Amphibienschutz im Landkreis Kronach Alle Kröten im Eimer

Tim Birkner

An sieben Stellen im Kreis Kronach sind Schutzzäune für Amphibien aufgebaut. Johannes Wagner betreut den in Burgstall. Für die Erdkröte sah es in diesem Jahr dort gut aus. Der Trend aber ist ein anderer.

 
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Johannes Wagner hält die 6445. Erdkröte in diesem Jahr in der Hand. Ihr Bauch ist voll mit Laich, das Ziel ist der große Schwemmteich der Sandgrube bei Burgstall. Wagner ist im Vorstand des Landesbundes für Vogelschutz im Kreis Kronach für Amphibien zuständig. Ihm liegen die Frösche, Kröten und Molche am Herzen – denn die werden weniger. Zum Beispiel, weil ihr Lebensraum verschwindet, weil ihnen das Klima nicht mehr passt – oder sie über die Straße müssen, um zu ihren Laichplätzen zu kommen.

„Kröten lieben die Wärme“, sagt Wagner. Das merkt er, wenn er zwischen Mitte März und Anfang Mai jeden Morgen den Schutzzaun entlang der Bundesstraße 303 abläuft. „War die Nacht kalt, finde ich kaum Kröten – war sie warm, sind die Eimer voll.“ Entlang des Zauns ist alle 20 Meter ein Eimer eingegraben. In diese Eimer fallen die Kröten, wenn sie einen Weg über die Straße suchen. Wagner sammelt sie dann morgens ein und bringt sie über die Straße. Auf einer Liste notiert er jedes Tier. Er erfasst fünf verschiedene Arten, die Position des Eimers und den Tag. So kann der Zaun im kommenden Jahr gegebenenfalls noch besser aufgestellt werden und noch mehr Tiere gerettet werden. Und er sieht, wie sich die Arten über die Jahre entwickeln. Prinzipiell werden es immer weniger. Nur heuer ist für die Erdkröte ein Ausnahmejahr.

Fünf Kilometer Zaun

An sieben Stellen im Landkreis Kronach bauen Ehrenamtliche jedes Jahr fast fünf Kilometer Zäune auf. Inzwischen organisiert das der Landschaftspflegeverband. (LPV) „Für den Aufbau und die Leerung der Eimer sind jedes Jahr um die 20 Helfer im Einsatz. Landwirte und Ehrenämtler erhalten für ihre Arbeit eine Entschädigung nach den Stundensätzen des LPV“, erklärt Geschäftsführerin Christine Neubauer.

2018 und 2019 konnten an allen Standorten zusammen jeweils 9000 Tiere gerettet werden, 2020 und 21 ging ihre Zahl auf rund 6500 zurück. „Es werden einfach immer weniger“, sagt Neubauer. In diesem Jahr werden wohl wieder mehr, aber nur an einem Standort und nur bei einer Art: Bei der Erdkröte in Burgstall.

Molche werden weniger

Wagner führt das auf den feuchten Sommer zurück, der den Erdkröten gut getan hat. Und auch darauf, dass die Maßnahmen wirken – wenngleich das bei den Teich- und Bergmolchen, den Gras- und Grünfröschen nicht festzustellen ist. Bei Mostrach gibt es noch eine nennenswerte Zahl an Molchen (85) – doch sonst sieht es schlecht aus. An allen sieben Standorten.

Wagner zeigt auf den Asphalt der Bundesstraße. Er ist voller Flecken. Es sind die blutigen Reste der überfahrenen Tiere. Trotz des Zauns schaffen es einige selbst bis auf die Straße und bleiben dort sitzen. „Die Straße ist wärmer als alles andere. Das mögen sie und bleiben – bis sie überfahren werden“, sagt Wagner. Am Straßenrand findet er einen vertrockneten Krötenkörper. Der Luftzug der vorbeifahrenden Autos genügt, um die inneren Organe der Tiere zu zerreißen. Alles, was schneller als 30 Stundenkilometer ist, ist für die Tiere lebensbedrohlich“, erklärt er. Erlaubt sind 100 Stundenkilometer – und die vorbeifahrenden Autos scheinen die Erlaubnis auch auszunutzen. Wagner trägt den Eimer mit den Kröten über die Straße und setzt sie auf der anderen Seite in Sichtweite des Schwemmteichs aus.

Tunnel in Tiefenklein

Jetzt, Anfang Mai, werden die Zäune wieder abgebaut. Der Rückweg in den Wald geht nicht so konzentriert vonstatten, dass sich der Aufwand lohnen würde. Christine Neubauer sieht deshalb Tunnel für Amphibien als notwendig an. An Zäunen werden die Tiere entlang geleitet, bis sie zu einem kleinen Tunnel gelangen, an dem sie selbstständig unter der Straße durch können. In Tiefenklein gibt es beispielsweise einen solchen Straßendurchlass mit Folienzaun.

„Sobald zwei oder mehr Kröten in einem Eimer sind, fangen sie in ganz hohen Tönen an, miteinander zu kommunizieren“, erzählt Wagner. Er strahlt dabei. Ein Lebenszeichen, das ihm zeigt, das ihm die kleinen Tiere danken. Zumindest fühlt es sich so an.

Sieben Standorte

Im Landkreis Kronach werden jährlich etwa 4,75 Kilometer mobile Zäune an sieben Straßenabschnitten aufgestellt. Sie stehen an den Straßen in Gundelsdorf/Haig, Birkach, Mostrach (alle Kronach), Tiefenklein, Emmersheim (Küps), Burgstall (Mitwitz) sowie in Gössersdorf (Weißenbrunn).

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