Amtsgericht Haßfurt Bei „Witzfiguren“ hört der Spaß auf

Martin Schweiger
Ein 19-Jähriger zeigte sich vor dem Amtsgericht wenig einsichtig. Foto: dpa/David Ebener

„Da hab ich schon ganz andre Sachen gemacht“: Ein junger Mann prahlt bei seiner Vernehmung mit seinen Straftaten und beleidigt obendrein einen Polizisten. Dafür erhält er nun die Quittung.

 
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Eine Jacke im Wert von knapp 150 Euro hat ein 19-jähriger Verkäufer aus dem Maintal im Januar dieses Jahres in einem Bamberger Kaufhaus mitgehen lassen und wurde kurz darauf vom Kaufhausdetektiv gestellt. Weil er danach auch noch zwei Polizeibeamte beleidigte erhielt er am Dienstag am Amtsgericht eine ungewöhnliche Strafe: Neben fünf Stunden Gesprächstherapie und 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilte ihn der Vorsitzende Richter Christoph Gillot dazu, sich schriftlich bei dem Polizisten zu entschuldigen, den er nach seiner Festnahme als „Alter“ und „Witzfigur“ betitelt hatte.

Sein auffälliges Verhalten wurde dem Dieb damals zum Verhängnis. Nach Aussage des Kaufhausdetektivs hat sich der Angeklagte mehrmals umgeblickt, um dann drei Kleidungsstücke in eine Umkleidekabine mitzunehmen. Nach Verlassen der Kabine seien nur noch zwei Teile in der Kabine gewesen, so der Detektiv, der den Dieb kurz vor Verlassen des Geschäfts zur Rede stellte. Es stellte sich heraus, dass er die neue Markenjacke unter seiner eigenen Jacke angezogen hatte. Er musste nicht nur die gestohlene Jacke zahlen, sondern darüber hinaus mussten er sowie sein Kumpel, der Schmiere stand, jeweils 100 Euro Aufwandsentschädigung zahlen.

Keine Spur von Reue oder Schuldeinsicht zeigte der Dieb wenig später, als zwei Polizeibeamte eintrafen. „Er hat alles ins Lächerliche gezogen und groß aufgesprochen“, sagte der Ordnungshüter vor Gericht. Da der Angeklagte sich aggressiv zeigte, habe man ihn gefesselt und auf der Dienststelle verhört. Dabei habe er den Polizisten und seine Kollegin unter anderem als „scheiß Witzfiguren“ betitelt und damit geprahlt, „schon ganz andere Sachen gemacht“ zu haben.

Eine Entschuldigung kam dem Angeklagten vor Gericht nicht über die Lippen. Stattdessen beschuldigte er den Polizeibeamten, ihn im Polizeiwagen gewürgt zu haben, was der Polizist von sich wies. Ein Unbekannter ist der 19-Jährige am Amtsgericht nicht. Im vergangenen Jahr wurde er wegen Drogenhandels in 13 Fällen zu einer Geldauflage von 750 Euro verurteilt.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe bescheinigte ihm einen Mangel an Einsichtsfähigkeit. Die soll er nun durch die verordnete Gesprächstherapie einüben. Den Entschuldigungsbrief muss er zunächst ans Gericht schicken. „Erst wenn das eine echte Entschuldigung ist, werde ich sie an den Polizeibeamten weiterleiten“, sagte der Richter. „Eigentlich hätten Sie so groß mit Hut sein müssen“, schrieb er dem Angeklagten hinter die Ohren und maß dabei mit Daumen und Zeigefinger die Größe eines Streichholzes ab. Der Angeklagte sowie die Staatsanwältin akzeptierten das Urteil, das somit rechtskräftig ist.

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