Amtsgericht Kronach Mutter und Sohn auf der Anklagebank

Jürgen Malcher
Drogenbesitz in nicht geringer Menge warf die Anklage einem 37-Jährigen aus dem Landkreis Kronach vor. Foto: picture alliance/dpa/Arne Dedert

Ein 37-Jähriger und seine 57-jährige Mutter stehen wegen Drogenbesitzes vor Gericht. Eine Lebenskrise durch Corona und die gute Zukunftsprognose des Mannes stimmen das Gericht jedoch milde.

 
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Kronach - Im Zuge einer am 28. April letzten Jahres durchgeführten Wohnungsdurchsuchung stellten Beamte der PI Kronach in der Mehrgenerationenhaus-Wohnung eines 37 Jahre alten Mannes aus dem südlichen Landkreis Kronach die nicht unerhebliche Menge von 273 Gramm Marihuana nebst 0,6 Gramm eines Kokaingemischs sowie ein umfangreiches Instrumentarium zum Drogenanbau sicher. Der Mann musste sich dafür am Mittwoch vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Kronach unter Vorsitz von Richterin Claudia Weilmünster verantworten. Der Vorwurf: Drogenbesitz in nicht geringer Menge.

Dass auch dessen bis dato unbescholtene 57-jährige Mutter auf der Anklagebank saß, lag an dem Versuch, dem Sohnemann Ärger ersparen zu wollen: Während der Wohnungsdurchsuchung hatte sie versucht, Drogen durch ein offenes Fenster nach draußen zu bugsieren, flog dabei jedoch auf. Letztlich wurde die 57-Jährige zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt; ihr Filius erhielt neun Monate, ebenfalls zur Bewährung. Beide müssen zudem 400 respektive 1600 Euro an eine karitative Einrichtung im Landkreis zahlen. Das Gericht erkannte dabei auf einen minderschweren Fall.

„Deal“ stößt auf Zustimmung

Die beiden Verteidiger Oliver und Martina Leuteritz nutzten zu Verfahrensbeginn die Gelegenheit, um mit Staatsanwältin Saam eine Verständigung auszuhandeln. Für ein umfassendes Geständnis stellte diese den Beklagten die Annahme eines minderschweren Falls und damit einhergehend Bewährungsstrafen zwischen zwei und zwölf Monaten in Aussicht – ein „Deal“, der auf Zustimmung aller Beteiligten stieß. Dem Gericht blieb hierdurch zwar eine umfangreiche Beweisaufnahme in Form von vier Zeugenvernehmungen erspart, aber ließ die Frage, wie der 37-Jährige überhaupt in das Visier der Ermittler geraten konnte, unbeantwortet.

Mit einem „Ausdruck des Bedauerns“ räumte dann die Beklagte über ihre Anwältin die Tatvorwürfe ein; demnach habe man die Drogen „gemeinsam und im bewussten Zusammenwirken“ in der Wohnung des Sohnes aufbewahrt. Dieser tat es ihr gleich: „Das war ein riesengroßer Fehler von mir“, gab er sich reumütig. Auf Nachfrage der Richterin gab er an, das Marihuana lediglich zum gelegentlichen Eigenkonsum beschafft zu haben; dieses habe „sich halt so angesammelt“. Das Koks hingegen „hat auf der Silvesterfeier 2020 jemand vergessen“. Die Möglichkeit, durch Preisgabe des Lieferanten von abermaliger Strafmilderung zu profitieren, nutzte er nicht.

Der Beschuldigte berichtete weiter von damals höchst prekären privaten Verhältnissen: Corona-Beschränkungen, daraus resultierende kurzzeitige Arbeitslosigkeit und dazu die pflegebedürftigen Großeltern in den eigenen vier Wänden: Womöglich sei ihm damals einfach „die Decke auf den Kopf gefallen“. Um sich wieder zu erden, gab er sich vornehmlich an Wochenenden dem Drogenkonsum hin. Mittlerweile habe er als gelernter Koch jedoch wieder Arbeit gefunden, den Drogen entsagt und sei beruflich gar zum Küchenchef eines Restaurants aufgestiegen.

Ein von der Richterin auszugsweise verlesenes toxikologisches Gutachten attestierte dem „Gras“ eine mindere Qualität; gerade einmal 11,7 Gramm des strafrechtlich relevanten Inhaltsstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) habe dieses enthalten. Auch habe man keine Anhaltspunkte dafür finden können, dass die rudimentär vorhandene Aufzuchtanlage in der Wohnung des 37-Jährigen jemals in Betrieb gewesen sei.

Positive Sozialprognose

Einer positiven Sozialprognose für beide Beklagten eingedenk forderte die Staatsanwältin eine neunmonatige Bewährungsstrafe für die 57-Jährige. Dennoch: „Sie wollten das Besitzverhältnis durch das Wegwerfen aufrechterhalten“, kritisierte Saam. Für den vierfach, nicht einschlägig vorbestraften Sohnemann erachtete sie ein Jahr zur Bewährung als ausreichend.

„Er hatte eine schlechte Phase und ist dadurch kurz auf die schiefe Bahn geraten. Das hat er ja selbst eingesehen“, unterstrich Verteidiger Oliver Leuteritz in seinem Plädoyer. Es sei zudem verfehlt, seinen Mandanten als einen klassischen Drogenkonsumenten zu bezeichnen; vielmehr habe dieser, auch bedingt durch die Corona-Krise und die daraus resultierende Angst um mangelnde Verfügbarkeit, zu Hause einen Vorrat angelegt – „und dann waren wir plötzlich bei einer ‚nicht geringen Menge‘“. „Es tut mir leid, dass ich so einen Bockmist gebaut und meine Mutter mit reingezogen habe“, ließ der 37-Jährige in seinem Schlusswort abermals voller Reue durchblicken.

Etwas anders argumentierte das Gericht: „Da waren schon jede Menge Drogen im Obergeschoss. Und sie hatte sowohl Zugang als auch die Kenntnis. Und sie hat, als die Polizei da war, versucht, die Drogen übers Fenster zu entsorgen“, begründete die Vorsitzende das Urteil gegen die 57-Jährige. Die gerade einmal anderthalbfache Überschreitung der Grenze zur geringen Menge – diese beträgt 7,5 Gramm – sowie die Würdigung der Gesamtumstände ließen das Gericht allerdings auf einen minderschweren Fall erkennen. „Marihuana ist eine Einstiegsdroge. Setzen Sie Ihr Leben und Ihren Job nicht aufs Spiel!“, ermahnte sie den Sohnemann. Indes: Beide stünden mit beiden Beinen fest mitten im Leben; es sei davon auszugehen, „dass keine weiteren Straftaten mehr vorkommen“, führte Weilmünster abschließend aus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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