Überraschend viele politische Anspielungen
Die meisten Menschen erinnern sich an Schnelldenker-Spiele wie „Dalli Klick“, wo ein Rätselbild nach und nach freigelegt wurde. Viele sehen den Showmaster vermutlich auch vor sich, wie er bei Bestleistungen der Kandidaten hochsprang und mit dem Publikum „Das war Spitze!“ rief.
Wer heute alte Sendungen anschaut, entdeckt aber überraschend oft auch politische Anspielungen. Rosenthals Tochter Birgit: „Die ersten „Dalli Dalli“-Sendungen enthielten noch eigens für die Sendung geschriebene aktuelle Chansons von Günter Neumann, da wollte man sich im Musikprogramm von den üblichen Schlagern absetzen. Leider verstarb Günter Neumann aber dann schon früh, und diese kabarettistische Zutat entfiel.“ Wenn „Dalli Dalli“ auch „seichte Unterhaltung“ gewesen sei: „Mein Vater war ein politisch interessierter und gut informierter Mensch, der auch Stellung bezog, wenngleich niemals in einer Partei.“
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Hans Rosenthal hatte seine Eltern früh verloren und die Judenverfolgung in einem Versteck in einem Berliner Kleingarten überlebt. Mehrere Mitglieder seiner Familie waren im Holocaust ermordet worden. Als die Programmplaner 1978 darauf bestanden, dass er am 9. November, dem 40. Jahrestag der Pogromnacht von 1938, seine Show moderieren musste, setzte der Gastgeber auf stillen Protest: Er trug Schwarz. Schwarz gekleidete Sänger und Sängerinnen trugen Operetten vor - kein Pop, kein Schlager, kein Big-Band-Sound.
Hans Rosenthal? „Hänschen“!
Laut Bei der Kellen unterschied sich Rosenthal von Stars seiner Zeit: „Er war immer ganz bei seinem Publikum. Oft mehr, als er bei seinen Kandidaten war. Er scheint mit jedem Satz, mit jeder Geste zu sagen: Ich bin einer von Euch. Bei den anderen war da immer eine gewisse Distanz. Kulenkampff war „der Kulenkampff“ oder „der Kuli“. Hans Rosenthal war aber nie „der Rosenthal“, eher „der Hans“. Und für viele Hörer des „Sonntagsrätsels“ ist er heute noch ihr „Hänschen“.“
„Flink im Kopf, aber unaufgeregt“, nennt ihn Kalkofe. „Nie wirklich witzig, aber stets humorvoll und mit einer ernsthaft anmutenden Lässigkeit, die sonst kaum jemand derart sympathisch verkörpern konnte. Kein Entertainer, der selbst das Rampenlicht suchte, sondern der perfekte Gastgeber: immer darauf bedacht, dass seine Kandidaten gut rüberkamen und sich wohlfühlten.“ Das deutsche Fernsehen habe ihm mehr zu verdanken, als uns wahrscheinlich bewusst sei, sagt Kalkofe.
Mit Rosenthal starb das Original von „Dalli Dalli“
Tochter Birgit sagt über das Menschenbild Rosenthals: „Mein Vater war ein Mann ohne Vorurteile. Obwohl er in seiner Jugend als verfolgter Jude viel Schlimmes erlebt hat, ist er später auch unbekannten Menschen freundlich, offen und ohne Argwohn, was ihre Vergangenheit betrifft, gegenübergetreten. Ich glaube, das spürten seine Kandidaten und auch das Publikum. Er hatte eben die Erfahrung gemacht, dass ihm ganz uneigennützig geholfen wurde, sonst hätte er nicht überlebt.“
Rosenthals großes Herz hörte im Februar 1987 auf zu schlagen. Mit ihm starb das Original von „Dalli Dalli“. Spätere Anläufe, das Konzept wieder an den Start zu bringen, währten nicht lange. Am 15. Mai um 20.15 Uhr gibt es zum Geburtstag im ZDF „Die große Jubiläumsshow“.