Schlittenhunde Knuddelzeit im Norden Norwegens

Sofie Flurschütz

Julia Podlich aus Bad Colberg (Landkreis Hildburghausen) ist an den Polarkreis gezogen. Zwei Monate hat sie auf einer Husky-Farm gearbeitet und unglaubliche Erfahrungen gemacht. Knuddelige Fotos von Schlittenhunden gibt es in unserer Bildergalerie.

 
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Bodø - Seit Anfang November rieselt es in Nordnorwegen Schneeflocken. Darauf hat sich Julia Podlich aus Bad Colberg schon gefreut, denn sie liebt die Eiskristalle. Die 26-Jährige hat die vergangenen zwei Monate auf einer Husky-Farm in Bardufoss gearbeitet.

Dort hat sie in zwei Camps gewohnt. Im Wintercamp, das mit dem ersten Schneefall bezogen wurde, hat Julia und eine andere Helferin abwechselnd in einer Holzhütte gelebt. Das war notwendig, weil das Haus des Hundebesitzers 30 Minuten entfernt liegt, aber es immer jemanden geben sollte, der für die Hunde da ist. In der Unterkunft gab es zwar Strom, aber kein fließendes Wasser. Eine Situation, an die sich Julia gewöhnen musste.

„Zu meinen Aufgaben gehörte vor allem das Schlitten vorbereiten für die Touristen und das Hunde füttern“, informiert Julia und ergänzt „Aber sich nach jeder Tätigkeit die Hände zu waschen, war einfach kaum möglich – egal, wie sehr man das als Deutsche eingetrichtert bekam.“ Für ihre Hilfe erhielt Julia ein Taschengeld sowie Kost und Logis. „Ich mag meine Tätigkeit und bin gut darin, aber es ist leider kein Job, womit man gut Geld verdienen kann“, sagt die junge Frau.

Zuvor waren Julia und die Vierpfoter im etwa 40 Minuten entfernten Sommercamp. In den wärmeren Monaten sind die Hunde dort untergebracht, um noch mehr Auslauf zu haben und außerhalb einer Ortschaft auch keine Nachbarn zu stören.

Für Julia bedeutete das, alleine in einer Holzhütte ohne Strom und ohne fließendes Wasser zu übernachten. Was hart klingt, sei gar nicht so schlimm gewesen, versichert die Thüringerin. Ihr Kühlschrank sei eine Kühlbox in einem Loch in der Erde gewesen. Das Feuer im Holzofen habe sie für die meiste Zeit warmgehalten, ein externer Akku zum mobilen Aufladen konnte ihr Handy am Leben halten und eine Lichterkette mit Batterie-Betrieb habe für eine gemütliche Stimmung gesorgt.

Daneben gab es noch ein Gaskochfeld. „Das ist ein bestimmter Lebensstil, damit muss man einfach klarkommen und kann niemand sein, der täglich eine halbe Stunde warm duschen möchte“, macht Julia begreiflich. Häufig Katzenwäsche, Feuchttücher und alle paar Tage duschen im Haus ihres Chefs war also Programm.

Sorgen gemacht habe sie sich auch nachts nicht, denn die beste Alarmanlage sei schließlich vor der Tür gewesen. „Wenn ein Elch oder Fuchs vorbei gehuscht ist, haben die Hunde sofort gebellt und ich musste dann nur schauen, was los ist“, berichtet die Bad Colbergerin.

Täglich stand Julia um acht Uhr morgens auf, verteilte zuerst Futter an die 45 Alaskan Huskies plus vier Welpen. Danach folgte Ausmisten sowie eine kurze Kuschelrunde, damit sich die Hunde an sie, ihre Stimme und Geruch gewöhnen. Später habe sie gemeinsam mit einem permanenten Helfer aus dem Ort versucht, jeden Hund zu trainieren. Anfangs habe sich Julia Fotos von Hund und dazugehöriger Hütte gemacht, um sich die Namen der 45 Tiere einzuprägen.

Seit etwa vier Wochen seien die Hunde von Fahrten auf Rädern zu Schlitten umgestiegen, aber es müsse noch mehr Schnee kommen, „um wirklich gute Schlittenfahrten anzubieten.“ Nach jeder Fahrt fütterte Julia die Polarhunde. Die Vierbeiner fressen eine Art Fleischsuppe und ab und an Elchknochen von verunglückten Tieren.

Fast täglich kamen norwegische Schulklassen sowie europäische Touristen, um die Magie einer Hundeschlittenfahrt zu erleben. Nicht alle Besucher hatten bei minus 25 Grad eine reibungslose Tour. „Niederländische Urlauber sind bei einem Ausflug bereits nach zwei Runden wieder zurückgekommen. Der Frau war so kalt, sie hat ihren Fuß nicht mehr gespürt und hatte Angst, dass ihre Zehen erfroren sind“, erinnert sich die Deutsche und fügt hinzu: „Sie hat das Zwiebelprinzip zwar beherzigt, aber hatte nicht Wolle getragen, sondern synthetisches Material, das nicht wärmt.“

Bei einer anderen Fahrt, einer Polarlichter-Tour, habe ein Paar aus Berlin nach einem Hügel den Schlitten verloren. Die Vierbeiner drehten jedoch einfach weiter ihre Runden auf dem Feld. Im Dunkeln mit Stirnlampe auf dem Kopf wartete Julia bis sie die Hundeaugen sah und sprang dann auf den leeren Schlitten, um ihn zu stoppen.

Auf fünf verschiedenen Husky-Farmen hat Julia seit Januar gearbeitet, einen Selbstversorgerhof an der norwegischen Westküste unterstützt und viele Ausflüge unternommen.

„Jetzt habe ich Norwegen eigentlich komplett gesehen, nur das Inland habe ich ein bisschen ausgelassen“, reflektiert Julia. Im Mai habe sie einen Norweger kennengelernt und mit ihm das Land bereist. Sie könne sich noch gut erinnern, wie sie bei einem Roadtrip durch Südnorwegen das erste Mal wieder Deutsche gehört und dabei festgestellt hat: „Ich hätte mir kein besseres Land aussuchen können, um die Pandemie zu überstehen. Norwegen hatte meistens niedrige Fallzahlen, weil die knapp fünf Millionen Einwohner des Landes einfach sehr entfernt wohnen.“

In Nordnorwegen habe es nur etwa drei Wochen lang eine Maskenpflicht gegeben, ansonsten eine Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.

Am Montag wird Julia nach Deutschland fahren, um Weihnachten sowie Silvester in der Heimat zu verbringen und ihr Auto überprüfen zu lassen. Wenn sie im Januar 2022 wieder nach Bodø zu ihrem Freund Steven reist, werde sie nicht mehr geschockt sein, wenn sie bei Sturm und minus 25 Grad Celsius in Norwegen ankomme wie einst im vergangenen Januar.

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