Kronach Ihr seid nicht allein!

Heike Schülein
Mit einer Plakat- und Lichter-Aktion setzte am Mittwoch die Frauenliste Stadt und Landkreis Kronach auf dem Marienplatz ein eindringliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Foto: Heike Schülein Quelle: Unbekannt

Zum weltweiten Aktionstag Gewalt gegen Frauen zeigt auch die Kronacher Frauenliste Flagge. Und fordert endlich eine Lösung für Hilfesuchende.

 
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Kronach - "Sag stopp!", "Schluss mit Schweigen!", "Auch Demütigung ist Gewalt", "Gewalt gegen Frauen geht uns alle an!", "Gewalt an Frauen hat viele Gesichter!", "Die Würde des Menschen ist unantastbar!" - Mit diesen und weiteren auf großen Plakaten niedergeschriebenen Appellen sowie auf dem Marienplatz aufgestellten Lichtern bekundete am Mittwoch die Frauenliste Stadt und Landkreis Kronach ihre Solidarität mit von Gewalt betroffenen Frauen. Mit ihrer Hingucker-Aktion beteiligten sich die Politikerinnen am "Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen", der auch in Kronach mit verschiedenen Initiativen begangen wurde.

Hier gibt es Hilfe

Das Frauenhaus in Coburg für die Landkreise Coburg, Kronach, Lichtenfels bietet Schutz und Unterkunft für Frauen und Kinder, die von körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt betroffen sind. Das Frauenhaus ist unter Telefon 09561/861796 rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, erreichbar.

Die Beratungsstelle Frauennotruf Coburg ist mit ihren Unterstützungsangeboten täglich telefonisch zwischen 10 und 14 Uhr unter Telefon 09561/90155 sowie per Mail info@frauennotruf-coburg.de zu erreichen.

Das bundesweite Hilfetelefon - Beratung und Hilfe für Frauen unterstützt Betroffene unter Telefon 08000/116 016 und via Online-Beratung. Frauen aller Nationalitäten, mit und ohne Behinderung, erhalten hier Hilfe rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Auch Angehörige, Freunde und Fachkräfte werden anonym und kostenfrei beraten. hs


"Bei häuslicher Gewalt geht es um Menschenleben!", verdeutlichte Petra Zenkel-Schirmer, die zusammen mit Cornelie Vormbrock für die Aktion in Kronach hauptverantwortlich zeichnete. Immer noch gebe es - so die Kreisrätin - Gewalt gegen Frauen und Kinder in unserer Gesellschaft, oft unbemerkt im Verborgenen, oder sie werde bagatellisiert oder ignoriert. Um hierauf aufmerksam zu machen, habe man gerne einen Beitrag zur Mitmach-Aktion des Frauennotrufs Coburg und des Frauenhauses für die Landkreise Coburg, Lichtenfels und Kronach geleistet. Diese hatten um Mitwirkung am Aktions- und Gedenktag gebeten, indem Teilnehmerinnen und Teilnehmer Appelle, Botschaften oder Aufrufe zum Thema auf Plakate niederschreiben, sich damit fotografieren und in den sozialen Medien veröffentlichen lassen sollten. Um noch mehr Aufmerksamkeit für die Thematik zu erreichen und als sichtbares Zeichen, keine Gewalt zu tolerieren, habe man sich zusätzlich zu dieser Aktion auf dem Marienplatz entschieden. "Der Zweck ist vielfältig", betonte Zenkel-Schirmer. Man wolle die Bevölkerung wachrütteln. Zugleich Solidarität mit allen betroffenen Frauen bekunden und verdeutlichen, dass diese nichts verkehrt gemacht hätten. Ihnen wolle man aufzeigen, dass sie nicht alleine sind und dass es viele Hilfsangebote gibt. Dies gelte gerade in der aktuellen Situation, in der Corona die Gewalt erwiesenermaßen noch mehr eskalieren lässt.

Viele nicht Betroffene hätten, so die Kreisrätin, keine Vorstellung davon, wie es gerade in der jetzigen Zeit vermehrt und oft unbemerkt zu Gewaltsituationen kommen kann. Der Frauennotruf und das Frauenhaus Coburg rechnen hier mit einem starken Anstieg. "Leider platzt das Frauenhaus aus allen Nähten. Es ist gut, dass wir es haben. Aber es ist viel zu klein und in die Jahre gekommen", bedauert Zenkel-Schirmer, dass die Hilfestelle eine Reihe an Hilfe suchenden Frauen und Kinder nicht mehr aufnehmen konnte und abweisen musste. Es sei ein Unding, Betroffene zu animieren, Hilfsangebote anzunehmen und diese dann durch Oberfranken zu scheuchen, um einen freien Platz zu ergattern. Dies gelte umso mehr, wenn Kinder mit im Spiel sind. Die Familie und oft die Kinder seien es auch, die Frauen davon abhielten, Hilfe zu suchen. "Politisch gibt es hier viel zu tun. Wir fordern eine schnelle und unbürokratische Lösung und keine bloßen Lippenbekenntnisse", verdeutlichte die Politikerin, dass die Situation des Coburger Frauenhauses nicht länger hinnehmbar sei.

Dass die eindringliche Aufschrift auf ihrem Plakat "Bei häuslicher Gewalt geht es um Menschenleben!" bittere Realität sei, verdeutlichten die Zahlen. 2018 wurden laut BKA-Statistik insgesamt 140 755 Personen Opfer von Gewalt, davon 114 393 Frauen, das sind 81,3 Prozent. Statistisch gesehen wird nahezu jeden Tag in Deutschland eine Frau das Opfer von (versuchtem) Mord und Totschlag durch ihren Partner.

"Wer selbst einmal Gewalt erlebt hat, führt das selber später oft weiter - das geht über Generationen", appellierte Cornelie Vormbrock, diese Gewaltspirale zu unterbrechen. Gewalt habe dabei viele Erscheinungsformen - körperlicher, aber auch psychischer Art wie beispielsweise eine frauenfeindliche Sprache, die besonders in den sozialen Medien derzeit immer mehr zunehme.

Außerdem initiierte die Frauenliste an dem Tag auch eine Lichter- (Kerzen) Aktion. Dabei war die Bevölkerung aufgerufen, als Zeichen ihrer Solidarität mit den betroffenen Frauen, eine Kerze oder ein Licht am Mittwoch sichtbar in die Fenster zu stellen.

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