Amtsgericht Coburg Auch ohne Balkon verurteilt

Andreas Teodoru
Im Justizgebäude I in Coburg hat die öffentliche Verhandlung stattgefunden. Foto: picture alliance/dpa/Daniel Karmann

Die Verhandlung am Amtsgericht Coburg rund um den Hitlergruß auf einem Balkon ist überraschend ausgegangen. Trotzdem ist es für den beschuldigten Coburger noch nicht vorbei.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bei der Fortsetzung der Verhandlung am Amtsgericht Coburg vom 8. August wurde ein Anklagepunkt überraschend fallengelassen, eine Verurteilung erfolgte dennoch. Der wegen Trunkenheit im Straßenverkehr in einem Fall diesen Jahres und angeblichen Zeigen des Hitlergrußes in einem anderen Fall von vor zwei Jahren Beschuldigte wurde nur im ersten Punkt schuldig gesprochen.

Posse um Balkon geklärt

Zuvor hatte die Verteidigung Christian Martin argumentiert, es habe gar keinen Balkon gegeben, auf dem der angeklagte Coburger während einer Grillparty im Juli 2020 den Hitlergruß gezeigt haben könne. Darum war die Verhandlung unterbrochen und ein weiterer involvierter Zeuge am vergangenen Mittwoch vorgeladen worden. Letztendlich trug dessen Aussage kaum zur Klärung bei, zumindest habe es scheinbar tatsächlich keinen Balkon gegeben.

Mit dem Nachbarn, gegen den der angebliche Hitlergruß nach einer beleidigenden Auseinandersetzung gehen sollte, habe der Zeuge immer wieder Ärger gehabt. Ob im Zuge dessen nur mit den Armen gewedelt worden war oder aber tatsächlich eine strafrechtlich relevante Tat stattgefunden hat, konnte aufgrund des vom Zeugen selbst als enorm hoch eingeschätzter Alkoholpegel nicht klar beantwortet werden. Die Verhandlung hätte darum wieder unterbrochen, der besagte Nachbar nun vorgeladen werden müssen.

Resignation der Justiz

Da es allerdings klar war, dass der 61-Jährige im ersten Punkt verurteilt werden würde, entschied sich Richter Klaus Volk im Einverständnis mit Staatsanwalt Mario Geyer und Verteidiger Martin den Anklagepunkt der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen fallen zu lassen. Der Aufwand sei im Vergleich zu etwaigen Auswirkungen auf das Strafmaß zu hoch, die Aussagen durch den Alkoholpegel während der Grillfeier vor zwei Jahren zu uneindeutig.

Die juristische Historie des Coburgers zeuge ohnehin von mehreren Verurteilungen zu Tagessätzen wegen ähnlicher und anderer Vergehen. Mehr als ein Dutzend Einträge ins Strafregister belegten, dass der Angeklagte unter einem Alkoholproblem leide. Tatsächlich gab der Beschuldigte zu, sich wegen dieses Problems derzeit in einer Suchtberatung zu befinden: „Es war immer Alkohol im Spiel, aber jetzt bin ich auf einem guten Weg. Ich hätte früher damit anfangen sollen“, gestand er dem Richter. Auch dieser hätte sich gewünscht, dass dem Angeklagten diese Einsicht früher gekommen wäre und forderte ihn eindringlich dazu auf, etwas gegen sein Problem zu tun. Das letzte Wort des Angeklagten: „Es tut mir leid, ich bin auf einem guten Weg und ziehe das jetzt durch.“

Das nächste Verfahren in der Pipeline

Schlussendlich sprach Richter Volk den Mann der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig und verurteilte ihn zu 70 Tagessätzen zu je 15 Euro. Damit lag er genau in der Mitte der von Staatsanwaltschaft und Verteidigung geforderten Tagessätze. Das offensichtliche Alkoholproblem des 61-Jährigen und seine Erklärung zum Schluss haben sich strafmildernd auf das Urteil ausgewirkt. Doch selbst mit diesem Urteil ist es für den Angeklagten noch nicht vorbei. Die nächste Verhandlung wegen Bedrohung blüht ihm noch im September. Auch da soll Alkohol im Spiel gewesen sein.

Bilder