Abschieds-Serenade Die Jahreszeiten des Lebens

Gisela M. Paul
Nach 45 Jahren verabschiedete sich Thomas Ehrle am Sonntag als Leiter des Collegium musicum der Gesellschaft der Musikfreunde Coburg. Foto: /Gisela M. Paul

Bei Thomas Ehrles letztem Konzert als Leiter des Collegium musicum steht Vivaldi im Mittelpunkt. Zum Abschied erklingen Überraschungen für Ehrle und Gerhard Deutschmann in der voll besetzten Ahorner Schlosskirche.

 
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Was könnte es Passenderes geben für den Rückblick auf jahrzehntelanges Wirken als die Beschäftigung mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter, was ja auch für die Lebensphasen Kindheit, Jugend, „beste Jahre“ und das „Alter“ stehen kann. Musikalisch ist man bestens aufgestellt, wenn man sich hierfür die vier bekanntesten aus Antonio Vivaldis 241 Violinkonzerten, genannt „Die vier Jahreszeiten“ auswählt.

Für den inzwischen 78-jährigen Thomas Ehrle, der im von seinem Vater Josef Ehrle vor fast 70 Jahren aus der Taufe gehobenen Collegium musicum als 13-jähriger Geiger begonnen hat und das Ensemble seit 1978 leitet, war es sicherlich kaum eine Frage, welche barocken Stücke er für diesjährige die Serenade in der Ahorn Schlosskirche aussucht, die seinen Abschied von der Orchesterleitung markiert.

Vom noch kühlen Frühling mit Vogelgezwitscher, sanften und stärkeren Winden, doch schon unterbrochen von Blitz und Donner, mit ländlichem Tanz am Ende über den Sommer mit glühender Hitze, Sturm und Insektengebrumm, den Herbst mit glücklicher Ernte, Jagdszenen und derbem Tanz bis zum Winter, der vor Kälte zittern lässt, Regen bringt und Winde aus verschiedensten Richtungen blasen lässt, aber auch Eisläufern die Möglichkeit zum gemütlichen Rundendrehen gibt, ist hier ja alles vertreten, was ein Jahr an Wetter- und Naturphänomen oder ein Menschenleben an Schicksalen so zu bieten hat.

Über einem vom Orchester wohlig ausgebreiteten Klangteppich erhob sich die virtuose Geige von Megumi Ikeda. Bei Gerhard Deutschmann am Cembalo und Ulrike Gossel am Cello lag die Continuo-Begleitung in besten Händen; kleine Soli aus dem Orchester heraus waren Rainer Bätz und Beatrix Seidlitz übertragen.

Eingerahmt wurden diese vier Violinkonzerte an diesem Vivaldi-Abend von zwei Flötenkonzerten: das erste für Piccoloflöte, genannt „Il Cardellino“, der Stieglitz. In höchsten Tönen und in rasenden Tempi war der kleine quirlige Vogel zu vernehmen. Beendet wurde das offizielle Programm mit dem Konzert für Querflöte „La tempesta di mare“ (Der Meeressturm), das in der üblichen Abfolge von schnell-langsam-schnell einen doch gemäßigt gefährlichen Sturm auf dem Meer (oder auch im Leben) in Töne setzt. An beiden Instrumenten brillierte Angelika Stirner-Ebert. Thomas Ehrle, der bei den „Vier Jahreszeiten“ selbst mit den ersten Geigen spielte, leitete zu Beginn und am Schluss jeweils sein Orchester als Dirigent.

Doch damit nicht genug: Aus dem Konzert „La Notte“ (Die Nacht) gab es die Zugabe des sanften ersten Satzes, und weil Gerhard Deutschmann, der mit diesem Konzert sein „Amt“ als Cembalist abgab, heuer seinen 90. Geburtstag feiern konnte, wurde zu seiner sichtlichen Freude seine Komposition „Poem“ als zweite Zugabe gespielt. Und auch das Orchester hatte – ohne Wissen des Dirigenten – etwas vorbereitet: In Erinnerung an die erste Serenade unter Thomas Ehrles Leitung am 29. Juli 1979 erklang eine Hornpipe von Georg Friedrich Händel.

Und nicht nur Thomas Ehrle und Gerhard Deutschmann gaben ihre Aufgaben ab: Auch das Ehepaar Uschi und Günther Strobel – sie haben 47 bzw. 49 Jahre dem Orchester als Geigerin und Bratschist treu gedient und sind dafür sogar eigens aus Erlangen angereist - wurde feierlich verabschiedet.

In der bis auf den letzten Platz besetzten Ahorner Schlosskirche wurde allen Mitwirkenden heftiger, wohlverdienter Applaus zuteil, Blumen wurden überreicht, unter anderem an die Kontrabassistin, nicht wenig Flüssiges aus dem Fränkischen Weinland in Kartons angeschleppt, und im Anschluss an das Konzert gab’s auf dem Schlossgelände wohl noch eine angemessene Feier.

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