Amtsgericht Kronach Bewährung für Angriff auf Polizei

Jürgen Malcher
Weil sie Vollstreckungsbeamte angegriffen haben, mussten sich zwei Männer in Kronach vor Gericht verantworten. Foto: picture alliance/dpa/Arne Dedert

Vor der Disko „Dreefs“ in Marktrodach gehen 2019 zwei Männer auf Beamte los. Bei einem der beiden ist das nicht das erste Mal.

 
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Kronach - Wegen zweier Angriffe auf Polizeibeamte Ende März des Jahres 2019 vor der Marktrodacher Disko „Dreefs“ und in Coburg wurde am Donnerstagnachmittag vor dem Amtsgericht Kronach zwei türkischstämmigen Männern aus den Landkreisen Kronach und Lichtenfels im Alter von 28 und 25 Jahren der Prozess gemacht. Strafrichterin Christina Fuchs verurteilte den älteren der beiden wegen Widerstandes und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie Beleidigung zu einer Geldstrafe von 3150 Euro; sein Kompagnon erhielt unter anderem wegen mehrmaligen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eine einjährige Bewährungsstrafe und muss zudem 60 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Im letzteren Fall erkannte die Richterin auf verminderte Schuldfähigkeit.

Der insgesamt sieben Punkte umfassenden Anklageschrift zufolge sei dem Vorfall am 23. März 2019 vor dem Unterrodacher Tanzlokal ein aufdringliches, sexuell motiviertes Verhalten des 28-Jährigen gegenüber einer Disko-Besucherin vorausgegangen. Der Mann erhielt daher einen Platzverweis durch das Sicherheitspersonal. Im Zuge dessen habe man den älteren Beklagten auch an den Händen gefesselt.

Auf dem Parkplatz der Diskothek habe der immer noch fixierte 28-Jährige nach einem Beamten einer zwischenzeitlich hinzugezogenen Polizeistreife getreten; sein 25-jähriger Kumpel soll versucht haben, den gleichen Beamten mit einem Faustschlag zu traktieren. Nach Bereinigung der Situation dann habe der 28-Jährige auf der Fahrt zur Polizeiwache die Gesetzeshüter gar als „Nazis“ verunglimpft.

Verfolgungsjagd durch Coburg

Bei einem weiteren, auf den 30. März datierten Konflikt des 25 Jahre alten Mitangeklagten soll dieser sich im Coburger Steinweg einen Joint angezündet und damit die Aufmerksamkeit einer zu Fuß patrouillierenden Zivilstreife erregt haben. Einer anschließenden Personenkontrolle habe er sich entzogen und dabei einem Beamten in den Bauch geboxt. Nachdem der Beschuldigte nach kurzer Verfolgungsjagd durch die Straße „Unterer Bürglaß“ gestellt werden konnte, habe er wild um sich geschlagen und getreten. Nach vollzogener Fixierung habe er einem weiteren Beamten in die Hand gebissen, sodass dieser eine blutende Wunde davontrug. Zwei andere beteiligte Beamte erlitten Verletzungen in Form von Abschürfungen, Prellungen und Hämatomen an Knie, Oberkörper und Schulter.

Beide Beschuldigte gaben zu Prozessbeginn an, sich an die Geschehnisse des 23. März infolge übermäßigen Alkoholkonsums nicht mehr erinnern zu können. „Falls das aber alles so war, tut es mir natürlich extrem leid“, ließ etwa der 28-Jährige verlauten. Die Belästigung der 23-jährigen Besucherin indes verneinte er vehement und äußerte in diesem Zusammenhang sein Missfallen über den seiner Meinung nach unberechtigten Rausschmiss aus der Lokalität. Rückendeckung erhielt er dabei von der Dame selbst: „Sein Gesicht sagt mir ehrlich gesagt gar nix“, gab sie vor Gericht zu Protokoll – ein Umstand, den auch ihre damalige Begleiterin in ihrer Zeugenvernehmung untermauerte. Als Täter identifizierte die Letztgenannte dabei den jüngeren Beklagten.

Die Axt im Walde

Ein Security-Mitarbeiter erinnerte sich aber hinsichtlich des 23. März. Beide hätten sich benommen „wie die Axt im Walde“ und standen aufgrund dessen unter verstärkter Beobachtung. Nach dem mutmaßlichen Vorfall mit der Dame habe man beide nach draußen befördert. Von den dortigen Geschehnissen wollte der Security aber nichts mitbekommen haben – wohl aber ein Polizeibeamter der PI Kronach: Dieser schilderte die weiteren Geschehnisse auf dem Parkplatz. Seine Einschätzung: „Für ein vernünftiges Gespräch, wie wir es kennen, waren beide nicht zugänglich. Die Personen hatten – nach meiner Erfahrung als Polizist – wohl nicht nur dem Alkohol zugesprochen“ – und hatte mit dieser Einschätzung Recht: Blutproben bei beiden Krawallbrüdern wiesen neben Blutalkoholkonzentrationen von 1,5 respektive 1,3 Promille auch THC-Spuren auf.

Hinsichtlich des Vorfalls in Coburg gab der 25-Jährige an, sich aufgrund einer psychischen Störung und dem damaligen Absetzen seiner Psychopharmaka nicht mehr erinnern zu können; dennoch räumte er die Taten mit großem Bedauern ein. Direkt nach der Tat habe er sich für 30 Tage in das Bezirksklinikum Kutzenberg einweisen lassen. Die weiteren Geschehnisse schilderten drei weitere Beamte nahezu analog zur Anklageschrift. „Das war bewusst und provokativ. Er hat um sich geschlagen wie ein Wahnsinniger“, erinnerte sich ein weiterer Gesetzeshüter hinsichtlich des Versuchs, den Wüterich zu fixieren. Bei der Durchsuchung des Mannes habe man zudem ein Tütchen Marihuana „in geringer Menge“ auffinden können.

„Er hat – für ihn ungewöhnlich – reichlich dem Alkohol zugesprochen“, sei grundlos niedergerungen sowie nach draußen verfrachtet worden, stellte Verteidiger Kittel für seinen 28-jährigen Mandanten in seinem Plädoyer klar. Und: „Er nahm irrig an, dass es sich hier um einen Akt der Unrechtmäßigkeit handelte.“ Es bleibe von den Tatvorwürfen somit lediglich ein tätlicher Angriff sowie eine Beleidigung. Dafür forderte er eine Geldstrafe von 1650 Euro. Auf eine Bewährungsstrafe unter den von Staatsanwalt Georg Schneider geforderten 17 Monaten plädierte Verteidiger Andreas Günther für seinen Mandanten.

Argumentativ schloss sich das Gericht im Falle des älteren Angeklagten zwar der Verteidigung an, blieb mit 90 Tagessätzen zu 35 Euro – 3150 Euro insgesamt – jedoch deutlich über deren Forderung. Hinsichtlich der Strafbemessung des 25-jährigen Mitangeklagten sah Richterin Fuchs aufgrund seinerzeitiger psychischer Erkrankung des Mannes eine verminderte Schuldfähigkeit gegeben. Eine dreijährige Bewährungszeit sowie umfangreiche Auflagen sollen künftigen Straftaten Einhalt gebieten.

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