Coburg Liberaler Politiker, Sammler, Bauherr

Christine Wagner

Historische Gesellschaft und Stadt Coburg würdigen in einem Festakt Herzog Ernst II. Er gilt als Visionär unter den deutschen Bundesfürsten.

 
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Coburg - Er hat Theater gespielt und Opern komponiert. Er ging auf Forschungsreisen in die weite Welt und war ein leidenschaftlicher Jäger. Er war ein Aristokrat mit Mätressen und einem großzügigen Lebensstil und ein Fürst, der für bürgerliche Rechte kämpfte. In einem Festakt würdigten die Stadt Coburg und die Historische Gesellschaft Coburg im Riesensaal von Schloss Ehrenburg Herzog Ernst II., dessen Geburtstag sich heuer zum 200. Mal und dessen Todestag sich zum 125. Mal jährt.

Ernst August Karl Johannes Leopold Alexander Eduard, am 21. Juni 1818 in der Ehrenburg geboren, stand und steht im Schatten seines viel berühmteren Bruders, des Prinzgemahls Albert. Dass es lohnenswert ist, sich mit Ernsts Wirken, der das Herzogtum von 1844 bis zu seinem Tod 1893 regierte, auseinanderzusetzen, machten alle Festredner deutlich.

Eingangs begrüßte Oberbürgermeister Norbert Tessmer zahlreiche Ehrengäste aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Kirche und Kunst und erinnerte daran, dass Ernst II. nicht nur ein leidenschaftlicher liberaler Politiker war, sondern mit ebenso viel Engagement als Sammler und Bauherr wirkte: die Stadt wurde von Gaslaternen illuminiert, unter seiner Herrschaft entstanden die Realschule und das Gymnasium Ernestinum, die Luther- und die Rückertschule.

Ein ganz besonderer Gruß des OB galt Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die sich am Ende der Veranstaltung ins Goldene Buch der Stadt eintrug. In ihrem Grußwort würdigte Stamm die "äußerst liberale Gesinnung des hochgebildeten Herzogs".

Auch an den Coburger Volksentscheid zum Anschluss an den Freistaat Bayern erinnerte die Politikerin, die die Vestestadt als eine "kulturelle Perle ganz im Norden Bayerns" rühmte. Ihr ganz besonderer Dank galt all jenen, die das Jubiläumsjahr mit seinen zahlreichen Veranstaltungen gestalten und organisieren.

Als Visionär unter den deutschen Bundesfürsten bezeichnete Prinz Hubertus von Sachsen-Coburg und Gotha seinen Urururgroßonkel, der sich stets für ein besseres, geeintes Deutschland eingesetzt habe. In seinem Grußwort erinnerte Prinz Hubertus hauptsächlich an das Engagement Ernsts II. für das Schützenwesen: 1861 wurde der Deutsche Schützenbund in Gotha gegründet, heute beherbergt Schloss Callenberg das Museum des Deutschen Schützenverbands, dessen Schirmherr Prinz Andreas ist.

"Biografische Skizzen zu Ernst II." hatte Prof. Dr. Gert Melville vorbereitet. Der Vorsitzende der Historischen Gesellschaft Coburg e.V. beleuchtete das politische Wirken Ernsts II., der ab 1848 in seinem Herzogtum Versammlungs- und Pressefreiheit einführte und mit dem Staatsgrundgesetz von 1852 freie Wahlen zum Landtag garantierte. Er unterstützte Sänger, Turner und Schützen, die sich alle die deutsche Einigung auf die Fahnen geschrieben hatten, machte Coburg zum Zentrum der liberalen Kräfte.

"Es lohnt sich, sich an Ernst II. zu erinnern", betonte Prof. Dr. Jürgen Müller in seinem Festvortrag, in dessen Mittelpunkt die Bemühungen des Herzogs um eine liberale Bundesreform in den 1850er und 1860er Jahren standen. Der Historiker schlug einen weiten Bogen von Ernsts liberaler Regierung ("Die Verfassung des Herzogtums stand in krassem Gegensatz zum Deutschen Bund.") bis zur deutschen Hymne: Einigkeit und Recht und Freiheit waren im Deutschen Reich von 1871 nicht garantiert, die Reichsverfassung beinhaltete keine allgemeinen Grundrechte für die Bürger. Der Historiker der Universität Frankfurt verwies in seinem Referat darauf, dass Ernst II. keinen reaktionären Polizeistaat wollte, sondern vielmehr für eine konstitutionelle, parlamentarisch regierte Monarchie eintrat, wobei er sich durchaus am Vorbild Englands orientierte: "Ernst II. gebührt ein Ehrenplatz im historischen Gedächtnis Deutschlands."

Die stimmungsvolle musikalische Umrahmung des Festaktes oblag Mitgliedern des Landestheater-Ensembles, die Kompositionen von Herzog Ernst II. instrumental und vokal zu Gehör brachten und so eine weitere Facette des Coburger Aristokraten beleuchteten.

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