„Aktion Rückenwirbel“ in Coburg ... und jetzt die Krone

Schülerinnen und Schüler der Klasse 4a drehen sich ein zur Schraube. Foto: Daniel Vogl

Die Melchior-Frank-Grundschule in Coburg setzt neuerdings auf Übungen, um Rückenschmerzen vorzubeugen. Weshalb? Immer häufiger sind bereits Kinder betroffen.

 
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Coburg - Stehen Sie entspannt, die Arme und Schultern hängen locker herunter. Aus dem Rücken heraus strecken Sie sich nun nach oben, als wollten Sie über jemanden hinwegschauen – die sogenannte Krone ist eine von vier Übungen, die die insgesamt gut 220 Kinder an der Melchior-Frank-Grundschule im Coburger Baumschulenweg kürzlich bei einem Workshop der „Aktion Rückenwirbel“ gelernt haben. Palme, Medaille und Schraube komplettieren das Anti-Kreuzschmerzen-Kurzprogramm, das an der Ganztagsschule von Susanne Thaler künftig nach Möglichkeit zwei Mal täglich absolviert werden soll. Es handele sich um leichte Übungen, sagt die Rektorin, „die schnell in den Alltag eingebaut werden können“. Drei, vier Minuten, mehr Zeit beanspruche das Programm nicht. „Die Aktion soll keine Eintagsfliege gewesen sein.“

Aber Moment, einen Schritt zurück. Rücken, die Volkskrankheit Nummer eins in der Bundesrepublik, bereits im Grundschulalter? Die Kurzantwort lautet: Ja. Die etwas längere geht so: In einer groß angelegten Kinderstudie des mittlerweile wohl auch dem letzten Deutschen vertrauten Robert-Koch-Instituts (RKI) aus dem Jahr 2019 haben mehr als drei Viertel der befragten Elf- bis 17-Jährigen angegeben, in den vergangenen drei Monaten Schmerzen gehabt zu haben. Nahezu die Hälfte davon klagte dabei über Schmerzen im Kreuz.

„Wer klettert heute schon noch auf einen Baum?“

Ein Anruf in der Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin an der Itz. „Ja, das ist immer mehr ein Thema“, sagt Ärztin Katja Nillies, in den vergangenen mehr als eineinhalb Jahren Pandemie habe es noch mal zugenommen. Das eigentliche Übel sei jedoch ein anderes, die Kurzversion: zu wenig Bewegung. Die etwas längere: „Wir verbringen zu viel Zeit am Computer, vorm Fernseher, am Handy, schon im Grundschulalter“, erklärt Nillies. Die Medizinerin spricht von einem natürlichen Bewegungsdrang, der in unserer Gesellschaft häufig nicht ausreichend ausgelebt werde. Ihr geht es dabei nicht zwingend um angeleiteten Sport etwa im Verein; stattdessen fragt sie: „Wer klettert heute schon noch auf einen Baum?“

Freilich aber können sich hinter Rückenproblemen bei Kindern auch konkrete medizinische Ursachen verbergen, etwa Wachstumsstörungen oder Entzündungen. Daher empfiehlt Katja Nillies bei Schmerzen, die länger als einen Monat andauern und/oder wiederkehren, sicherheitshalber ei-ne ärztliche Untersuchung. Das viel diskutierte Problem zu schwerer Schulranzen spielt nach Einschätzung der Medizinerin übrigens nur eine untergeordnete Rolle. Richtig eingestellt, richtig gepackt und richtig getragen sei das Gewicht bei den heutigen Modellen nicht mehr so entscheidend. Nillies’ Fazit: „Das Wichtigste ist: Bewegung!“

Und jetzt alle: aus dem Rücken heraus, nach oben zur Krone.

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