Abschied von Ulrike Zeidler Ein Leben für die Musik

Christiane Tangermann
Ein letztes Mal mit voller Power: Ulrike Zeidler beim Abschiedskonzert am Sonntag in St. Laurentius. Foto: /Rudolf Hein

Ende einer Ära: Nach fast einem Vierteljahrhundert als Leiterin des Kammerchores gibt Ulrike Zeidler den Taktstock ab. Gemeinsam mit ihrem Mann prägte sie das musikalische Leben in Ebern wie kaum eine andere.

 
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Das Konzert des Eberner Kammerchors am Sonntag war ein besonderes: Es sollte das letzte Konzert des Kammerchors mit geistlicher Musik in Sankt Laurentius unter der Leitung von Ulrike Zeidler werden – nach über 24 Jahren gemeinsamer Chormusik. Im Sommer wird das Ehepaar Zeidler Ebern verlassen.

Ulrike Zeidler wurde durch ihre Familie schon früh an die Musik herangeführt. Sie kam nach Ebern durch ihren Ehemann Gerhard, der Lehrer am Gymnasium war. Die Zeidlers lebten mit Musik und schlossen sich bald dem anfangs von Manfred Viering geleiteten Kammerchor an. Sie sangen ebenso mit im Chor der Bamberger Symphoniker als auch im Melchior-Franck-Kreis, Coburg, Ensemble für Alte Musik. Auch in der Kirchenmusik in Sankt Laurentius waren sie vielfältig engagiert und bereicherten immer wieder den Gottesdienst mit musikalischen Beiträgen.

Ulrike Zeidler absolvierte eine Ausbildung zur Chorleiterin, wobei sie auf Lehrgängen entscheidende Impulse von Professor Erwin Ortner, Wien, und Daniel Reuss, Utrecht, erhielt. 1997 übernahm sie die Leitung des Kammerchores. Es folgten jährliche Konzerte mit hochklassiger geistlicher Chormusik in Sankt Laurentius.

So auch am Sonntag. Das Konzertprogramm, mit anspruchsvoller, teils doppelchöriger A-cappella-Chormusik für kleine Besetzung war schon Anfang 2020 fertig – aber die Vorbereitungen standen wegen der Corona-Pandemie zunächst unter keinem guten Stern. Nachdem das Konzert seit zweieinhalb Jahren mehrere Male verschoben werden musste, wurde die Aufführung jetzt endlich möglich. Leitthema des musikalischen Abends war „Das Sanctus. Gesang der Engel“: Wenn der Mensch in den gewaltigen Gesang der Engel einstimmt, ist er mit ihnen im Lob Gottes vor seinem Thron verbunden; es verbindet sich gleichsam der menschliche mit dem himmlischen Gesang.

Das Konzert bot Beispiele von Vertonungen zum „Sanctus“ aus Renaissance und Romantik. Im doppelchörigen „Duo Seraphim“ des Komponisten Jakob Hendl loben die Seraphim, zwei sechsflügelige Engel, Gott mit lauter Stimme, jeder vertreten durch einen Chor. Die doppelchörige Harmonik dieses mehr als 400 Jahre alten Renaissancewerks zog das Publikum in seinen Bann.

Das einstimmige, vom Frauenchor gesungene Lied Luthers „Jesaja, dem Propheten das geschah“, wurde gefolgt von der kraftvoll dargebotenen mehrstimmigen Motette „Das deutsche Sanctus“ von Melchior Vulpius. Luthers Absicht war es, dass der deutsche Text den Zuhörern hilft, die alttestamentarische Geschichte zu verstehen. Typisch für den Stil Luthers ist das Ende des Textes, in der die überschäumende Freude der Engel und die Größe Gottes zum Ausdruck gebracht werden: „Von dem Geschrei (der zwei Seraphim) zittert Schwell und Balken gar, das Haus auch ganz voll Rauch und Nebel war.“ Bei der teils solistisch, teils doppelchörig vorgetragenen Motette des Regensburger Komponisten Gregor Aichinger erinnerten insbesondere die hohen Frauenstimmen eindringlich an den sphärischen Engelsgesang der beiden Seraphim.

