Coburg Dem DVV geht die Luft aus

Von und
Nichts geht mehr: den Bezirksoberligisten drückt ein Berg von Schulden. Nachdem das Finanzamt über 100 000 Euro sehen will, bleibt nur noch der schwere Gang in die Insolvenz. Foto: Henning Rosenbusch

Der Kampf war vergeblich: Wegen einer Forderung des Finanzamtes in Höhe von 118 000 Euro ist der Verein endgültig zahlungsunfähig. 2. Bürgermeister Tessmer bezeichnet das als "herben Schlag für die Sportstadt Coburg".

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Coburg - "Wir mussten die Reißleine ziehen" : Günther Wolf, 1. Vorsitzender des DVV Coburg nimmt kein Blatt vor den Mund. 118 000 Euro habe das Finanzamt Coburg in der vergangenen Woche nachgefordert, 15 000 Euro seien im Zuge der letztjährigen Rückerstattung bereits einbehalten worden. Auf Grund dessen und der gesetzlichen Fristen sei der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unausweichlich gewesen. "Wir haben natürlich alles versucht. Aber das Finanzamt war rigoros. Da war nicht der geringste Kompromiss mehr möglich."

Für Insider ist die Insolvenz logische Konsequenz Jahrzehnte langer Misswirtschaft zweier Traditionsvereine. Die Steuerschuld des DVV bezieht sich auf die Jahre 2001 bis 2008. Im Jahr 2000 hatte sich der von Glücksrittern und Geschäftemachern herunter gewirtschaftete VfB Coburg der DJK Viktoria Coburg angeschlossen. Die beiden Traditionsverein unter einem Dach: Es entstand eine paradoxe Aufbruchseuphorie. "Als würde Minus mal Minus nicht nur in Mathe Plus ergeben", so Wolf.

Nach Informationen der Neuen Presse hat der DVV jahrelang an seine Spieler Aufwandsentschädigungen gezahlt, ohne diese ordnungsgemäß zu versteuern. Dem Vernehmen nach ging es um die Erstattung von Spritkosten, für die Pauschalbeträge gezahlt wurden. Das Finanzamt soll diese als geldwerte Vorteile betrachtet und zur Steuerminderung nicht anerkannt haben.

Wie es nun weiter geht, weiß Wolf nicht. "Wir werden jetzt für Sünden ans Kreuz genagelt, die andere zu verantworten haben." Sicher ist, dass die Stadt Coburg dem DVV weder mit einer Bürgschaft geschweige denn mit einem Darlehen - wie beispielsweise dem TSV Scheuerfeld - beistehen wird. Dazu ist es viel zu spät. "Und ein solches Anliegen wäre moralisch auch nicht vertretbar", so Wolf. Denn die Stadt Coburg hat einen nicht genehmigten Haushalt und könnte eine Unterstützung ausgerechnet des DVV öffentlich kaum vermitteln.

Ungeachtet dessen bezeichnet 2. Bürgermeister Norbert Tessmer, SPD, die Insolvenz des DVV als herben Schlag für die Sportstadt Coburg. Zu Hintergründen wollte sich Tessmer, der selbst von 2003 bis 2004 Präsident des DVV war, nicht äußern. Dazu habe er zu wenig Einblick. Als ehemaliger überzeugter VfB-ler könne er nur sagen, "es ist schade, dass der DVV diesen Weg gehen muss". Aber offensichtlich habe es für die Vereinsführung keine andere Möglichkeit mehr gegeben. Allerdings berge die Insolvenz auch die Chance für einen Neuaufbau. Tessmer: "Ich kann nur hoffen, dass es vielleicht unter neuer Flagge mit dem Verein weiter geht".

Der 2. Bürgermeister sagt dies vor allem mit Blick auf die Jugendarbeit und das jetzt bedrohte Leistungszentrum des deutschen Fußballbundes (DFB) für den Nachwuchs. Das, was der DVV hier leiste, sei vorbildlich. "Wenn das den Bach hinuntergeht, dann wäre das furchtbar für Coburg", sagt Tessmer.

Das Amt des Präsidenten habe er 2004 abgegeben, weil wichtige Entscheidungen innerhalb des Vereins an der Vorstandschaft vorbei getroffen worden seien. In diesem Zusammenhang verweist Tessmer beispielsweise auf die Verpflichtung eines neuen Trainers für die 1. Fußballmannschaft. "Ich wusste als Präsident nichts davon und erfuhr die Nachricht erst von unseren heimischen Medien, als diese mich um eine Stellungnahme baten."

Der Fußball-Abteilungsleiter des DVV, Dieter Beck, betont, dass vorerst keine Mannschaften zurückgezogen werden. Am kommenden Montag haben Beck und Jugendleiter Andreas Truckenbrodt ein Gespräch beim Bayerischen Fußball-Verband in München, wo die Lage mit einem kompetenten BFV-Vertreter erörtert werden soll. Beck: "Wenn der Spielbetrieb finanziell gesichert ist, kann er weiterlaufen."

Prinzip Hoffnung

Der Abteilungsleiter hofft, dass das Insolvenzverfahren bis zum 30. Juni entweder eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wird. Dann könnte die erste Mannschaft, sportlich sowieso abgestiegen, im kommenden Jahr in der Bezirksoberliga spielen. Klappt dies nicht, würde der Verein in der neuen Saison als erster Absteiger gelten. Der DVV veranstaltet am kommenden Mittwoch um 19 Uhr einen Infoabend für alle Herren- und Junioren-Fußballer sowie Mitglieder in seinem Sportheim am Hinteren Floßanger.

Den Kommentar von Michael Hager lesen Sie hier.

Autor

Bilder