Coburg Wappnen gegen den Wolf

Schafhalter Dietrich Pax befürchtet, dass in Zukunft seine Schafe auf den Weiden nicht mehr sicher sind. Foto: F. Wunderatsch Quelle: Unbekannt

Während Naturfreunde sich über die Rückkehr des Tieres freuen, sorgt sie bei Weidetierhaltern für Unruhe. Sie fürchten eine Gefahr auch für Haustiere und Kinder.

 
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Coburg - Wenn Dietrich Pax unruhig wird, dann hört der Landwirt auf sein Bauchgefühl und fährt hinaus zu seinen Schafen. Sie weiden teils in kleinen Gruppen verteilt im Coburger Landkreis, wo sie dafür sorgen, dass schwer zugängliche Flächen gepflegt werden. Und meist ist in solchen Fällen tatsächlich etwas passiert, zum Beispiel ein Wildschwein durch den Zaun gebrochen, der nun dringend wieder geflickt werden muss. "Das hat sich bewährt, ich halte seit 30 Jahren Schafe, da wächst man zusammen", erklärt Pax, der eigentlich nur alle zwei Tage nach seinen Tieren schauen muss.

Seit einigen Monaten sorgt jedoch ein ganz anderes Thema bei dem Schafzüchter für Unruhe: Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland. Bei einer Lehrfahrt für Schafhalter im deutschen Wolfsgebiet Lausitz, hat er sich Pax mit anderen Tierhaltern ausgetauscht. Und erfuhr, dass in Gegenden, wo der Wolf wieder heimisch ist, nahezu alle kleinen Betriebe aufgegeben haben. "Ohne Hunde geht es fast nicht mehr", weiß er. Aber gute Hütehunde, die sich auch gegen einen Wolf wehren können, seien teuer. Pax spricht von 2000 Euro pro Hund und Jahr, wenn man Futter, Tierarzt und Anschaffungskosten mit einrechne. Sechs Jahre könne ein Hütehund arbeiten, dann sei er zu alt, um sich im Ernstfall behaupten zu können. "Bei Betrieben mit 1000 oder mehr Schafen ist das kein Problem, doch bei kleinen Herden lohnt sich diese Investition nicht." Etwa 80 Euro bekomme er, je nach Gewicht, für ein erwachsenes Schaf, Altschafe bringen nur die Hälfte.

Die Alternative wären über zwei Meter hohe Zäune, oben drauf elektrisch gesichert und zusätzlich einen halben Meter in den Boden eingegraben. Unvorstellbar gerade für die Flächen, die von kleinen Schafgruppen beweidet werden. "Es geht um den Naturschutz, um die Landschaftspflege", erklärt Pax. Er rechnet damit, dass eine Kombination aus gutem Elektrozaun und einem Hund eine Lösung sein könnte.

Wenn sich ein einzelner Wolf jedoch fortpflanzt, könnte im zweiten Jahr schnell ein ganzes Rudel die Herde angreifen. Dann seien schon mindestens zwei Hütehunde nötig, um den Wölfen die Stirn bieten zu können.

"Die Gesellschaft will den Eindringling haben, haftet aber nicht für seine Schäden", kritisiert Pax. Er ist der Meinung, dass die Entnahme von einzelnen Wölfen möglich sein müsse. Derzeit stehen sie unter besonders strengem Schutz und dürfen nicht bejagt werden. Und das könnte schnell zu großen Problemen führen, befürchtet er. "Wölfe sind hundeartige Tiere, sie werden schnell zahm", schildert er. "Wenn kein Mensch die Wölfe ärgert, dann laufen sie irgendwann durch Beiersdorf und holen sich die nächste Hauskatze, das Kaninchen aus dem Garten und unterscheiden nicht zwischen Kind und Schaf." Ein Wolfsrudel gehe an bis zu 200 Kilogramm schwere Beute. Es habe immer Konflikte zwischen Wölfen und Menschen gegeben, darum sei er früher auch ausgerottet worden. "Wir müssen mit der Jagd auf auffällige Tiere beginnen, ehe sie drei Kinder totgebissen haben."

Pax betont, dass aus Naturschutzgründen die Rückkehr des Wolfes gut sei. "Wir müssen aber rechtzeitig klären, wer die Folgekosten trägt und was wir den Wolf lernen lassen wollen". Und: "Wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs und Lösungen, bevor die Probleme da sind", fordert Pax. Auch, um die Pflege der fränkischen Magerrasen zu sichern, die teilweise durch kleine Schafherden erfolgt.

Uwe Wolf ist bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Coburg für Eingriffe in die Natur und die Abwicklung von Umweltprogrammen zuständig. Er bestätigt die Bedeutung, die die Beweidung durch Schafe für den Naturschutz hat. "Es ist wichtig, dass gerade die kleinen Flächen beweidet werden", so Wolf. Möglich wäre es auch, die Flächen zu mähen. An steilen Stellen aber mit erheblichem Aufwand.

Die Gefahren durch Wölfe schätzt Uwe Wolf hingegen gering ein. So seien die Tiere scheu und würden Menschen meiden. "Ich gehe nicht davon aus, dass er in der nächsten Zeit hier auftreten wird." Sollte es so weit sein, dann werde es auch in Coburg einen Wolfsbeauftragten geben. Als Fond für Entschädigungen, ähnlich wie beim Biber, ist bereits der sogenannte Ausgleichsfonds Große Beutegreifer eingerichtet worden, ein Zusammenschluss unter anderem von der Wildland-Stiftung Bayern und dem Bund Naturschutz. "Wir werden uns rechtzeitig wappnen", verspricht er. So sei im Mai eine Dienstbesprechung bei der Regierung von Oberfranken geplant, in der es explizit um den Wolf und den Umgang mit seiner Rückkehr gehen soll.

Die Rückkehr

In Deutschland leben seit 1996 wieder Wölfe. Derzeit sind 31 Wolfsrudel und 8 Wolfspaare nachgewiesen (Stand: April 2015). Außerhalb des Kernvorkommens in der sächsichen Lausitz leben diese in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Paare und standorttreue Einzeltiere wurden in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, dort auch an der Grenze zu Niedersachsen, nachgewiesen.

Nach Bayern können jederzeit einzelne Wölfe zu- oder durchwandern - sowohl aus dem Nordosten Deutschlands als auch aus dem Alpenbogen. Gerade junge Rüden wandern auf der Suche nach einem eigenen Territorium sehr weite Strecken.

Seit der erneuten Anwesenheit von Wölfen in Deutschland hat es keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe gegeben. In den letzten 50 Jahren sind in Europa neun Fälle von tödlichen Angriffen auf Menschen bekannt geworden, fünf davon durch tollwütige Tiere.

Quelle: Bayerisches

Landesamt für Umwelt.

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