Peter Tschaikowsky schuf 1887 mit den Chören zur Chrysostomos-Liturgie einen phänomenalen Beitrag zur orthodoxen Chormusik, bei dem der alte polyphone russischen Kirchengesang mit neuen Klangelementen verbunden wird. Die Zuhörer fühlten sich versetzt in eine russisch-orthodoxe Kirche mit goldumrahmten Ikonen und weihrauchschwerer Luft. Die tiefen Basspassagen und die darüber liegenden schlichten Melodien im Stil des orthodoxen Kirchengesangs vermittelten den Ausdruck einer tiefen Religiosität und begeisterten Sänger und Zuhörer gleichermaßen. Manch einem wird beim Zuhören in den Sinn gekommen sein, wie diese wunderbare russische Musik die Menschen bewegt und verbindet, unabhängig von der aktuellen Politik und über alle Grenzen hinweg.

Das Sanctus und Benedictus aus der doppelchörigen „Missa Cantus“ von Joseph Gabriel Rheinberger gehört zu den bekannten und beliebten Stücken der Musikliteratur ebenso wie das vierstimmige „Heilig ist der Herr“ aus dem „Elias“ von Felix Mendelssohn.

Starker Applaus

Mit starkem Applaus bedankten sich die Zuhörer für dieses wunderbare Konzert des Eberner Chores, der als Zugabe eine der am besten bekannten Sanctus-Kompositionen sang – das schlichte „Heilig, heilig, heilig ist der Herr“ aus der „Deutschen Messe“ von Franz Schubert. Wolfgang Schneider bereicherte das Programm mit virtuos vorgetragenen Orgelkompositionen von Heinrich Scheidemann und Cesar Franck.

Anschließend bedankte sich zunächst Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann bei Ulrike Zeidler für ihre engagierte langjährige Arbeit in der Musikschule und insbesondere der Chorarbeit. Auch Ramona Spindler, die Leiterin der Musikschule, sprach Ulrike Zeidler Anerkennung für die jahrelange, unermüdlich geleistete, gute Zusammenarbeit aus. Der Kammerchor dankte der Chorleiterin für den Einsatz über so viele Jahre und für das immer wieder neue Heranführen an Meisterwerke der Chorliteratur, das allen so viel bedeutet hat. Pater Theiler schloss sich allen Vorrednern an und gab dem Ehepaar Gottes Segen.

Das sagen die Wegbegleiter

Ingo Hafenecker:

„Das Ehepaar Zeidler war ein Glücksfall für Ebern, insbesondere für die katholische Kirchengemeinde. Was wäre die Kirchenmusik in Ebern ohne sie gewesen? Sie waren tragende Säulen im Kirchenchor und haben über viele, viele Jahre die Rorate-Messen im Advent mit ihrem wunderbaren Gesang mitgestaltet; wahrscheinlich sind die meisten der Besucher gerade deswegen zu den frühen Morgenstunden in diese Messen gegangen. Auch der Bürgerverein Ebern verdankt ihnen so manche Sternstunde, so etwa bei der niveauvollen musikalischen Gestaltung der „Stille Advent Abende“ oder anderen festlichen Anlässen. Auch möchte ich hervorheben, dass Frau Zeidler mehrfach als Restauratorin für den Bürgerverein gearbeitet hat. Ein Beispiel ist die Figur St.Barbara am Bandorf-Haus in der Kapellenstrasse.

