September wird „Albert und Victoria“ in der Ehrenburg wieder aufgenommen. Da ist Haupt als Freiherr von Stockmar im Einsatz. Eine mittelgroße Rolle, wie Haupt verrät, mit einigen Textpassagen: „Das ist schon speziell, weil ich meine Texte normalerweise nicht ganz so genau aufsagen muss. Ich rede zwar viel als Dozent, aber da muss ich mich wirklich ans Stichwort halten.“

Wenn Wolfram Haupt nicht gerade im Hörsaal oder auf der Bühne steht, ist er übrigens in der HUK-COBURG Arena zu finden. Fast jedes Spiel des HSC 2000 Coburg verfolgt der Handballfan. Da sitzt er dann aber ausnahmsweise mal selber im Publikum.

Mehr auch im Video des Coburger Hochschulfernsehens: http://www.coburger-hochschulfernsehen.de/privat-pirat