Eigener Inhalt Stehend im Wind

Wolfgang Plank
 Foto: AdobeStock

Nie auf ein Surfbrett getraut? Dann sollten Sie das im Urlaub am Meer mal probieren. Kennt einen dort ja keiner ...

 
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Hach ja, Urlaub. Sonne, Strand, Meer. Herrlich! Aber spätestens am dritten Tag wird’s dann auch mal langweilig. Immer nur baden, eincremen - und Schirme. Überm Liegestuhl oder im Cocktail. Auch die Lektüre ist früher als erwartet durch. Höchste Zeit also, mal was Spannendes zu machen. Dummerweise geht Motorboot fahren nur mit Führerschein, und Segeln ist auf die Schnelle zu kompliziert. Aber so ein bisschen schick über die glitzernden Wellen gleiten – das hätte schon was.

Na gut, dann zeigen wir mal Mut. Was zugegeben nicht so ganz schwer ist, weil einen fern der Heimat sowieso keiner kennt und sich der Spott also in Grenzen hält. Denn selbstverständlich stellen wir uns einigermaßen dödelig an – beim ersten und auch beim zweiten Versuch auf dem Surfbrett. Aber hallo! Ist ja auch unser erster Schultag seit Langem. Und wie soll man ahnen, dass aufrecht stehen derart kompliziert sein kann. Jedenfalls dann, wenn unter einem alles schaukelt.

Dabei sieht das so leicht aus, wenn die Könner der Zunft vorm Wind brettern, dass es seine Art hat. Aber geschenkt wird einem als Anfänger halt nix. Vor den ersten Erfolgen lauern diverse Wasserungen. Doch bald kommt sogar echter Spaß auf. Vor allem aber können wir daheim auf die Und-wie-war’s?-Frage der Nachbarn gelassen antworten: Surfen waren wir selbstverständlich auch.

Anfang der 1970er-Jahre surfte der Trend aus Amerika herüber. Damals noch als eher belächeltes Stehsegeln. Tempo bekam die Nummer, als ein gewisser Robby Naish aus Hawaii die Bretter kürzte und seine Füße in Schlaufen steckte. Er musste es wissen: Er war mit 13 Jahren zu seinem ersten WM-Titel gesprungen. Es sollten am Ende 24 werden. Bald darauf gab’s den ersten World Cup, 1984 wurde Surfen olympisch.

Hach ja, Medaillen … Unsereins wäre schon froh, wenn das verdammte Ding nicht so kippeln würde. Dabei sind Bretter für Anfänger sowieso schon übermäßig lang und breit und sorgen mit ihrem Schwert dafür, dass man nicht dauernd in die falsche Richtung treibt. Erinnert irgendwie an Stützräder, aber wenigstens bekommt man damit die Chance, sich ein bisschen mit Gabelbaum und Segel beschäftigen zu können, bevor man das nächste Mal im Wasser liegt.

Im Grunde helfen nur Langmut und Beharrlichkeit. Nicht ohne Grund liegen Surflehrer auf der nach oben offenen Geduldsskala nur ganz knapp hinter Zen-Mönchen. Denn mit ein bisschen Gleichgewicht halten und Fahren vor dem Wind ist es ja nicht getan. Irgendwann vor dem Horizont muss man ja auch mal Tempo und Richtung ändern …

Hat man das mit dem Obenbleiben und den ersten Wendemanövern halbwegs auf der Reihe, kann man das Schwert wegstecken und sich an ein Board mit weniger Auftrieb und nur einer kleinen Finne am Heck wagen. So ein Brett dreht schön und schnell, bloß dummerweise auch dann, wenn man selbst gerade gar nicht drehen möchte. Doch mit ein wenig Übung klappt auch das. Ein bisschen Gefühl für Wind und Wellen braucht man eben auch.

Wer es nicht bis nach Hawaii schafft, für den ist der Gardasee das Surfer-Paradies. Schon weil der Wind dort ziemlich zuverlässig weht. Zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens setzt dort im Sommer Pelér ein, der starke Nordwind. Wer da auf dem Brett sein will, sollte zeitig aus den Federn. Er bläst meist bis gegen Mittag, wenn er als Pelerot etwas heftiger ist als seine üblichen 4 bis 5 Windstärken auch mal länger. Für Ungeübte empfiehlt sich erst einmal Ora, der Südwind. Ein paar Ziele braucht man ja noch …

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