Coburg - "Lieber jetzt unromantisch als später arm." Dieser Satz von Helma Sick elektrisierte Renate Schmidt bei einer Podiumsdiskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung in Nürnberg. Und so dauerte es nicht lange, bis die Finanzberaterin und die SPD-Politikerin sich an die Arbeit machten und ein Buch schrieben, das nun bereits in vierter Auflage vorliegt: "Ein Mann ist keine Altersvorsorge" warnen die Autorinnen gleich im Titel ihre Geschlechtsgenossinnen.

Renate Schmidt

Renate Schmidt wurde 1943 in Hanau geboren und lebte bis zu ihrem 14. Lebensjahr in Coburg. Renate Schmidt musste 1961, ein Jahr vor dem Abitur, vorzeitig das Gymnasium in Fürth verlassen, da ihre Schwangerschaft mit 17 Jahren damals noch als Schande für die Schule angesehen wurde. Nach der Heirat und der Geburt des Kindes im gleichen Jahr begann sie beim Versandhaus Quelle eine Ausbildung zur Programmiererin und entwickelte sich zur Systemanalytikerin weiter. Renate Schmidt ist seit 1972 Mitglied der SPD. Von 1991 bis 2000 war Renate Schmidt Landesvorsitzende der SPD in Bayern. Sie war viele Jahre Mitglied des Deutschen Bundestages, als dessen Vizepräsidentin sie von 1990 bis 1994 amtierte. Im Kabinett Schröder war sie von 2002 bis 2005 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 2009 schied Renate Schmidt aus dem Bundestag aus.


Wie wichtig und interessant dieses Thema ist, zeigte sich am Montagabend im "Münchner Hofbräu", als Renate Schmidt vor vollem Saal auf Einladung des SPD Stadt- und Kreisverbandes die wichtigsten Passagen aus ihrem Buch vorstellte. "Dieses Buch muss meine Generation lesen", davon zeigte sich die junge Bundestagskandidatin Doris Aschenbrenner überzeugt, schließlich seien auch heute noch viele Frauen mit dem Modell "Hausfrauenehe" zufrieden.

In den einzelnen Kapiteln gehen die Autorinnen auf unterschiedliche Aspekte des Themas ein, wobei die Altersarmut ein zentrales Thema darstellt. "Wenn die Frauen sich nicht selber kümmern, passiert nichts", davon ist Renate Schmidt überzeugt und macht keinen Hehl aus ihrem Ärger, wie wenig junge Frauen ihre Chancen nutzen. Mehr Frauen als je zuvor machen Abitur, absolvieren erfolgreich ein Studium und enden nach der Familienzeit in Minijobs oder Teilzeitverträgen. Und so richtet die vierfache Großmutter einen flammenden Appell an die jungen Frauen, sich mehr Gedanken über ihre Zukunft zu machen: "Wer heute den Kopf in den Sand steckt, knirscht morgen mit den Zähnen."

Dass die Hausfrauenehe aus Steuermitteln (Ehegatten-Splitting) und von den Sozialversicherungen (Familienversicherung und Witwenrente) finanziert wird, ist für die SPD-Politikerin ein Unding. 50 Milliarden Euro pro Jahr könne man hier einsparen und in eine sinnvolle Familienpolitik stecken. Aber nicht nur die Politik, auch die Wirtschaft sei gefragt: Schließlich gehe es angesichts des allenthalben beklagten Fachkräftemangels um eine enorme Ressourcenverschwendung, wenn Frauen nicht mehr Vollzeit arbeiten.

Doch auch die Betroffenen selber müssten sich bewegen, appelliert Schmidt und fragt: "Wo ist der Schulterschluss mit anderen Frauen?" "Wo sind Frauen mit Transparenten vor dem Bundestag?" Und so wundert es nicht, dass Doris Aschenbrenner in der abschließenden Diskussion daran erinnert, dass die Frauen in Renate Schmidts Generation in ihrem Kampf für Gleichberechtigung und Gleichstellung nicht locker gelassen haben.

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Helma Sick/Renate Schmidt: "Ein Mann ist keine Altersvorsorge." Kösel Verlag, ISBN: 978-3466345946