Nichts ist mehr heilig Brandstiftung am Altar

Kirchen sind immer öfter Opfer blindwütiger Zerstörung. Foto: dpa/Nicolas Armer

Vandalen ziehen durch die Kirchen: Das bayerische LKA registriert einen Anstieg der Sachbeschädigungen in Gotteshäusern.

 
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Brennende Gesangbücher, beschädigte Orgelpfeifen, umgeworfene Kerzen, ein Altar in Flammen: Immer häufiger werden Gotteshäuser in Bayern Ziel von Zerstörungswut. 294 Fälle von Sachbeschädigungen in Kirchen, Kapellen oder Klöstern hat das bayerische Landeskriminalamt (LKA) im vergangenen Jahr festgestellt – 23 mehr als noch 2021 (271). Die Tendenz ist den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren klar steigend. 2019 zählte das LKA noch 219 Fälle, im Jahr darauf schon 242.

Feuer und Zerstörung

„Grundsätzlich stellen wir fest, dass die Zahlen, insbesondere im Bereich des Vandalismus, gestiegen sind und die Zerstörungswut wesentlich massiver ausfällt“, sagt auch ein Sprecher des katholischen Bistums Regensburg. „So wurden beispielsweise Heiligenfiguren zerstört oder beschädigt, in Kirchenräumen geraucht und uriniert, Kirchenaußenwände beschmiert oder Feuer im Kircheninneren gelegt.“

Einige Beispiele aus ganz Bayern: Im Februar dieses Jahres brannten in der katholischen Münchner Pfarrkirche St. Heinrich mehrere Gesangbücher. Der Kirchenraum war verwüstet, wie die Polizei mitteilte. Kerzen waren umgeworfen, Gesangbücher auf dem Boden verteilt. Jemand hatte auf ein „Gotteslob“ gepinkelt. Im katholischen Bistum Eichstätt brannte im Oktober in einer Kirche in Neunstetten ein Desinfektionsmittel-Spender.

Weit größer war der Schaden im Juli 2022 in der Wallfahrtskirche „Maria Hilf“ in Seubersdorf (Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz). Dort klauten Einbrecher 30 Orgelpfeifen und 16 vergoldete Kerzenständer. Schaden: rund 24.000 Euro. Noch größer war allerdings der Sachschaden, der entstand, als die Einbrecher die Türen aufbrachen und die Orgelpfeifen herausrissen: 40.000 Euro.

Auch das evangelische Dekanat Hof hat unliebsame Erfahrungen gesammelt. „Gerade im vorigen Jahr hatten wir eine ganze Serie von Opferstock-Aufbrüchen in Sankt Michaelis“, berichtet Dekan Andreas Müller. Deshalb habe man die evangelische Hauptkirche von Hof mitten in der Vorweihnachtszeit zeitweise auch tagsüber abgeschlossen.

Das Hauptproblem sieht der Dekan nicht in der Höhe der Diebesbeute, denn die Opferstöcke würden regelmäßig geleert. Viel schlimmer sei das Gefühl der Unsicherheit, das sich nach mehreren Vorfällen einstelle. „Eigentlich sehen wir Kirchen ja als Begegnungsräume an, die wir offenhalten und nicht absperren wollen“, sagt Müller.

Vor allem für kleinere Pfarreien ist dies ein Problem, weiß man auch bei der katholischen Erzdiözese Bamberg. „Im Dom ist ja immer jemand, der aufpasst oder Sachbeschädigungen mitbekommen würde“, weiß Pressesprecher Harry Luck. In kleineren Orten sei es durchaus denkbar, dass Täter über längere Zeiträume allein und ungestört in den Gotteshäusern seien. Deshalb überlasse die Diözese den einzelnen Kirchenstiftungen die Entscheidung über die Öffnungszeiten der Kirchen.

Randale in sieben Kirchen

Vor fünf Jahren zog allerdings ein Pärchen randalierend durch sieben Bamberger Kirchen, schlug Fester ein und stieß Heiligenfiguren von ihren Sockeln. Schaden: rund 20.000 Euro. Bezogen auf das ganze Bistum habe man jedoch keine aktuellen Zahlen vorliegen, die für einen Anstieg des Vandalismus sprächen, sagte Luck im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch von krassen Vorfällen sei man in jüngerer Vergangenheit verschont geblieben.

Wie etwa in Spalt im mittelfränkischen Landkreis Roth, wo im Mai 2022 der ganze Altar in Flammen stand. Die Kriminalpolizei nahm Ermittlungen gegen einen Jugendlichen auf wegen besonders schwerer Brandstiftung. In Oberschneiding in Niederbayern sollen zwei zur Tatzeit erst zwölf Jahre alte Mädchen Orgelpfeifen beschädigt haben.

Die Zahl der Diebstähle aus Kirchen, Kapellen und Klöstern ging hingegen bayernweit nach LKA-Angaben in den vergangenen fünf Jahren deutlich zurück – von 807 Fällen im Jahr 2018 auf 398 im Jahr 2022.

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