Amtsgericht Haßfurt Mit 100 Sachen durch Kirchaich

Martin Schweiger
Die Staatsanwältin war von dem reuigen Auftritt des Angeklagten beeindruckt. Foto: dpa/Arne Dedert

Nicht nur, dass er zu schnell unterwegs war, nein. Ein nun Angeklagter hatte auch noch Drogen konsumiert. Vor Gericht gibt er sich reumütig.

 
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Wie ein reuiger Sünder saß am Montag ein 20-jähriger Arbeiter aus dem Landkreis Bamberg auf der Anklagebank des Amtsgerichts Haßfurt. Ein ganzes Bündel von Straftaten soll er innerhalb eines Monats im Sommer vergangenen Jahres begangen haben. Mindestens fünfmal fuhr er laut Anklageschrift mit abgelaufenen Kennzeichen und ohne Führerschein durch den Steigerwald.

Als ihn eine Polizeistreife am 19. August kontrollieren wollte, gab er in seinem VW-Polo mit seiner Freundin auf dem Beifahrersitz Gas. Mit 140 Stundenkilometern hängte er die Polizeibeamten ab. Durch Kirchaich raste er an jenem Donnerstagnachmittag mit rund 100 Stundenkilometern. Er entkam den Ordnungshütern dennoch nicht. Eine Blutentnahme beim Angeklagten fiel positiv auf THC und Amphetamin aus. Das heißt, dass der Raser zuvor „Gras“ und „Speed“ konsumiert hatte. Bei einer Wohnungsdurchsuchung fanden die Beamten 2,8 Gramm Marihuana und eine geringe Menge an Amphetamin.

„Ich bin in allen Anklagepunkten schuldig. Ich habe Scheiße gebaut und akzeptiere jede Strafe“, bekannte der Angeklagte vor Gericht. Er sei aus dem Landkreis Haßberge weggezogen, arbeite und habe einen Hund. „Ich mache ernst“, gab er zu Protokoll. Das Tatfahrzeug, der VW Polo, sei ausgebrannt. Jugendliche hätten den Tankdeckel aufgebrochen und das Auto abgefackelt. Die Täter seien jedoch nicht gefasst worden. Er habe damals „Speed“ ausprobiert und habe „Panik geschoben“, als er kontrolliert wurde. Jetzt sei er clean. Kontakt zu seiner Familie habe er nicht. Seinen drogenabhängigen Vater habe er in seinem 17. Lebensjahr zum ersten Mal gesehen. Die Mutter habe psychische Probleme. Im Alter von sieben Jahren sei er zum ersten Mal in ein Heim gekommen. Sein eigener Vater habe ihm die Polizei auf den Hals gehetzt, weil er angeblich seinen Hund misshandle. Ein Sondereinsatzkommando habe daraufhin seine Wohnung nach Drogen und Waffen durchsucht. Einen Führerschein habe er nicht.

Die Staatsanwältin war von dem Auftritt des Angeklagten beeindruckt. Selten habe sie so ein aufrichtiges Geständnis gehört. Dies sei dem 20-Jährigen hoch anzurechnen. Sie forderte eine Geldauflage in Höhe von 2500 Euro nach Jugendstrafrecht und eine Führerschein-Sperrfrist von einem Jahr.

Der Angeklagte, der ohne Verteidiger erschienen war, zeigte sich weiterhin demütig. Er sei „dankbar“ für die milde Strafe von nur einem Jahr Sperre.

Die Anklagebank schien in diesem Verfahren zum Beichtstuhl zu mutieren. Eine Absolution gab es für den reuigen Sünder – anders als in der Kirche – dennoch nicht. 1000 Euro muss der Angeklagte an den Verein Jugendhilfe Bamberg zahlen und die Hände von Drogen lassen. Die Führerschein-Sperrfrist beträgt ein Jahr. Die Verfahrenskosten erließ ihm der Vorsitzende Richter Christoph Gillot, da der 20-Jährige demnächst eine Ausbildung beginnen will. „Ich will das Pflänzchen Hoffnung wachsen lassen“, gab der Richter dem in Tränen aufgelösten Verurteilten mit auf den Weg. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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