Kritik von Grünen und SPD
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte: "Es ist nicht verantwortungsvoll für einen Minister, unbegründete Ängste zu schüren." Stattdessen sollte Wissing seine Aufgabe wahrnehmen und endlich sinnvolle Vorschläge für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor machen. "Maßnahmen gibt es ja genug." Kritik an Wissings Vorstoß kam auch von der SPD. Fraktionsvize Detlef Müller sagte: "Panikmache durch abwegige Vorschläge helfen dem Klimaschutz im Verkehrsbereich überhaupt nicht, im Gegenteil." Die SPD-Fraktion lehne Fahrverbote für Pkw und Lkw ab. Solche Manöver brächten die laufenden Beratungen im Bundestag über das Gesetz schwerlich voran.
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner wies auf den gemeinsamen Beschluss aller Koalitionspartner im Kabinett hin. Der Entwurf sei nun im parlamentarischen Verfahren, und man erwarte und hoffe, dass dies jetzt zeitig umgesetzt werde. Das Kabinett hatte den Entwurf im Juni beschlossen, die erste Lesung im Bundestag war im September.
Umweltverbände sind empört
Umweltverbände warnen, mit den Plänen würden Sektorenziele und die Verantwortlichkeit der Ministerien wie des Verkehrsressorts aufgeweicht. Greenpeace-Mobilitätsexpertin Clara Thompson kritisierte: "Zwei Jahre hat Wissing damit vergeudet, jede Klimaschutzmaßnahme im Straßenverkehr zu blockieren - jetzt malt er Horrorszenarien an die Wand, um auch in Zukunft nichts tun zu müssen." Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) nannte Wissings Vorgehen schäbig. "Es passt ins Bild, dass ausgerechnet der Minister, der jede noch so einfach umzusetzende Maßnahme wie ein Tempolimit auf Autobahnen blockiert, jetzt mit den Ängsten der Menschen spielt", sagte Verkehrsexperte Jens Hilgenberg der dpa.
Umweltbundesamt: Brauchen keine Fahrverbote
Das Umweltbundesamt hält Fahrverbote zur CO2-Einsparung im Verkehrssektor nicht für nötig. Präsident Dirk Messner erklärte: "Wir brauchen natürlich keine Fahrverbote. Solche Verbote werden auch nicht ernsthaft diskutiert und verängstigen die Menschen ohne Grund." Messner brachte stattdessen erneut ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen ins Spiel. Hilfreich wäre auch ein besserer öffentlicher Nahverkehr, damit die Bürgerinnen und Bürger einfach auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen könnten.
Messner sagte, laut Projektionen könne Deutschland seine Klimaschutzziele bis 2030 einhalten, wenn die beschlossenen Maßnahmen konsequent fortgeführt würden - insbesondere der ambitionierte Ausbau der Erneuerbaren Energien. "Der Verkehrssektor verfehlt sein Ziel für 2030 allerdings weiterhin deutlich. Es ist richtig, dass die Bundesregierung sofort handeln und wirksame Maßnahmen umsetzen muss, damit der Verkehrssektor seinen Teil zu den nationalen Klimaschutzbemühungen beiträgt. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass plötzlich Fahrverbote drohen, wenn wir Klimaschutz im Verkehrssektor ernst nehmen."
Das Umweltbundesamt hat bereits vor längerem eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen. Zentrale Stellschraube sei die Elektromobilität, so Messner. Neben einem beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur sei eine Reform der Kfz-Besteuerung nötig. Im ersten Jahr der Zulassung solle ein Zuschlag für Pkw mit hohen CO2-Emissionen fällig werden und so der Kauf besonders klimaschädlicher Pkw verteuert werden. Auch ein Tempolimit könne einen Beitrag leisten. "Ein Tempolimit ist kostengünstig, wirksam für Klimaschutz und Verkehrssicherheit. Kurzfristig wäre die Einführung eines Tempolimits von 120 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Außerortsstraßen möglich. Bis 2030 könnten damit in Summe rund 38 Millionen Tonnen Treibhausgase einsparen – das sind rund 20 Prozent der bestehenden Lücke."
Das Klimaschutzgesetz
Im Klimaschutzgesetz sind die deutschen Klimaziele verbindlich geregelt. Es sieht vor, dass Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden. Für einzelne Sektoren wie Industrie, Energie, Verkehr und Gebäude wurden zulässige Jahresmengen festgelegt. Bisher gilt: Wenn Sektoren Vorgaben verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien mit Sofortprogrammen nachsteuern - um die Einhaltung der Emissionsmengen sicherzustellen. Künftig soll die Regierung als Ganzes entscheiden, in welchem Sektor mit welchen Maßnahmen die zulässige CO2-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll - aber erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt.