Amtsgericht Haßfurt Angeklagter muss zehn Euro zahlen

Manfred Wagner
Der TÜV am Wagen eines jungen Mannes war abgelaufen. Auf dem Weg, diesen Missstand zu ändern, wird er in einen Unfall verwickelt. Die Beamten stellen den Mangel am Auto fest – und erstatten Anzeige. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der angebliche Missbrauch eines Autokennzeichens entpuppte sich vor Gericht als Bagatelle. Der Richter weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass man sich immer den Einzelfall ansehen muss.

 
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Haßfurt - Auch bei der deutschen Justiz läuft nicht alles bloß nach Schema F. Vielmehr, so Amtsgerichtsdirektor Christoph Gillot, müsse man den jeweiligen Einzelfall genau anschauen. Ein angeblicher Kfz-Kennzeichenmissbrauch, den die Staatsanwaltschaft mit einem Strafbefehl über 1250 Euro ahnden wollte, entpuppte sich laut dem Richter als „Bagatelle“. Der Vorsitzende fand eine eher unübliche Lösung, indem der das Verfahren mit einer Mini-Auflage von zehn Euro einstellte.

Was war passiert? Der Angeklagte, ein lediger 27-Jähriger, hatte im letzten Jahr eine Ausbildung zum Sozialpfleger begonnen. Für den Weg von und zur Ausbildungsstätte benötigte er ein Auto. Deshalb machte er seinen Führerschein und sparte, bis er sich ein gebrauchtes Fahrzeug kaufen konnte. Er meldete es am 25. September letzten Jahres ordnungsgemäß bei einer Versicherung an und ging mit den Papieren zur Zulassungsstelle in Haßfurt. Dort sagte man ihm, dass der TÜV an seinem Auto abgelaufen sei und er die fällige Hauptuntersuchung nachholen müsse. Für die direkte Fahrt zur entsprechenden Autowerkstatt könne er das nicht abgestempelte Nummernschild verwenden, erklärte man ihm weiter.

Einige Tage später hatte der Beschuldigte mit seiner Werkstatt in Schonungen einen TÜV-Termin vereinbart. Um dorthin zu gelangen, musste er erst mal zu einer Tankstelle fahren. Da sich an seinem Wohnort in Königsberg keine befindet, wollte er zur nächstgelegenen nach Haßfurt. Ausgerechnet auf dem Weg dahin hatte er einen Unfall, weil ein anderer Autofahrer ihm die Vorfahrt nahm. Dadurch kam die Polizei ins Spiel. Die Beamten bemerkten schnell, dass das Nummernschild nicht abgestempelt war und meldeten diesen Sachverhalt der Staatsanwaltschaft. So kam es zu dem bereits genannten Strafbefehl, den der Angeschuldigte im Dezember 2020 erhielt.

Da er mit Hilfe seines Rechtsanwaltes dagegen Berufung eingelegt hatte, kam es nun zu der öffentlichen Hauptverhandlung. Der Verteidiger teilte ergänzend mit, dass die Ausbilder seinen Mandanten als äußerst zuverlässig bezeichnen würden. Dieser sei stets bestrebt, nie etwas Falsches zu machen und sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Zudem sei der kleine Umweg zur Tankstelle unvermeidlich gewesen. Von daher sah er keine Schuld bei seinem Klienten.

Amtsgerichtsdirektor Gillot teilte diese Sichtweise. Er bestätigte, dass bei dem Angeklagten weder im Bundeszentralregister noch im Fahreignungsregister ein Eintrag zu finden sei. Von daher sei er sowohl strafrechtlich als auch verkehrsrechtlich völlig unbescholten. Nach kurzer Beratungszeit erklärte sich auch der Staatsanwalt damit einverstanden, das Verfahren ohne Verurteilung einzustellen. Dies ist nach deutschem Recht immer dann möglich, wenn die Schuld des Täters gering ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht.

Die zehn Euro erhält Lifeline, ein gemeinnütziges Projekt in Trägerschaft der Salesianer Don Bosco in Bamberg. Wenn der junge Mann innerhalb der nächsten zwei Wochen den kleinen Betrag überweist, ist das Verfahren vom Tisch.

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