Kronach Von der Krise zur Chance

Heike Schülein
Lars Hofmann (Zweiter von links) und Andy Fischer moderierten den Vor-Ort-Workshop, während Ulrike Mahr die Ergebnisse als Graphic Recording auf der Moderationswand festhielt. Foto: Heike Schülein Quelle: Unbekannt

Corona hat das Leben verändert. Das Projekt "WirPunktNullJetzt!" will daraus Lehren ziehen und Dinge zum Guten verändern. In Workshops sammelt man Ideen dazu.

 
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Kronach - Neue Arbeits(zeiten)modelle für eine bessere Balance zwischen Berufs- und Privatleben, Regionalisierung statt Globalisierung, ein verstärkter Klima- und Umweltschutz, eine Umkehr unseres Immer mehr-Wirtschaftsystems zur Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung, die Förderung öffentlicher Verkehrsmittel, der Verzicht auf Statussymbole: Sehr unterschiedliche - auf großen Plakatwänden festgehaltene - Zukunftsvisionen standen am Ende der Ideen- und Kreativ-Werkstatt am Dienstagabend zu Buche. Zwei Stunden lang hatte sich im Kronacher Schützenhaus eine bunt gemischte Teilnehmerschar über ihre Erfahrungen mit der Corona-Krise ausgetauscht und - darauf aufbauend - Ideen für die Zukunft entwickelt.

Termine

Weitere Termine sind: Werkstätten digital: 9. und 15. Oktober, jeweils von 18.30 Uhr bis 20.30 Uhr; maximale Teilnehmer-Anzahl: 20 Personen. Werkstätten vor Ort: 30. September, Steinbach/Wald, Freizeit- und Tourismuszentrum, maximale Teilnehmerzahl: 50 Personen; jeweils von 18.30 Uhr bis 20.30 Uhr. Bei allen Workshops sind noch Plätze frei. Eine Anmeldung ist erforderlich beim Büro BDKJ Kronach, Johann-Nikolaus-Zitter-Straße 33, Kronach, Telefon 09261/3546, E-Mail: info@wirpunktnull.jetzt , Internet: www.wirpunktnull.jetzt .


"Wie wollen wir in Zukunft leben": Diese Frage steht hinter des unter Trägerschaft des BDKJ-Regionalverbands Kronach-Teuschnitz stehenden Projekts "WirPunktNullJetzt!", gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben". Die Projektidee hatten Ulrike Mahr und Lars Hofmann. Entstanden sei die Idee, so Hofmann, durch die enormen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf unser aller Leben - mit drastischen politischen Entscheidungen, die noch sechs Monate vorher völlig undenkbar gewesen wären. "Der Ethik-Rat der Bundesregierung hat erklärt, die Entscheidungen mitzutragen. Gleichzeitig hätte er sich aber auch gewünscht, dass die Sichtweise und Bedürfnisse der Bevölkerung mehr mit einbezogen worden wären", verdeutlichte der Mediator, diesen Gedanken im Projekt aufgreifen zu wollen. Um möglichst vielen Menschen eine Teilnahme zu ermöglichen, habe man die Ideen- und Kreativ-Werkstatt entwickelt - mit insgesamt sechs Gesprächsrunden, vier online sowie zwei vor Ort in Kronach bzw. Steinbach am Wald. Graphisch festgehalten werden die Ergebnisse von Ulrike Mahr, von der auch der Projekt-Slogan stammt. "Wir" steht für die Gemeinsamkeit aller Menschen; "Jetzt" für den akuten Handlungsbedarf; "PunktNull" spielt auf das Schlagwort "4.0" an. Während der Begriff "Industrie 4.0" ein stetig steigendes Wachstum propagiert, stellt "PunktNull" den Mensch in den Vordergrund. Zugleich drückt "PunktNull" auch aus, durch die Krise bei einem Nullpunkt angekommen zu sein. "Es geht nicht um Kritik gegenüber der Politik oder an den Corona-Maßgaben, sondern um einen konstruktiven Umgang mit der Krise und daraus abgeleitete positive Veränderungen", betonte Lars Hofmann, der mit BDKJ-Bildungsreferent Andy Fischer die Workshops moderiert. Von entscheidender Wichtigkeit sei dabei, so Fischer, das gemeinsam Erarbeitete nicht irgendwo in einer Schublade zu vergraben. Daher habe man als erste Projektphase Vorgespräche mit dem Landrat und den Fraktionsvorsitzenden aller politischen Träger geführt, ob Interesse an den Ergebnissen bestehe. Hier habe man ehrliches Interesse verspürt. Daher könnten sich alle Teilnehmer sicher sein, dass sie auch gehört würden.

Beim "Check in" wurden diese nach ihrer Motivation und Erwartungen an den Abend gefragt. Überwiegend wurde hier Neugierde, über den Tellerrand schauen und netzwerkeln genannt - aber auch die "dezente" Hoffnung nach politisch umsetzbaren, konkreten Ergebnissen.

In zwei Runden sollten die Teilnehmer auf einer Skala von eins bis zehn "bewerten", wie stark sie die Krise belaste bzw. wie viel Neues und Wertvolles sie dabei erlebten. Die Ergebnisse fielen sehr unterschiedlich aus. Während einige die Entschleunigung und den Wegfall gesellschaftlicher Verpflichtungen sogar als befreiend erachteten und sich über mehr Zeit mit der Familie freuten, empfand Elena Pietrafesa vor allem das "Homeschooling" als große Belastung. "Ich kann zu Hause nicht richtig lernen. Ich brauche Lehrer und Mitschüler", räumte sie ein. Andererseits habe sie die Natur in dieser Zeit wieder mehr zu schätzen gelernt. Sebastian Görtler bedauerte als selbst Betroffener die negativen Auswirkungen für Selbstständige. Laut Stefan Wicklein habe die ehrenamtliche Vereinsarbeit enorm gelitten. Gleichzeitig habe er aber auch gemerkt, dass nicht unbedingt jede Besprechung vor Ort notwendig sei und man manches auch auf anderen Wegen erledigen könne. Allen fehlten die sozialen Kontakte - beruflich wie privat. Überraschend für manche war auch die Durchschlagskraft der Politik, was sie sich auch für andere Bereiche - gerade auch im Umweltschutz - wünschten.

Die Ressourcen-Schonung war dann auch ein immer wieder angesprochener Wunsch für die Zukunft. Angeregt wurde beispielsweise eine Kerosin-Besteuerung, eine angemessene CO2-Steuer und eine Transaktionssteuer, das Vorantreiben erneuerbarer Energien, der Verzicht auf Inland-Flüge sowie Regionalisierung statt Globalisierung mit einer Förderung der heimischen Wirtschaft und insbesondere solcher Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften und haushalten. Letztlich gehe es doch nur um die eine, alles entscheidende Frage, so Peter Witton, was im Leben wirklich wichtig sei.

Als Projektphase 3 werden die Ergebnisse zusammengefasst. Dies ist die Vorlage für einen siebten Workshop. Dabei werden Vertreter aus allen Werkstätten erarbeiten, was mit den Ideen passieren soll, was an wen kommuniziert wird und was mögliche erste Schritte sind. Das Gesamtprojekt wird in einer Dokumentation zusammengefasst und in einem Abschluss-Treffen am 20. November den politisch Verantwortlichen im Landkreis präsentiert.

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