So!: Herr Springfield, seit Ihrem größten Hit, "Jessie’s Girl", sind 35 Jahre vergangen. Sie standen damit an der Spitze der Charts, haben dafür einen Grammy erhalten. Ist es seltsam, dieses Lied heute noch zu singen?
Rick Springfield: Überhaupt nicht. Ich habe eine gefühlsmäßige Bindung zu allen Songs, die ich geschrieben habe. Und "Jessie’s Girl" ist sicher einer von denen, die beim Publikum am besten ankommen. Außerdem, wenn man das große Ganze betrachtet: Da sind 35 Jahre doch gar nichts. Ich habe Socken, die älter sind.
So!: Sie sind Musiker, Schauspieler, Schriftsteller. Was davon steht für Sie ganz vorne?
Springfield: Ich würde sagen, "Trunkenbold" müsste auf Platz eins stehen. Denn der ist verantwortlich für den ganzen Rest.
So!: Sie haben 1963 die Beatles live während deren Australien-Tour gesehen. Damals waren sie 14. Wie hat Sie diese Erfahrung verändert?
Springfield: Sie hat mich davon überzeugt, dass Gitarre zu spielen der einzige Weg sein würde, wie ich überhaupt ein Mädchen ins Bett bekommen kann. (lacht) An jenem Tag habe ich die Macht der Musik zum ersten Mal gespürt.
So!: 1972 sind Sie in die Vereinigten Staaten umgezogen. Sie leben jetzt seit fast 45 Jahren dort, sind seit 2006 auch amerikanischer Staatsbürger. Fühlen Sie sich trotzdem manchmal noch wie ein Australier?
Springfield: Ich werde immer ein Aussie bleiben! Aber meine Familie lebt hier in den USA. Ich liebe die Freiheit, die dieses Land einem immer noch erlaubt. Manche sagen, das sei nicht mehr so. Diese ewigen Jammerer! Was man sich hier vornimmt, das kann man auch erreichen.
So!: In Ihrer Anfangszeit wurden Sie als Teenie-Popidol vermarktet. Jetzt, mit 67: Was fühlen Sie, wenn Sie zurückschauen?
Springfield: Ich denke, es war Zeitverschwendung für alle Beteiligten. Obwohl: Meine Frau hatte ein Poster von mir in ihrem Zimmer hängen, als sie gerade elf war. So gesehen war’s also nicht völlig für die
Katz.
Termine in der Region:
31. März: Würzburg, S.Oliver-Arena
1. April: Regensburg, Donau-Arena
12. April: Nürnberg, Frankenhalle
17. April: Bamberg, Brose-Arena
So!: In "Ricki and the Flash" haben Sie 2015 zwei Ihrer Talente gleichzeitig eingesetzt: Sie spielen einen Rock-Gitarristen in einem Hollywood-Film. Hat das Spaß gemacht?
Springfield: Oh ja! Die Zusammenarbeit mit Meryl Streep und Jonathan Demme bei diesem Film war toll. Aber die Schauspielerei hat immer Sonnen- und Schattenseiten. Ein Teil dieses Films zu sein, war atemberaubend. Früh um sechs dafür aufstehen zu müssen, . . . weniger toll.
So!: Wie fühlt man sich, wenn man an der Seite einer Hollywood-Göttin wie Meryl Streep spielt?
Springfield: Ich habe viel gelernt. Vor allem, sich ungezwungen und frei zu fühlen, wenn experimentiert wird. Ich habe gelernt, als Schauspieler selbstsicherer aufzutreten. Diese Bestätigung bekommt man von Meryl Streep, wenn man gut spielt. Sie ist ein wunderbarer Mensch.
So!: Sie musste für den Film lernen, wie man Gitarre spielt. Gibt es da vielleicht ein verborgenes Talent, von dem wir bislang nichts wussten?
Springfield: Es gibt kein verborgenes Talent. Man nennt das Arbeit. Wenn man etwas will, dann muss man sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen. Das ist das ganze Geheimnis. Man muss sich zunächst etwas zutrauen. Und dann die Stunden, Tage, Wochen, Jahre hineinstecken, die es dauert, bis man es kann.
So!: Sie hatten eine erfolgreiche Karriere als Musiker. Was zieht Sie denn an der Schauspielerei immer noch so an?
Springfield: Ich darf dabei ein Mensch sein, der ich nicht bin. Ich tue nur so. Als ich klein war und mit meinem Bruder "Cowboy und Indianer" spielte, war ich immer der Bösewicht. Vielleicht bin ich dadurch auch tatsächlich der geborene Bösewicht geworden. In meinen besten Rollen war ich immer ein übler Knilch.
So!: In Ihrer Autobiografie "Late, Late at Night", die 2010 herauskam, haben Sie sich geoutet und zugegeben, dass Sie seit Ihrer Jugend an schlimmen Depressionen leiden. Hat Sie dieses späte Bekenntnis befreit?
Springfield: Ja, natürlich. Aber trotzdem lautet das Urteil "lebenslänglich". Man kann nicht einfach in ein schickes Reha-Zentrum gehen und dann total geheilt entlassen werden und sich von den Hochglanz-Magazinen feiern lassen, wie toll man ist. Depression ist und bleibt Scheiße.
So!: Ihr Buch und Ihr Schreibstil wurden sehr gelobt. Bereuen Sie eigentlich, dass Sie nicht mehr geschrieben haben?
Springfield: Ich bereue Tausende von Dingen. Ich wünschte, ich hätte fünfzig Leben.
So!: Ihr jüngstes Album heißt "Rocket Science", eine CD voller handwerklich überzeugender Pop- und Rock-Songs. Ist es tatsächlich so schwierig wie Astrophysik, Songs zu schreiben, die die Menschen tief emotional berühren?
Springfield: Ach Quatsch, das ist doch nur ein Witz. Ich vergleiche mich nicht mit einem Raketen-Wissenschaftler oder einem Gehirnchirurgen. Aber: Man braucht ein tiefes Verständnis für sich selbst und für die Menschlichkeit in dieser Welt. Das ist es, was ich stets anstrebe, wenn ich schreibe.
So!: Es ist das am positivsten gestimmte Album, das Sie je geschrieben haben. Haben Sie doch endlich Ihren Kampf gegen die Depressionen gewonnen?
Springfield: Gegen Depressionen kann man nicht gewinnen. Mein nächstes Album wird wieder ganz anders sein. Unsere Gefühlslagen ändern sich jeden Moment. Und die Depression sitzt immer wie ein Affe auf meiner Schulter, der erst sterben wird, wenn ich selbst sterbe.
So!: Ihre Live-Shows sind so energiegeladen wie früher. Wie erhalten Sie die Sache frisch und spannend?
Springfield: Ich liebe einfach, was ich mache. Egal ob es jetzt Schauspielen, Songschreiben, Plattenaufnehmen oder Auf-der-Bühne-Stehen ist. Das ist nun mal der Weg, auf dem ich Kontakt zur Welt aufnehme.
So!: Wie werden Ihre Songs klingen, wenn Sie bei "Rock meets Classic" von einem großen Symphonieorchester begleitet werden?
Springfield: Keine Ahnung. Es ist ein riesiges Experiment für mich.
So!: Sie haben mal gesagt, es gibt drei Dinge, die in Ihrem Leben am wichtigsten sind: Nie aufgeben, nie aufgeben und nie aufgeben. Leben Sie immer noch nach diesem Grundsatz?
Springfield: Aber ja! Absolut! Es gibt nichts, das machtvoller ist als die Beharrlichkeit.