Theisenort Den Schreck im Nacken, die Wut im Bauch

Maria Löffler
Was wäre, wenn dieser Lastwagenfahrer die Kontrolle verliert und in die Menge vor dem Sportheim kracht? Dieses Szenario macht in Theisenort ganz vielen Menschen Angst. Foto: Maria Löffler Quelle: Unbekannt

Seit fast 20 Jahren geht es nicht so recht voran in Sachen Lerchenhoftrasse. Nach dem Unfall am TSF-Heim trafen sich nun erneut Befürworter und Gegner. Doch auch hier blieb alles beim Alten.

 
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Theisenort - Bremsen quietschen und alle halten gespannt den Atem an. Kracht es oder kracht es nicht an der Einmündung von der Staatsstraße 2200 nach Theisenort? Ein Autofahrer hatte nicht aufgepasst und den Blinker seines Vordermannes schlicht übersehen. "Das ist normal," meint Thomas Friedlein vom TSF und zuckt ratlos mit den Schultern. An diesem Tag ist alles gut gegangen, doch in Theisenort sitzt vielen noch der Schreck im Nacken. Als letzte Woche ein Sattelzug das Kassenhäuschen und den Anbau fast abrasierte und den Gedenkstein ummähte, brachte dies das Fass zum Überlaufen. Jetzt soll endlich Schluss sein mit dem Geziehe um die Lerchenhoftrasse. "Wir feiern jetzt bald schon 20-jähriges Planungsjubiläum. Vielleicht schaffen wir es ja vorher", meint Wolfgang Franz, Sprecher der Bürgerinitiative, nicht ohne Sarkasmus.

Denn wie erklärt man das den Eltern, deren Kinder diese gefährliche Straße mehrmals die Woche überqueren müssen? Oder den älteren Menschen, die nicht mehr so schnell laufen können? Den Schwarzen Peter schieben nicht nur die Bürgerinititativler dem Bund Naturschutz zu. Vor allem die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2016 habe der "never ending story" noch einmal so richtig Auftrieb verschafft. Derzeit blicken alle Beteiligten Richtung Regierung von Oberfranken, denn von da soll er kommen, der Plan-Ergänzungsbeschluss, der für den Herbst 2020 angekündigt wurde. "Den haben wir ja jetzt," meint Wolfgang Franz trocken, "also den Herbst."

Am Tisch sitzen nicht nur Gemeinderäte und der TSF-Vorstand, sondern auch Bürgermeister Bernd Rebhan. Und der beklagt: "Wir haben null Planungssicherheit, denn die Veränderungssperre der betroffenen Landschaftsgebiete bindet uns die Hände. Das ist mehr als unbefriedigend. Es gibt einfach keine Klarheit. Fast täglich kommen Anfragen für das Gewerbegebiet in Schmölz, aber wir müssen alle vertrösten."

Eine äußerst problematische Situation schuf der jüngste Unfall vor allem für den TSF, der in diesem Jahr eh schon zu kämpfen hat. Der Verein sitzt nämlich erst einmal auf etwa den 40 000 Euro Renovierungskosten. Ralf Mäusbacher: "Wir müssen abwarten, denn es handelt sich ja um einen polnischen Versicherer. Das kann sich bis zu einem Jahr hinziehen, bis der Schaden reguliert wurde. So lange können wir aber mit der Instandsetzung nicht warten. Also müssen wir in Vorkasse gehen." Glücklich sieht er dabei nicht aus. Und während dessen rauschen ein Lkw und ein Pkw nach dem anderen über die Straße. Der Lärm ist ohrenbetäubend. "Es muss immer erst etwas passieren, damit reagiert wird," so der Tenor. Nun, dieses Mal sei Gott sei Dank nur Sachschaden entstanden, aber wäre regulärer Spielbetrieb gewesen, hätte es ganz leicht Tote oder zumindest Schwerverletzte gegeben.