Bei all ihrem Engagement sind Gerhard und Ulrike Zeidler immer bescheiden im Hintergrund geblieben und haben sich nie nach vorne gedrängt. Das kulturelle Leben in Ebern wird ohne sie ein ganzes Stück ärmer sein.“

Barbara Gemeinhardt:

„Frau Zeidler hatte immer den Ehrgeiz, bei den Aufführungen des Kammerchores ein hohes Maß an Perfektion zu erreichen. Bei den Proben wurde sehr diszipliniert gearbeitet; die Chorleiterin ging sehr ins Detail, wobei ihr die Verbindung von Wort und Musik besonders am Herzen lag.

Wenn aber in einer späten Übungsphase etwas immer noch nicht klappte, wurde nicht geschimpft, sondern Ulrike Zeidler brach zu unserer Überraschung und Erleichterung in ein herzhaftes Gelächter aus. Und wir lachten alle mit. - Was mir aber vor allem im Gedächtnis bleibt, ist die Freude am Singen und an der schönen Musik.“

Walter Dold:

„Zu meinem musikalischen Lebenslauf gehörten die Zeidlers von Anfang an dazu und wir haben viele schöne Konzerte zusammen gemacht. Vieles hätte ich ohne die beiden gar nicht realisieren können, sie haben alles mitgeprägt. Die musikalische Arbeit war, auch durch die Freude der Zeidlers an der Musik, immer ein Genuss …. auf hohem Niveau!“

Sabine Hillemeir:

„Wir haben im Laufe der Jahre viel wunderbare Chorliteratur durch Ulrike Zeidler kennengelernt. Wenn manches Mal im Radio ein schöner Chorsatz aufhorchen lässt, freut man sich darüber, das Stück selbst schon einmal im Kammerchor gesungen zu haben.

Ich möchte Ulrike Zeidler für die langen Jahre der Chorarbeit danken - das Singen im Kammerchor war eine Bereicherung für uns alle.“

Dieter Stojan:

„Wenn ich an Ulrike Zeidler denke, kommt mir unbedingt auch der Gerhard Zeidler in den Sinn. Die beiden haben ja in Sachen Musik alles miteinander gemacht. Mehr als 30 Jahre durfte ich neben Gerhard Zeidler im Laurentius-Chor und später im Kammerchor singen. Als Bass mit solistischen Fähigkeiten war er mir gesangliche Stütze und gab auch Halt allen, die neu gekommen sind. Er war, kurz: der Leitbass!

Bezeichnend für den unbedingten Einsatz der Zeidlers war auch, dass sie zu allen Proben des Kirchenchores kamen, obwohl sie das Üben nicht gebraucht hätten. Wann und wo und mit wem in Ebern Musik geboten wurde: die Zeidlers waren gestaltend dabei.“

Pater Rudolf Theiler:

„Wenn es in der Kirchengemeinde Sankt Laurentius um Musik ging, engagierten sich Ulrike und Gerhard Zeidler über das Maß hinaus mit Fachwissen und Professionalität, ob als Kantor, Aushilfsorganistin oder stellvertretende Chorleiterin.

In Erinnerung bleibt bei vielen die schöne musikalische Gestaltung der Rorate-Messfeiern in der Adventszeit. Wahrscheinlich stimmt es, dass viele den Weg zu den frühen Rorate-Messen vor allem wegen der schönen Musik fanden. Zweimal in meiner Laufbahn half Ulrike Zeidler mir bei den Bewerbungsgesprächen für die Kirchenmusiker. Gerhard Zeidler hat als Kantor – manchmal ganz spontan kurz vor dem Gottesdienst angekündigt - biblische Verse gesungen und bedeutende liturgische Gesänge des Gottesdienstes, wie das Exsultet am Ostermorgen, mitgestaltet.“

Hedi Porsch:

„Danke an Ulrike Zeidler für 24 Jahre Kammerchorleitung. Danke für die Kontinuität, mit der sie den Chor gepflegt und geführt hat. Danke für die musikalische Feinarbeit. Liebevoll insistierend hat sie uns gelehrt, aus Tönen Musik zu machen. Wir werden die Zeit mit ihr immer als Geschenk in Erinnerung behalten.“

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