Mitwitz Einheitslinde wächst und gedeiht

Friedrich Bürger

Vor 30 Jahren feierte die Grund- und Hauptschule Mitwitz mit der Oberschule Mupperg ein Fest. Am Ende wurde ein Baum gepflanzt, der noch heute an die Zeit der Grenzöffnung erinnert.

 
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Mitwitz - Am 2. Oktober 1990 gestalteten die Grund- und Hauptschule Mitwitz und die Polytechnische Oberschule Mupperg (Kreis Sonneberg, DDR) eine gemeinsame Veranstaltung zum Tag der deutschen Einheit. "Lasst uns miteinander singen, beten, loben den Herrn", unter diesem Motto stand die Feier der beiden Volksschulen, die in der Schulturnhalle stattfand.

Schulverbandsvorsitzender Bürgermeister Hans-Peter Laschka aus Mitwitz erinnerte damals in seinen Eröffnungsworten, dass der 3. Oktober für alle ein Grund zur Freude sei, zu Stolz und Dankbarkeit. "Dankbar für all die, die nie aufgehört haben, sich für die Einheit einzusetzen. Stolz auf die Menschen in der DDR, die sich die ihnen zustehende Freiheit erkämpft haben." Freiheit, das sei auch die Freiheit zu reisen, wohin man wolle. Gerade im Steinachtal seien Metallgitterzäune und Minenfelder im Weg gewesen, die bis vor einem Jahr verhindert hatten, dass die Mitwitzer ins nahe gelegene Mupperg und die Mupperger ins doch so ferne Mitwitz gelangen konnten. Nun sei Gott sei Dank alles anders. "Allerdings müssen wir als vereintes Volk noch viele Mauern und Vorurteile abreißen", stellte evangelischer Pfarrer Heinz Müller fest. Der Mitwitzer Schulleiter Günter Heidenbluth begrüßte in bewegenden Worten seinen Mupperger Kollegen Direktor Walter Friedrich und dessen Schüler.

Ein umfangreiches Programm hatten die beiden Schulen zusammengestellt. Gerade die beiden Chöre unter der Leitung von Lehrer Theo Hemmer (Mitwitz) mit "Swing low, sweet Chariot" und "We shall overcome" sowie Lehrerin Gerlinde Friedrich (Mupperg) mit thüringischen Weisen wie dem Rennsteiglied begeisterten. Mit Trompete und Tenorhorn zeigten zwei junge Musiker aus Mupperg ihr musikalisches Können. Tänzerische Einlagen folgten. Die gelungene Veranstaltung in der Turnhalle endete mit dem gemeinsamen Singen der Deutschen Nationalhymne. Doch damit endete dieser außergewöhnliche Schultag noch lange nicht: Vor dem Schulgebäude unweit des Schulbrunnens wurde eine Linde, die sogenannte Einheitslinde, gepflanzt. Das besondere dabei war, dass dies mit Erde aus allen Mitwitzer und Mupperger Ortsteilen geschah.

Obwohl aufgrund schulorganisatorischer Änderungen in Mupperg und Mitwitz der damals angebahnte Kontakt nicht weiter verfolgt und ausgebaut werden konnte und es lediglich zu zwei weiteren Schulbesuchen kam, riss die schulische Verbindung von Mitwitz und Mupperg nie ganz ab, im Gegenteil, allerdings auf einer ganz anderen Ebene: So erschien vor etwa zehn Jahren der zwischenzeitlich pensionierte Mupperger Schulleiter a.D. Walter Friedrich in der Mitwitzer Grundschule und bat die Grundschulklasse von Rektor Friedrich Bürger um Mithilfe. Er erstelle gerade das Buch "Sagen des Sonneberger Unterlandes" und würde sich über eine Beteiligung der Mitwitzer Schüler freuen. Da Mitwitz mit den Sagen "Wolf die Mad", "Der Mitwitzer Heuwagen", "Die Schladzla auf der Gubel" und "Der wilde Mann" einiges zu bieten hatte, machten sich die Mitwitzer mit ans Werk, malten und gestalteten die Geschichten und bereicherten das Heimatbuch.

Dass Mitwitz ja eigentlich nicht zum Sonnerberger Unterland gehöre, so der Initiator schmunzelnd, hat dem gemeinsamen thüringisch-fränkischen Vorhaben keinen Abbruch getan. So landete sogar das ausdrucksstarke Bild "Der wilde Mann" eines Mitwitzer Schülers auf der Titelseite des gelungenen Sagenbuches.

Weitere gemeinsame Projekte der beiden heimatgeschichtlich interessierten Lehrkräfte erfolgten in den vergangenen Jahren auf privater Natur. So erfuhr das neueste Werk von Walter Friedrich "Die Geschichte der Mupperger Häuser" durch Friedrich Bürger gestalterische und technische Unterstützung. Auf der anderen Seite konnte der Mupperger dem Mitwitzer bei dessen Büchern "Oerlsdorf in Bildern" und "Lindenberg in Bildern" hilfreiche Hinweise geben. Gelebte Einheit ist für die beiden Steinachtaler also kein leeres Wort.

Durch einen Zufall fanden sich die beiden ehemaligen Pädagogen auf einem Bild wieder, das bei der Pflanzaktion der Einheits-Linde vor 30 Jahren am 2. Oktober 1990 aufgenommen wurde. Anlass genug, um bei dem eher unbeachteten "Naturdenkmal" vorbeizuschauen und festzustellen: Linde und Einheit haben sich trotz mancher Widrigkeiten prächtig entwickelt.

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