Amtsgericht Haßfurt Einspruch sichert Arbeitsplatz

Martin Schweiger
Eine Nachbarin gab an, dass sie gesehen habe, wie ein Familienvater ein anderes vor dem Haus geparktes Auto gerammt habe. Vor Gericht lässt sich die jedoch nicht beweisen. Die Beamten, die den Schaden aufnahmen, erklären, dass das Schadensbild nicht zusammenpasse. Foto: benjaminnolte - stock.adobe.com

Ein Familienvater musste sich wegen einer vermeintlichen Unfallflucht vor Gericht verantworten. Am Ende stehen eine Einstellung des Verfahrens sowie 300 Euro Geldbuße.

 
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Haßfurt - Eine vermeintliche Unfallflucht nach einem Parkrempler gegen einen 17-Jahre alten Ford Fiesta hätte einen vierfachen Familienvater fast die berufliche Existenz gekostet. Er erhielt einen Strafbefehl über 1200 Euro sowie ein dreimonatiges Fahrverbot. Damit hätte er nicht mehr zu seinem Arbeitsplatz fahren können und so seine neue Arbeitsstelle verloren. Er legte Einspruch ein – mit Erfolg: das Amtsgericht stellte am Donnerstag das Verfahren ein. Als Auflage muss er 300 Euro an die Kreisverkehrswacht Haßberge zahlen.

Laut Anklageschrift soll der Familienvater am 5. September vergangenen Jahres, einem Sonntag, zwischen 18 und 22 Uhr abends beim Einparken vor seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Maintal gegen den Kotflügel des Fiestas gefahren sein und so – laut Kostenschätzung – einen Schaden in Höhe von über 1500 Euro verursacht haben. Eine Mitbewohnerin des Mehrfamilienhauses hatte den Unfall beobachtet und den geschädigten Mitbewohner später informiert. Der erstattete Anzeige gegen seinen Nachbarn.

Auf der Anklagebank wies der Angeklagte die Schuld von sich. Über seinen Verteidiger Steffen Vogel ließ er das Gericht wissen, dass er sein Auto an jenem Septembertag überhaupt nicht gefahren habe. Seiner Ehefrau sei es nach einer Operation schlecht gegangen, sodass er mit seiner Familie zur angeblichen Tatzeit zuhause gewesen sei. Mit der 67-jährigen Zeugin habe es immer wieder Probleme gegeben, gab der Angeklagte zu Protokoll. Sie sei sauer gewesen, weil er den Parkplatz bekam, den zuvor der mittlerweile verstorbene Gatte der Zeugin hatte. Zwei seiner Kinder hätten Angst vor der 67-Jährigen und würden sich kaum noch aus der Wohnung trauen. Wenn Besuch käme, würde sie an der Wohnungstür klingeln und fordern, dass der Besuch gehe.

Die 67-Jährige blieb im Zeugenstand bei ihrer Aussage. Der Angeklagte habe einen Sonntagsausflug mit seiner Familie unternommen. Als sie abends heimkamen, habe er erst Frau und Kinder aussteigen lassen und dann das Auto rückwärts eingeparkt. Dabei habe es einen lauten Knall gegeben. Der Angeklagte sei kurz ausgestiegen, habe den Schaden begutachtet und sei dann weggefahren.

Der Geschädigte sagte vor Gericht, dass ihm der Schaden auf der Beifahrerseite überhaupt nicht aufgefallen sei. Erst die Zeugin habe ihn auf die Delle aufmerksam gemacht. Zwei Polizeibeamte, die den Schaden aufnahmen, sagten, dass die beiden Schäden am Auto des Angeklagten und dem geschädigten Fiesta nicht zusammenpassen würden. Den Fiesta habe er für 100 Euro verkauft, weil er keine TÜV-Bescheinigung mehr bekommen habe. Diese Aussage veranlasste den Verteidiger dazu, eine Einstellung des Verfahrens in Betracht zu ziehen. Laut den beiden Polizisten passe das Schadensbild nicht zusammen, wiederholte er, was seinen nicht vorbestraften Mandanten entlaste. Zudem sei der Schaden an dem 17 Jahre alten Auto mit 170 000 Kilometern auf dem Tacho zu vernachlässigen. Es sei nicht zu verantworten, dass der Familienvater deswegen seine Existenz verliere.

Die Staatsanwältin sah ebenfalls Ungereimtheiten. „Es kann so oder so gewesen sein“, sagte sie und stimmte der Einstellung ebenso wie die Vorsitzende zu.

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