Dass an dieser schmalen Straße, die über zahlreiche Einmündungen verfügt, jetzt endlich etwas passieren muss, ist klar. Doch welche Variante es geben wird, hänge von der Regierung ab. Wolfgang Franz meint: "Die Lerchenhoftrasse ist die beste Lösung für alle!" Die Anzahl der Fahrzeuge, die derzeit über diese Strecke rauschen, bezifferte er auf etwa 11.000. Damit ergäbe sich für Theisenort und Johannisthal eine deutlich gestiegene Lärmbelästigung und ein überproportionaler Anstieg des Gefahrenpotenzials.

Und so soll sie aussehen, die Lerchenhoftrasse, von der man sich endlich eine für alle tragbare Lösung verspricht: "Mit der Lerchenhoftrasse erfolgt der vierspurige Ausbau der B173 bis zur Einschleifung von Küps in weiter Entfernung an Johannisthal vorbei. Der neu zu errichtende Lärmschutzwall aus bepflanzter Erde schützt die Bewohner vor der Lärmemission der Bundesstraße und bietet erstmals einen Lärmschutz für Johannisthal. Bei der Ausplanung der B173 wurde auch die Hochwasserthematik berücksichtigt. Dem Landschaftsverbrauch der neuen Trasse steht der Schutz aller betroffenen Bürger gegenüber. Da die vorhandenen Biotope im Bereich der Rosenau erhalten bleiben, reduziert sich der Landschaftsverbrauch auf die landwirtschaftlichen Flächen. Mit den Eigentümern dieser Flächen wird die Straßenbauverwaltung eine einvernehmliche Lösung anstreben. Bürgerschutz muss Vorrang haben!"

Für die "Gegenseite" äußerte sich Elisabeth Hofmann vom Bund Naturschutz. Sie meint: "Die Planung sowohl für die Trasse als auch für den vierspurigen Neubau der Straße ist total überzogen und überhaupt nicht nötig. Das zeigt auch das Verkehrsaufkommen. Die Planungen sollten zurückgeschraubt werden. Man kann die Alttrasse der B173 um eine dritte Spur ergänzen, das reicht allemal, um einen Lkw zu überholen. Wir reden nämlich hier von einer nicht verschnittenen Landschaft, die man nur ganz sanft ausbauen sollte. Was ich gar nicht verstehen kann: Wieso haben die Theisenorter Bürger nicht schon lange geklagt, um einen Lärmschutz zu erhalten?" Diese Frage bleibt erst einmal unbeantwortet und Elisabeth Hofmann ergänzt den "sanften Ausbau:" Ein Kreisverkehr an der Einmündung nach Johannisthal und Richtung Theisenort sei sowieso als Auffahrmöglichkeit geplant. Sie bleibt dabei, dass ein "zu hoher Landverbrauch und ein nicht so hohes Verkehrsaufkommen den Bau der Lerchenhoftrasse auf keinen Fall rechtfertigen. "Die Straße bliebe ja sowieso erhalten und deshalb werde es da auch immer Mautflüchtlinge geben. Um diese Situation zu ändern, müsste man die Lkw schon vorher weitläufig umlenken auf die B173." Den Menschen sei gar nicht klar, erzählt sie, wie ein solcher Bau die Landschaft wirklich nachhaltig verändere. "Sie wird komplett umgewandelt, es wird riesige Brücken geben, Einschleifungskurven und Flussschleifen müssen verlegt werden. Das sind einschneidende Maßnahmen und wir vom Bund Naturschutz sind die Anwälte der Natur. Es gibt andere Maßnahmen, um den Verkehr zu beruhigen und ihn weitläufiger umzulenken. Und Unfälle werden auch auf vierspurigen Fahrbahnen passieren, das kann man gar nicht verhindern."

Bei der vergleichenden Betrachtung der Varianten Ausbau St 2200 zur Lerchenhoftrasse, die vom Straßenbauamt Kronach erstellt wurde, gewinnt eindeutig die Lerchenhoftrasse und das in fast allen der zehn Punkte, die man zum Vergleich herangezogen hat. Es wird unter anderem eine bedarfsgerechte und sichere Regellösung attestiert, die vor allem wirtschaftlich sei. Außerdem gäbe es eine nachhaltige Entlastung im unmittelbaren Umfeld von Wohnbaugebieten, eine Verbesserung der Wohnqualität und auch ein Zusammenwachsen der Gemeindeteile sei möglich.

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