Wenn von Inflation die Rede ist, meint man in der Regel eine Geldentwertung von ein paar Prozentpunkten. Von Herbst 1922 an sackte die Währung ins Bodenlose. Von einer derartigen Hyperinflation sind wir meilenweit entfernt. Es gibt heute niemanden mehr, der diese gigantische Geldentwertung der frühen 20er Jahre bewusst erlebt hat. Dennoch ist sie noch immer im kollektiven Gedächtnis der Menschen eingebrannt. Mit der Schwindsucht des Geldes stieg die Not und damit die Kriminalität. „Nichts ist mehr sicher“, schrieb 1922 die Heimatzeitung. „Von überall her werden jetzt Felddiebstähle gemeldet. Die Kartoffeln, die Rüben, das Obst, alles fällt in die Hände der Langfinger.“ In Altershausen wurden wiederholt ganze Getreide-Haufen auf Äckern ausgedroschen und mitgenommen. Im Spätsommer organisierten die Hofheimer Bauern wegen der überhandnehmenden Felddiebstähle einen Selbstschutz. Die Stadt Zeil verhängte zwischen 21 und 4.30 Uhr eine Flursperre für alle Bürger. Im Steigerwald wurde mehrmals zum Trocknen aufgehängte Wäsche gestohlen. Wegen der traurigen Verhältnisse appellierte der Würzburger Bischof, nicht „im Gebet um Gottes Barmherzigkeit nachzulassen“. Weil zu allem auch noch die Ernte bedroht war, fand abwechselnd in den Filialgemeinden Wülflingen, Wonfurt, und Sailershausen im Juni 1923 eine 19-stündige „Ewige Anbetung statt.