Arbeitsmarkt Main-Rhön Jeder 16. Mitarbeiter ist in Kurzarbeit

Für 6,2 Prozent der 177 290 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Region Main-Rhön wurde im Dezember Kurzarbeit angezeigt. Foto: dpa/ Jens Büttner

Ein milder Winter sorgt in der Region für eine relativ niedrige Arbeitslosenquote. Was jedoch auch dazu beiträgt: ein erneuter Anstieg bei der Kurzarbeit. Schlecht sieht es für Langzeitarbeitslose aus.

 
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Kreis Haßberge - Alles ist relativ: Im Vergleich zum Vorjahr sind im Bezirk der Arbeitsagentur Schweinfurt, zu dem der Landkreis Haßberge zählt, im Monat Dezember 2021 mit einem Minus von 1292 Personen deutlich weniger Menschen arbeitslos gemeldet. Allerdings war der Dezember 2020 auch noch stärker von der Corona-Krise geprägt. Damals waren 8647 Menschen arbeitslos und die Quote lag bei 3,5 Prozent.

Nun, im Dezember 2021, sind in der Region Main-Rhön mit Stadt und Landkreis Schweinfurt sowie den Landkreisen Haßberge, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld 7355 Menschen arbeitslos gemeldet. Das wiederum waren 223 Personen mehr als noch im November. Die Arbeitslosenquote im Gesamtbezirk stieg von 2,9 Prozent im November damit nur leicht auf 3,0 Prozent im Dezember. Nur für die Haßberge betrachtet, gab es im Vergleich zum Vormonat lediglich einen Anstieg von 0,1 Prozentpunkten von 2,5 im November auf 2,6 im Dezember. Auch hier lag die Quote aber im Vorjahr (Dezember 2020) um 0,5 Prozentpunkte höher.

„Während der vierten Corona-Welle ist die Lage am Arbeitsmarkt der Region Main-Rhön einerseits durch eine stabile Arbeitslosenquote und andererseits durch einen deutlichen Anstieg der Anzeigen auf Kurzarbeit gekennzeichnet“, erläutert Thomas Stelzer, der Leiter der Agentur für Arbeit Schweinfurt. Auch die sehr milde Witterung im Dezember habe zu diesem lediglich geringen Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat beigetragen. „Ein Wintereinbruch hätte sicher zu mehr Arbeitslosmeldungen und somit Zugängen in die Arbeitslosigkeit, vor allem aus den witterungsabhängigen Berufsgruppen, geführt“, ist Stelzer überzeugt. Zusätzlich erreiche der Stellenbestand im Dezember erfreulicherweise ein erneutes Allzeithoch mit über 6000 Stellenmeldungen.

Fehlende Förderung für Langzeitarbeitslose

Das Risiko, arbeitslos zu werden, werde in der Corona-Pandemie mithilfe der Kurzarbeit stark begrenzt, so der Chef der Arbeitsagentur. Auffällig sei jedoch, dass in Folge der anhaltenden Krise die Beendigung von Arbeitslosigkeit schwieriger werde. Dies zeigt sich dadurch, dass die Anzahl der Langzeitarbeitslosen (länger als 12 Monate arbeitslos gemeldet) im Vergleich zum Vorjahr um 141 Personen (6,2 Prozent) angestiegen ist. „Während im Laufe 2021, die Anzahl der Arbeitslosen insgesamt gesehen in der Region Main-Rhön sukzessive deutlich gesunken ist, hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt“, sagt Thomas Stelzer. Ursache sei nicht zuletzt die nur sehr eingeschränkten Fördermöglichkeiten während der Corona-Pandemie für diese betroffene Personengruppe gewesen. „Das Ziel muss es sein, dass gerade Benachteiligte wieder stärker in den Fokus rücken“, so Stelzer.

Die Anzeigen zur Kurzarbeit im Berichtsmonat Dezember dagegen stiegen erneut. Im Vergleich zum Vormonat mit 624 Betrieben, gab es eine Zunahme der Anzeigen auf Kurzarbeit im gesamten Arbeitsagentur-Bezirk auf 699 Betriebe. Gleichzeitig stieg die Anzahl der von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer von 9762 auf 10 979. „Dies bedeutete, dass für 6,2 Prozent der 177 290 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Region Main-Rhön Kurzarbeit angezeigt wurde“, rechnet Thomas Stelzer vor: „Das bedeutet, für jeden 16. Mitarbeiter wurde Kurzarbeit angezeigt.“ Zum Vergleich: Im Vormonat waren es nur 5,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Agenturbezirk Schweinfurt. Nachdem die monatliche Zahl der Neuanzeigen sich seit April kontinuierlich verringert hatte, stieg diese erstmals im Dezember wieder an. „In unserer Region betraf dies hauptsächlich das Hotel- und Gaststättengewerbe, das verarbeitende Gewerbe sowie die Branche Verkehr und Lagerei“, berichtet der Leiter der Arbeitsagentur.

Doch er sieht auch Positives. So hätten der Strukturwandel und die fortschreitende Digitalisierung durch die Corona-Pandemie deutlich an Fahrt gewonnen. „Die verbesserten gesetzlichen Regelungen für geförderte Qualifizierung der Beschäftigten während der Kurzarbeit könnten von den Unternehmen noch stärker genutzt werden“, sagt Thomas Stelzer. Mittelfristig helfe dies, die vor der Krise dominierenden Themen – Fachkräftesicherung, Transformation und demografischer Wandel – zu bewältigen.

Materialknappheit und Umsatzeinbußen

Zusätzlich würden noch weitere zahlreiche pandemiebedingte Einschränkungen die Stimmung auf dem Arbeitsmarkt beeinträchtigen. „Zu den inzwischen bekannten und häufig thematisierten Problemen (Materialknappheit, Rohstoffpreise, Lieferkettenprobleme, Planungsunsicherheit) kommen erhebliche Umsatzeinbußen im Einzelhandel und im Dienstleistungssektor aufgrund der 2G bzw. 2G+ Regelung hinzu“, sagt Thomas Stelzer. Und: „Im Hintergrund steht noch die Unsicherheit, dass die weitere Entwicklung der Pandemie kaum einschätzbar ist.“

Eine Anzeige auf Kurzarbeit werde manchmal auch vorsorglich gestellt. Deshalb lasse sich aus der Anzahl der Anzeigen nicht exakt schließen, wie viele Beschäftigte am Ende tatsächlich und in welchem Stundenumfang kurzarbeiten werden. „Diese Angaben der Betriebe liegen erst mit Zeitverzögerung vor“, erklärt der Arbeitsagenturleiter. Für die tatsächlich eingetretene Kurzarbeit tritt der Betrieb mit der Lohnabrechnung in Vorleistung und muss danach bei der Agentur für Arbeit für den jeweiligen Monat einen Antrag auf die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes stellen.

Aktuelle Hochrechnungen der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit zur realisierten Kurzarbeit der regionalen Unternehmen liegen deshalb lediglich bis zum August 2021 vor. Die Statistik weist eine sogenannte Kurzarbeiterquote aus. Diese berechnet sich als Verhältnis aus der Zahl der Personen in Kurzarbeit, bezogen auf die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Kurzarbeiterquote im August 2021 lag über alle Branchen hinweg bei 1,6 Prozent. Dies entsprach dem niedrigsten Wert seit Beginn der Pandemie. Damals lag die Quote bei 6,8 Prozent. Den Höchststand hatte der Wert im Mai 2020 mit 21,6 Prozent erreicht.

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