Die Lebensräume werden in Deutschland in insgesamt 93 Lebensraumtypen unterteilt. Besonders besorgniserregend ist die Situation der Analyse zufolge im Grünland, auf ehemals artenreichen Äckern, in Mooren, Moorwäldern, Sümpfen und Quellen.
Negative Entwicklungen vor allem durch Landwirtschaft
Zudem gelten rund 9 Prozent der Lebensraumtypen auf dem Meeresboden der Nordsee als vollständig vernichtet, wie es im Faktencheck heißt. "Dazu gehören Seegraswiesen auf ebenem Sandgrund sowie Bänke der Europäischen Auster."
Als Hauptursache für den Verlust der biologischen Vielfalt nennt der Bericht die Intensivierung der Landwirtschaft mit der Verwendung von Pestiziden. "Es werden nicht mehr ganz so viele Pestizide aufgebracht", sagte Klein. Die Mittel sind ihren Angaben zufolge aber toxischer. Auch die Entfernung von Hecken in der Agrar- und Offenlandschaft, die Flächenversiegelung in den Städten und die großflächige Entwässerung der Landschaft, vor allem von Mooren und Auen, sowie der Klimawandel hätten zum Teil weitreichende Konsequenzen.
Noch kein Grund zur Hoffnungslosigkeit
Hoffnungslos sind die Autoren aber nicht. Die Wiederherstellung der Artenvielfalt, die Wiederansiedlung von bestimmten Arten und der Schutz von bestimmten Arten sei notwendig und zum Teil auch umsetzbar. Für jeden Lebensraumtyp gebe es Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt. Die Kegelrobbe zum Beispiel sei in Deutschland fast ausgerottet gewesen, sagte Helge Bruelheide, Professor für Geobotanik. Mittlerweile gebe es wieder mehr als 2.000 Tiere. "Es zeigt, dass ein ganz konsequenter Artenschutz sehr hilfreich sein kann."
Auch die Qualität der Fließgewässer habe sich infolge der Abwasserreinigung seit den 1970er Jahren großflächig erholt, was sich positiv auf die Vielfalt von wirbellosen Tieren auswirke. Wirbellose Tiere sind zum Beispiel Libellen, Käfer oder Fliegen. Als weiteres positives Beispiel nannte Christian Wirth, Pflanzenökologe und Vorsitzender des Berichts, den gestiegenen Anteil von Mischwäldern und die Zunahme von Totholz. Zahlreiche Organismen im Wald seien von Totholz abhängig.
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen handeln
Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt können laut Bericht etwa die Umstellung auf biologische Landwirtschaft, die Ausweitung von Schutzgebieten, schonende Fangmethoden in Küstengewässern und insektenfreundliches Mähen sein.
Für die Umsetzung seien sowohl Politik als auch Wirtschaft und Gesellschaft verantwortlich. "Es passiert auf der politischen Ebene ganz erstaunlich viel", betonte Wirth. In der Europäischen Union und in Deutschland gebe es zahlreiche Richtlinien, die dem Schutz gefährdeter Lebensraumtypen und Arten dienten. Oft seien sie aber nicht gut aufeinander abgestimmt oder es gebe Gegenwind, etwa aus der Landwirtschaft oder der Forstwirtschaft.
Nicht zuletzt könne jeder einzelne auch im Kleinen etwas bewirken, sagte Marion Mehring vom Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt. Zum Beispiel, indem Gartenbesitzer ihren Garten naturnah gestalteten. "Die Gartenfläche in Deutschland kommt in etwa der Fläche der Naturschutzgebiete gleich. Das heißt, das kann durchaus einen großen Beitrag leisten."