Er ist obszön, er ist taktlos, er ist derb - aber er macht seinen Job verdammt gut. Man muss ihn nicht mögen, diesen schrillen Star von der Reeperbahn, und mehr als einmal bringt er sein Publikum am Sonntagabend in der ausverkauften Gruber Zauberwelt mit grenzwertigen Gags zum Raunen. Aber am Ende der Dreieinhalbstunden-Show wollen sie Kay Ray und seinen Pianisten Falk Effenberger gar nicht mehr von der kleinen Bühne lassen. Er hat Charisma, dieser bizarre Entertainer, der aussieht wie eine Mischung aus Schlingensief und Fürstin Gloria, singt wie eine göttliche Diva und scherzt wie ein teuflischer Clown. Behende hüpft der 44-Jährige von Fettnapf zu Fettnapf, gibt die provokante Turbo-Tunte und predigt sein Credo: Spaß. Mit etwas gutem Willen kann man den Furor des Hamburger Comedians freilich auch als zynische Notwehr gegen die Scheinheiligkeit der "Normalos" lesen: "So schrill wie dieses Land ist, kann ich nie werden" versichert der Paradiesvogel und zelebriert den tiefergelegten Humor auf höchstem Niveau. Gegen die verdrucksten Schlüpfrigkeiten deutscher Büttenreden setzt er aggressive Zotenpower, mischt sie mit zusammengeklau(b)ten Kalauern und Satire. Am stärksten freilich ist Kay Ray, wenn er zur Chansonette wird und sich mit rauchigem Timbre bei Kate Bush, Milva, ja sogar Coldplay bedient - und ungeahnt nachdenkliche Töne anstimmt. Dieter Ungelenk