Coburg Neues Leben für alte Folien

Norbert Klüglein
Ein nicht mehr benötigter Kissenbezug, ein Stapel alter Folien und etwas Fingerfertigkeit: Victoria Steward und Cüneyt Oehme stellen im Steinweg Kissen und Sitzsäcke aus gebrauchtem Material her. Foto: Norbert Klüglein Quelle: Unbekannt

Victoria Steward und Cüneyt Oehme stellen aus Plastikabfällen und Stoffresten Kissen oder Sitzsäcke her. Sie wollen zeigen, dass Altmaterial weiterverwendet werden kann.

 
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Coburg - Einmal benutzt - und schon sind sie Abfall. So geht es mit den meisten Folien, die Waren vor Schmutz schützen sollen, die verhindern, dass Flüssigkeiten auslaufen oder - um Paletten gewickelt - einen ganzen Stapel von Produkten zusammenhalten. Haben sie ihre Aufgabe erfüllt, wandern Folien meist in den Abfall - bestenfalls noch ins Recycling. Das muss nicht sein, meinen Victoria Steward und Cüneyt Oehme.

Die beiden arbeiten in "Jupps Cafe & Shop" im Steinweg 40 - da, wo einst Hut-Escherich zu Hause war. "Da ist uns aufgefallen, dass fast täglich Lieferwagen in Folien verpackte Waren zu den Geschäften in der Nachbarschaft bringen", erzählt Victoria Steward. Das Kunststoffmaterial stehe dann in der Regel ein paar Tage später wieder draußen - wenn die Müllabfuhr kommt. "Das ist nicht nachhaltig, wenn man so mit den Folien umgeht", urteilt die 19-Jährige. Was aber könnte man alternativ mit der Verpackung anfangen, wenn sie ausgedient hat?

Nach einigem Experimentieren kamen Victoria und Cüneyt auf die Idee, das Weichplastik zu benutzen, um Textilien auszupolstern. Auf diese Weise entstehen Kissen, Polster oder Sitzsäcke, die eine Füllung aus Recyclingmaterial haben. "Wenn man mal beim Stopfen den Bogen raus hat, dann geht es ziemlich zügig und die Polster sind auch weich und stabil genug, um den Ansprüchen der Nutzer gerecht zu werden", meint Cüneyt Oehme.

Der 23-Jährige hat gerade einen ganzen Berg von Folien vor sich liegen, die gleich in einem Kissenbezug verschwinden werden. Dabei ist es ganz egal, ob das dünne Kunststoffmaterial schwarz, weiß oder durchsichtig ist. "Hauptsache, es ist Weichplastik", meint Cüneyt. Hartplastikteile könnten unangenehm werden, wenn man sich drauflümmelt. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Teile brechen und scharfkantige Stücke durch die textile Umhüllung spießen könnten. Deshalb benutzen Victoria und Cüneyt nur Folien, die als Verpackungsmaterial übrig bleiben. "Alte Plastiktüten gehen natürlich auch", steuert die 19-Jährige bei. Allerdings: deren Verfügbarkeit nimmt ständig ab, weil sie von vielen Geschäften beim Einkauf nicht mehr angeboten werden und die Verbraucher zusätzlich etwas kosten.

Trotzdem wären sie für Victoria und Cüneyt recht nützlich. Die beiden haben nämlich herausgefunden, dass Sitzsäcke beispielsweise viel stabiler werden, wenn sie in der Mitte ein Polster aus Hanffasern erhalten. "Den Hanf stopfen wir in Plastiktüten, die dann im Kern der Sitzgelegenheiten platziert werden", erläutert Cüneyt Oehme.

Deshalb sind die beiden jungen Leute auf der Suche nach ausgemusterten Plastikbeuteln und bitten die Coburger sie zu unterstützen: "Es wäre schön, wenn die Leute uns unterstützen und kostenlos Material zur Verfügung stellen könnten", appelliert Viktoria. Plastiktüten und nicht mehr benötigte Folien können zu den Geschäftszeiten (Montag bis Samstag 11 bis 19 Uhr) im Laden im Steinweg 40 abgegeben werden. Den einzigen Wunsch, den Viktoria und Cüneyt haben, ist, dass das Material sauber sein sollte und nicht intensiv riecht. Auch Stoffreste, ältere Bettbezüge oder Laken sind willkommen, die von den beiden dann umgearbeitet werden. "So können wir die Nutzungsdauer der Materialien verlängern und im Sinne der Nachhaltigkeit dazu beitragen, dass nicht so viel neues Material hergestellt werden muss", erklärt Victoria Steward. Außerdem wollen beide zeigen, dass Plastik nicht nur Müll ist, sondern so wieder aufgearbeitet werden kann, dass es als Rohstoff anzusehen ist.

Vom Erlös, den beide aus dem Verkauf ihrer Kissen uns Sitzsäcke erzielen, wollen die 19-Jährige und der 23-Jährige übrigens das Projekt "Project Wings" unterstützen. Die Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, die Abholzung von Regenwäldern in Indonesien zu verhindern. Ferner sammeln Helfer vor Ort Plastikmüll, um ihn wiederzuverwenden. So dienen beispielsweise leere Kunststoffflaschen, die mit Folien ausgestopft werden dazu, robuste Häuser für Menschen zu errichten, die sich herkömmliche Baumaterialien nicht leisten können. Alle, die das Projekt unterstützen wollen oder an dem besonderen Recycling interessiert sind, das Victoria Steward und Cüneyt Oehme betreiben, sind eingeladen, sich in dem Geschäft im Steinweg zu informieren.

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