Amtsgericht Haßfurt Kehrtwende vor Gericht

Manfred Wagner

Wer saß bei einer wilden Verfolgungsjagd durch die Polizei hinter dem Steuer? Weil ein Zeuge sich selber der Tat bezichtigte, wurde der 23-jährige Angeklagte in diesem Punkt freigesprochen.

 
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Mit einer faustdicken Überraschung endete der Prozess wegen einer Schwarzfahrt, verbunden mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln, am Amtsgericht in Haßfurt. Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Mit einer faustdicken Überraschung endete der Prozess wegen einer Schwarzfahrt, verbunden mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln, am Amtsgericht in Haßfurt. Das Auto landete damals im Straßengraben und die drei Insassen gaben danach bei der polizeilichen Vernehmung den 23-jährigen Maler und Lackierer als Fahrer an. Nun sagten alle drei übereinstimmend vor Gericht, dass doch ein anderer gefahren wäre.

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Die Tat ereignete sich in der Nacht des Vortages auf den Silvestertag 2021, also vor einem guten Jahr. Damals saßen drei Freunde im Alter von 23, 24 und 27 Jahren in dem Opel Zafira, der dem Vater des Ältesten gehörte. Bei der Gerichtsverhandlung sagte das Trio aus, dass man kurz nach Mitternacht von Haßfurt nach Zeil gefahren sei. Danach ging es über die Mainbrücke nach Sand. Kurz nach der Brücke forderte dann ein Streifenwagen der Polizei den Wagen auf, anzuhalten. Als der Opel-Fahrer das bemerkte, trat er kräftig aufs Gaspedal und versuchte, zu entkommen. Ohne Rücksicht auf Verluste ignorierte er Geschwindigkeitsbeschränkungen wie Vorfahrtsregeln und raste mit quietschenden Reifen und 190 km/h über Feldwege. Der ihn mit Blaulicht und Martinshorn hinterherjagende Polizeiwagen ließ sich aber nicht abhängen. Die Amokfahrt ging nicht lange gut. In einer Rechtskurve konnte der Fahrer nicht mehr die Spur halten und landete schließlich im Straßengraben. Wie durch ein Wunder trug keiner ernsthafte Verletzungen davon. Zwei flüchteten zu Fuß, konnten aber bald dingfest gemacht werden. Bei der darauffolgenden polizeilichen Vernehmung gaben dann alle an, dass der Jüngste gefahren sei.

Nun erfolgte beim Gerichtstermin die Kehrtwende. Alle behaupten nun, dass der 27-Jährige hinter dem Steuer gesessen habe. Sie erklärten ihre damalige Lüge bei der Polizei damit, dass der Fahrer alkoholisiert gewesen sei und seine Fahrerlaubnis verloren hätte, hätten sie ihn angegeben. Selbst derjenige, der nun von allen Beteiligten als Fahrer angegeben wurde, gestand im Zeugenstand, das Fahrzeug gelenkt zu haben. Dieses Geständnis legte er ab, obwohl er sich als Zeuge nicht hätte selbst belasten müssen – und obwohl er auf dieses Recht sogar vom Richter hingewiesen wurde. Folgerichtig wurde der Angeklagte nun in der Verkehrssache freigesprochen, aber er muss nun damit rechnen, dass der Staatsanwalt gegen ihn ermittelt und ihn in absehbarer Zeit anklagt.

Von daher wurde dem Angeklagten nur noch der Besitz von 0,25 Gramm Marihuana zur Last gelegt. Verteidiger Alexander Wessel wies darauf hin, dass es sich hier um eine „Kleinstmenge“ handele. Weil der Beschuldigte aber bereits drei Vorstrafen hat und unter laufender Bewährung steht, verurteilte ihn das Gericht zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro, also zu insgesamt 900 Euro. Der Verurteilte und sein Anwalt akzeptierten den Urteilsspruch.