Enorme Herausforderungen
Heute ist das etwas anders. Abgesehen von den großen Metropolen ziehen die Maikundgebungen eine eher überschaubare Zahl an Zuhörern an. „Wenngleich es gerade jetzt enorme Herausforderungen gibt, die genauso auf die Gewerkschaften wie auf die gesamte Bevölkerung zukommen“, sagt Mathias Eckardt, DGB-Regionsgeschäftsführer für Oberfranken in einem NP-Gespräch. Die Bewältigung der Folgen des Ukraine-Kriegs und die längst überfällige Anpassung an den Klimawandel wird seiner Meinung nach nicht nur zu erheblichen Veränderungen in den Unternehmen, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft führen. „Wir werden eine neue Ordnung in Europa bekommen“, sagt Eckardt. Die Gewerkschaften müssten jetzt die Voraussetzungen schaffen, damit die Transformationen in der Arbeitswelt nicht zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gingen. „Wir müssen die Flüchtlingsströme bewältigen und sehen gerade, dass die Globalisierung, so wie sie lange Zeit propagiert wurde, nicht mehr funktioniert“, beschreibt der DGB-Regionalgeschäftsführer das Szenario. Dazu kämen gestörte Materialflüsse, Rohstoffknappheit und immens gestiegene Energiekosten. „Das kann zu Produktionsausfällen und schlimmstenfalls Verlagerungen in Billiglohnländer führen“, warnt Eckardt. Wobei – die Höhe des Arbeitsentgelts wird in Zukunft wohl nur ein Faktor sein, der über die Qualität eines Industriestandorts bestimmt. „Die Energiekosten können eine Überlebensfrage für manche Unternehmen werden“, prophezeit der DGB-Sprecher. Wenn Energie in Nachbarländern dauerhaft günstiger wäre als in Deutschland, könne das einen erheblichen Standortnachteil darstellen. Für die Glasindustrie, an der im Raum Kronach rund 2000 Arbeitsplätze hängen, und für den Maschinenbau, der vor allem für Coburg wichtig ist, läuteten schon heute die Alarmglocken. „Wir müssen endlich in die regenerativen Energien einsteigen und Hürden, wie die 10H-Regelung in Bayern, beseitigen“, fordert Mathias Eckardt. Dazu gehöre es seiner Meinung nach auch, Ja zu Stromtrassen zu sagen, die Windstrom von der Küste in den Süden transportieren. „Wir müssen den Industriestandort Deutschland erhalten, weil wir das wirtschaftliche Zugpferd in Europa sind“, fordert der Gewerkschafter. Andernfalls wären zahlreiche finanzielle Leistungen, die Deutschland für Europa und gerade aktuell für die Ukraine erbringe, nicht mehr möglich.