Kronach Die Maschine, die mitdenkt

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In Kronach gibt es zwei Forschungsprojekte in Kooperation zwischen der Hochschule Hof und der Wirtschaft. Dr. Schneider und die Maschinenfabrik Weber entwickeln modernste Geräte. Beim einen geht es nur darum, dass sie funktionieren, beim anderen sollen sie auch noch sexy sein.

 
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Neuses - Eine intelligente Maschine erkennt, in welchem Zustand sie gerade ist: Kurz bevor sie nicht mehr richtig arbeiten kann, erklärt sie ihrem Bediener, dass der erfahrene Kollege Herr Müller bei eben diesem Problem in 90 Prozent der Fälle diese oder jene Lösung parat hatte. Oder, dass es sich gerade nicht lohnt, nach Lösungen zu suchen, sondern dass man sie abschalten, auseinanderlegen und reinigen muss. Zukunftsmusik? Nicht ganz. An so einem Projekt arbeitet die Kronacher Maschinenfabrik Weber gemeinsam mit der Hochschule Hof. Dort ist die neue Forschungsstelle "Man Machine Interface" (Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine) angesiedelt, die im Rahmen der Nordbayerninitiative des Freistaats Bayern für die Region Kronach ins Leben gerufen wurde (siehe Infokasten ).

1,5 Millionen Euro hat die bayerische Staatsregierung der Hochschule Hof dafür bis zum Jahr 2018 zur Verfügung gestellt. Bisher haben sich fünf Unternehmen für ein Forschungsprojekt interessiert. Bei zweien - neben Weber ist auch der Automobilzulieferer Dr. Schneider mit im Boot - haben die Voraussetzungen gestimmt. Das Projekt der Maschinenfabrik Weber ist auf zwei Jahre angelegt, das von Dr. Schneider auf drei Jahre. Insgesamt 850 000 Euro schöpfen die beiden Firmen von den Fördermitteln ab. Für andere Firmen sind also noch 650 000 Euro übrig, die abgerufen werden können. "Wenn die Forschungsstelle so erfolgreich ist, dass das Geld nicht reicht, würden wir weitere Unterstützung der Staatsregierung fordern. Die Verstetigung dieses Programms ist unser Ziel", betonte der Sprecher des Innovationszentrums Kronach (IZK), Hans Rebhan, bei der Vorstellung der beiden Forschungsprojekte am Dienstag in der Kantine von Dr. Schneider.

Zum Hintergrund: Im Zuge der Schieflage von Loewe gab es eine Sitzung des bayerischen Kabinettsausschusses auf der Festung Rosenberg in Kronach im August 2013. Direkt im Anschluss hat das Wissenschaftsministerium laut Hans Rebhan bei der Hochschule Hof angefragt, was sie für die Unternehmen der Region tun könne. "Auf die Schnelle ist die Idee 'Car-Infotainment' entstanden. Es hat sich dann aber bald herausgestellt, dass das eine reduzierte Betrachtung der Problematik ist", erklärte Rebhan. Einerseits, weil man damit Betriebe ausklammere, die sich nicht mit Autos beschäftigen. Andererseits, weil das Thema Digitalisierung die Betriebe der Region in den kommenden fünf bis zehn Jahren gnadenlos überrollen werde, prophezeite er. Deshalb wolle man seitens des IZK die Unternehmer für diese Sichtweise sensibilisieren und zum Umdenken anregen. "Es darf nichts dem Zufall überlassen werden. In größeren Firmen setzt man strategische Denkfabriken ein. Diese Art der Vorgehensweise soll in dem Studiengang 'Zukunftsdesign' vermittelt werden", erklärte Rebhan und machte das an einem Beispiel deutlich: "Es geht nicht um das Armaturenbrett von morgen, sondern um das Auto von übermorgen. Wir müssen immer einen Schritt weiter sein als andere." Dazu gehöre auch die Vernetzung der Betriebe: "Wer sich nicht vernetzt, ist tot."

Dr. Markus Weber von der Maschinenfabrik Weber erläuterte, dass seine Branche eher konservativ sei. Von Neuem müsse man Kunden erst überzeugen. Dennoch seien intelligente Maschinen, wie sie in dem Forschungsprojekt entwickelt werden, immer mehr gefragt. Ausreichend gut ausgebildetes Personal sei Mangelware bei vielen Unternehmen. "Es geht weniger darum, Personen überflüssig zu machen, sondern darum, mit dem vorhandenen Personal die Produktivität zu erhöhen. Die Maschine soll den Bediener unterstützen", erklärte Weber.

Auch bei Dr. Schneider geht es in dem Forschungsprojekt um das Thema "Mensch-Maschine", allerdings sind beide nicht miteinander vergleichbar. Die Firma Weber muss laut Prof. Dr. Valentin Plenk Maschinen bauen, die funktionieren. Egal wie schlau der Bediener ist. Dabei würden Gefühle keine so große Rolle spielen wie in der Automobilindustrie. Da gehe es auch um Ästhetik. Das Forschungsprojekt bei Dr. Schneider beschäftige sich mit einer intelligenten Mittelkonsole. Von der Bedienung her ist es wie ein Smartphone, allerdings nicht flach - das kann laut Bernd Hüttel, Leiter Vorentwicklung bei Dr. Schneider jeder. Hier sei die Dreidimensionalität die Herausforderung. Dreidimensional deshalb, damit man auch im Dunkeln die entsprechenden Knöpfe beispielsweise für die Sitzheizung oder das Gebläse findet. "Haben Sie schon mal nachts versucht, auf dem Smartphone die Ziffer 5 zu finden - ohne Beleuchtung? Fast unmöglich", erklärte Prof. Dr. Valentin Plenk von der Hochschule Hof. Ähnlich sei es beim Autofahren. Da müsse man fühlen, wenn man nicht hinsehen könne.

Dahinter stehe eine große technische Funktionalität. Plenk erklärte das am Beispiel einer elektrischen Zahnbürste. Die müsse damit zurecht kommen, dass sie im Wasser liege, mit Zahnpasta beschmiert oder mit Deo in Berührung komme. Bei der digitalen Mittelkonsole im Auto sei die Bandbreite an Substanzen, gegen die die Bedienelemente immun sein müssen, um ein Vielfaches größer.

Plenk: "Diese Art der Zusammenarbeit zwischen der Hochschule Hof und der Wirtschaft ist ein Bestandteil der Zukunftsstrategie für die Region Oberfranken: Indem Unternehmen durch Forschung gestärkt werden, können sich diese viel besser auf ihre Zukunft einstellen."

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