Amtsgericht Haßfurt Heranwachsende prügeln auf Lkw-Fahrer ein

Manfred Wagner
Der Lastwagenfahrer wurde zuerst geschubst und dann so heftig ins Gesicht geschlagen, dass er vor Gericht das Tatgeschehen nur noch schemenhaft schildern konnte. Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

In einer Samstagnacht um zwei kam es zur Eskalation am Haßfurter Bahnhof. Zwei Jugendliche schlugen einen 36-Jährigen krankenhausreif. Dafür saßen sie nun vor Gericht.

 
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Haßfurt - Die Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung endete für die beiden Jugendlichen (18 und 21 Jahre alt) recht glimpflich. Da sie vollumfänglich geständig waren, die Tat aufrichtig bereuten und sich wiederholt bei ihrem Opfer, einem 36-jährigen Lkw-Fahrer aus Hofheim, entschuldigten, stand die Wiedergutmachung im Sinne des Täter-Opfer-Ausgleichs im Mittelpunkt der Verhandlung. Das Jugendschöffengericht verurteilte beide dazu, dem Opfer jeweils 1000 Euro zu zahlen und die Gerichts- sowie die Kosten der Nebenklage zu tragen. Die Beträge werden auf etwaige Schmerzensgeldforderungen des Geschlagenen angerechnet.

Konkret ging es darum, was sich am 13. Juni des vergangenen Jahres nachts um zwei Uhr am Haßfurter Bahnhof abspielte. In dieser Samstagnacht war gerade eine größere Gruppe von Personen mit dem Zug von einer Feier aus Bamberg gekommen und der – nüchterne – Lkw-Fahrer hatte sich bereit erklärt, einige von ihnen heimzufahren.

Während die Leute auf dem Bahnhofsvorplatz herumstanden, zischte etliche Male ein BMW auf der angrenzenden Straße vorbei. Am Steuer saß der heute 21-jährige Angeklagte, der sich im dritten Lehrjahr einer Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker befindet. Neben ihm saß sein um drei Jahre jüngerer Freund, ein Koch-Azubi. Offensichtlich machten sich die beiden einen Spaß daraus, in einer nächtlichen Spritztour mit quietschenden Reifen durch die Kreisstadt zu brausen.

In dieser Situation ging der Lastwagenfahrer an die Straße, stoppte das schnelle Auto der Halbstarken und stellte sie zur Rede. „Muss denn das sein?!“ schimpfte er laut Staatsanwaltschaft. Daraufhin stoppte der Fahrer sein Auto am Taxistand, die beiden stiegen aus und dann ging es ganz schnell. Der Lastwagenfahrer wurde zuerst geschubst und dann so heftig ins Gesicht geschlagen, dass er vor Gericht das Tatgeschehen nur noch schemenhaft schildern konnte. Mehrere Personen, die in der Nähe standen, sagten bei der Polizei aus, dass sie nicht eingeschritten seien, weil sie Angst gehabt hätten, „auch ihr Fett abzukriegen“.

Irgendwann ließen die Schläger dann von ihrem Opfer ab. Dieser bemerkte, dass er aus etlichen Wunden blutete. Da er sich in diesem Zustand nicht in sein Auto setzen wollte, torkelte er benommen zum nahe gelegenen Krankenhaus der Kreisstadt. Dort mussten die Ärzte ihm die aufgeplatzte Oberlippe und die Augenbrauen nähen. Auch sein Auge war komplett eingeschwollen und aufgrund der Schädelprellung litt er noch wochenlang unter Kopfschmerzen. Der Staatsanwalt wertete das Verhalten des 36-Jährigen als Zivilcourage.

Kampfsport missbraucht

Während der Verhandlung erfuhr man, dass der Jüngere der Heranwachsenden seit Jahren im Kampfsport trainiert. Die eigentlich zur Selbstverteidigung gedachten Schläge und Tritte verwendete er, um damit sein Opfer krankenhausreif zu schlagen. Inzwischen hat ihn die Kampfsportschule, die von dem Vorfall erfahren hatte, rausgeworfen.

Weil das Schöffengericht noch Jugendstrafrecht anwendete, fiel das Urteil unter Vorsitz von Jugendrichter Martin Kober vergleichsweise milde aus. So trifft der bereits rechtskräftige Richterspruch die Verurteilten vor allem am Geldbeutel. Von ihrem schmalen Lehrlingsgehalt müssen sie nun dem Opfer jeweils 1000 Euro zahlen. Zusätzlich kommen noch die Rechnungen ihrer Verteidiger, die Gerichtskosten sowie die Anwaltskosten des Nebenklägers dazu. So werden sie viele Monate arbeiten müssen, um für ihren Fehltritt geradezustehen. Der Vorsitzende hofft, dass dieser Denkzettel den beiden nachhaltig in Erinnerung bleibt.

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