25 Jahre Geriatrie Coburg Im Alter fit für den Alltag

Die Rückgewinnung von Lebensqualität für ältere Menschen nach Erkrankungen: Das ist das Ziel der geriatrischen Fachklinik in Coburg, die seit 25 Jahren besteht und als Modellprojekt gilt. Foto: /Regiomed

Die geriatrische Klinik in Coburg ist vor einem Vierteljahrhundert gegründet worden. Das Modellprojekt hat sich zum Segen für viele Senioren entwickelt.

 
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Coburg - Vor 25 Jahren war Geriatrie – Altersmedizin – für viele ein Fremdwort. Ältere Menschen – schon 70-Jährige – mussten damit rechnen, dass ihnen bestimmte medizinische Behandlungen, beispielsweise ein Gelenkersatz oder gar eine Organtransplantation, verwehrt blieben. Oder dass eine Rehabilitationsbehandlung nach einer Operation eher die Ausnahme denn die Regel war. Statt Lauftraining, das die Bewegungsfähigkeit wieder herstellt und so selbst im hohen Alter die Rückkehr in die eigene Wohnung ermöglicht, war die Perspektive eher der Wechsel ins Pflegeheim.

Johannes Kraft, der 1987 ans damalige Landkrankenhaus Coburg gekommen war, wollte sich nicht damit abfinden. Er war überzeugt davon, dass es gelingen kann, ältere Menschen trotz Erkrankung in ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zurückzuführen. Unermüdlich warb er in Fachkreisen, in der Politik und an Hochschulen für das Konzept, alterstypische Einschränkungen und Krankheiten mitsamt ihren Folge- und Wechselwirkungen fachübergreifend und ganzheitlich zu behandeln. Das Anliegen: bestmögliche Wiederherstellung von Selbstständigkeit und Mobilität älterer Menschen. Der Nutzen: Lebensqualität für den Einzelnen sowie Minderung von Pflegebedürftigkeit, was der Allgemeinheit zudem Kosten spart.

Kraft fand im damaligen Krankenhausgeschäftsführer Uwe Möller-Ühlken und Landrat Karl Zeitler, der 1990 ins Amt gekommen war, engagierte Gründungspaten. 1996 war es soweit: Die Fachklinik für Geriatrie und Rehabilitation konnte ihren Betrieb aufnehmen. Als „Coburger Modell“ findet die Einrichtung, die sich zum Segen für viele Senioren entwickelt hat, bis heute bundesweit Beachtung.

Das Projekt fiel Mitte der 1990er Jahre einem jungen Mann aus dem Coburger Land auf, der sich in der Gesundheitspolitik engagierte. Er hieß Alexander Schmidtke und lud Johannes Kraft zu Vorträgen ein. Schmidtke wurde ein „Fan der Geriatrie mit ihrer ganzheitlichen Medizin“ – und ist es bis heute geblieben. Als Schmidtke als Hauptgeschäftsführer des fränkisch-thüringischen Klinikverbunds Regiomed in seine Heimat zurückkehrte, habe er sich vorgenommen, die Erfolgsgeschichte der Geriatrie in Coburg fortzuschreiben. Und das werde auch geschehen, sagte er bei einer intimen Feier des 25-jährigen Bestehens der Fachklinik. Er verwies auf die Entwicklung der Regiomed-Fachzentren für Altersmedizin in Hildburghausen, Neustadt und Lichtenfels, um Senioren nach Erkrankungen in Wohnortnähe wieder fit zu machen für ein Leben in gewohnter Umgebung. „Geriatrie ist ein festes Standbein im Regiomed-Verbund“, betonte der Hauptgeschäftsführer.

Er würdigte die Arbeit der Chefärzte Johannes Kraft und Christian Pohlig in der Coburger Fachklinik. Sie stünden für ein „vorbildliches Konzept, das wir über den gesamten Regiomed-Konzern ausrollen“. Dabei könnten sie auf ein professionelles, hoch engagiertes Team bauen, das eng vernetzt ist mit niedergelassenen Ärzten, Therapeuten, Pflegediensten, Hospizverein, Behörden und der Hochschule Coburg, wie Johannes Kraft erläuterte. Diese Zusammenarbeit sei entscheidend für den Erfolg der Arbeit mit alten Menschen. Oft gelinge es, Senioren die von ihnen gewünschte Lebensqualität zurückzugeben, aber nicht in jedem Fall. „Dann versuchen wir, die Menschen mit ihrer Situation zu versöhnen“, sagte Kraft. Medizin könne heute Großartiges leisten, aber eines bleibe immer entscheidend: der menschliche Umgang mit den Patienten.

Die Digitalisierung biete neue Perspektiven in der Altersmedizin, erläuterte der Chefarzt. Dazu gehören die Sensorik und die Bioanalytik. In diesen Bereichen arbeitet die geriatrische Fachklinik mit der Hochschule Coburg zusammen. Sensoren an der Kaffeemaschine können einen Hausbesuch des Pflegedienstes einleiten, weil der Benutzer das Gerät am Morgen nicht eingeschaltet hat. Software kann Alterungsprozesse simulieren, was Rückschlüsse auf mögliche spätere Erkrankungen und Vorbeugungsmaßnahmen oder frühzeitige Behandlung zulässt. Auch hier sei das Entscheidende, „mit kleinen technischen Helfern Lebensqualität bis ins hohe Alter zu bewahren“.

Landrat Sebastian Straubel verwies in einer Videobotschaft darauf, dass seit der Gründung der geriatrischen Klinik am Krankenhaus in Coburg mehr als 50 000 Patienten behandelt worden sind. Die Altersmedizin werde wichtiger Bestandteil des neuen Klinikums sein, das auf dem ehemaligen BGS-Gelände in Coburg entstehen wird, sagte Straubel.

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