Amtsgericht Haßfurt 100 Euro wegen geringer Schuld

Manfred Wagner
  Foto: picture alliance/dpa/ Arne Dedert/dpa

Nur ein Sachverständiger könnte aufklären, ob eine bestimmte Kfz-Kennzeichenhalterung zulässig ist oder nicht. Das Haßfurter Amtsgericht stellt daher das Verfahren wegen Kennzeichenmissbrauchs ein.

 
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Haßfurt/Knetzgau - Bei der jüngsten Verhandlung vor dem Amtsgericht der Kreisstadt ging es um einen angeblichen Kennzeichenmissbrauch. Ein 19-Jähriger aus dem Maintal, so der Vorwurf des Staatsanwalts, soll mit einer nicht zulässigen Kennzeichenhalterung unterwegs gewesen sein.

Allerdings war die Frage, ob dieses Autoteil tatsächlich erlaubt ist oder nicht, bei dem Verfahren nicht aufklärbar. Deshalb stellte Jugendrichter Martin Kober das Verfahren ohne Verurteilung mit einer kleinen Auflage ein. Der nicht vorbestrafte Heranwachsende muss wegen geringer Schuld 100 Euro an den Jugendtreff in Ebern bezahlen.

Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft war der junge Bauhelfer am 22. August letzten Jahres mit seinem VW Golf Cabrio in Mittelfranken unterwegs. Als ihn ein Streifenwagen der Polizei bei Eckental überholte, konnte der Beamte im Vorbeifahren das Kennzeichen des Golfes nicht erkennen. Er gab im Zeugenstand an, dass dies daran gelegen habe, dass das Kennzeichen „extrem mit LED-Lampen beleuchtet und mit einer Plexiglasscheibe bedeckt gewesen sei.“ Deshalb stoppten die Ordnungshüter den Mann und kontrollierten seine Fahrzeugpapiere. Schließlich erlaubten sie die Weiterfahrt unter der Auflage, dass der Fahrer unverzüglich eine Bestätigung des TÜV über die Zulässigkeit der Halterung vorzulegen habe.

Als der Beschuldigte das verlangte Papier nicht beibrachte, wurde die Staatsanwaltschaft aktiv. Sie schickte dem Bauhelfer einen Strafbefehl über 450 Euro. Im Rahmen seiner Rechtsschutzversicherung beauftragte der Betroffene Rechtsanwalt Jochen Kaller mit seiner Verteidigung. Der Advokat legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein, was nun zu der öffentlichen Hauptverhandlung führte. Der Verteidiger erklärte vor Gericht, dass das umstrittene Fahrzeugteil bereits auf dem Golf gewesen sei, als sein Mandant den Wagen erworben hatte. Es gebe auch eine „Allgemeine Bauartgenehmigung (ABG)“, die seines Wissens vom Kraftfahrtbundesamt zugelassen sei. Der Jugendrichter wies allerdings darauf hin, dass bestimmte Fahrzeugteile beispielsweise in Österreich oder der Schweiz zulässig sein könnten, in Deutschland aber nicht.

Letztendliche Klarheit, so der Vorsitzende, könnte in dieser Angelegenheit nur ein Sachverständiger mit einem entsprechenden Gutachten erbringen. An die Prozessbeteiligten stellte er die Frage: „Lohnt sich das?“ Da niemand daran interessiert war, diese strafrechtliche Lappalie derart aufwendig „aufzublähen“, einigte man sich auf die Einstellung mit der Mini-Auflage.

Wenn der Bauarbeiter die 100 Euro fristgerecht bis 10. Mai 2021 überweist, ist die Sache vom Tisch. Allerdings wies der Staatsanwalt darauf hin, dass es jederzeit erneut zu „Irritationen“ mit der Polizei kommen könnte. Deshalb legte er abschließend dem jungen Mann folgenden Ratschlag ans Herz: „Tauschen Sie das Ding aus, dann haben Sie Ihre Ruhe!“

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