Auflösung Kronacher Kirchenchor ist Geschichte

Heike Schülein
Der Kirchenchor Kronach nach seinem letzten Auftritt. Foto: Heike Schülein

Im vergangenen Jahr feierte er in der Christuskirche Kronach noch sein 110-jähriges Bestehen. Beim Gottesdienst am Sonntag erfolgte jetzt die offizielle Auflösung. Die Wehmut ist groß.

 
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Kronach - Sie sangen bei kirchlichen Festen und Gottesdiensten, Konzerten und Projekten: Über 110 Jahre erfreuten Sängerinnen und Sänger des evangelischen Kirchenchors der Christuskirche Kronach die Kirchengemeinde mit wunderbaren musikalischen Glaubensbekenntnissen. Damit ist es jetzt vorbei. Beschleunigt durch die Corona-Krise hat sich der Kirchenchor auflösen müssen. Leider machte die Pandemie auch das geplante Abschiedsfest zunichte. So wurde die Auflösung im kleinen, aber dennoch sehr würdevollen Rahmen beim Gottesdienst am Sonntag vollzogen.

Der 1. Advent, Beginn eines neuen Kirchenjahres, erinner laut Pfarrer Achim Gerber die Menschen an die Vergänglichkeit; sei aber zugleich auch ein Ausdruck der Vorfreude auf die Ankunft Gottes. „Abschied nehmen und loslassen, aber auch offen sein für Neues“ müsse man. Der Termin sei damit ein guter Tag für die Verabschiedung des evangelischen Kirchenchors. „Das Singen in dieser Form geht heute leider zu Ende“, bedauerte er, dass die aktuelle Situation die Auflösung beschleunigt habe. Einhergehe dieser Abschied mit Traurigkeit und Wehmut – vor allem aber mit Dank für die vergangenen über 110 Jahre.

15 Auftritte pro Jahr

Zehn bis 15 Mal pro Jahr hätten die Sängerinnen und Sänger die Kirchengemeinde mit ihrem Gesang erfreut – und das bei einer durchschnittlichen Beteiligung von etwa 80 Prozent der Mitglieder. Unvergessen blieben gerade auch Konzerte gemeinsam mit anderen Chören, womit sie Ökumene im besten Sinne gelebt hätten. Gerne hätte Chormutter Heidi Diller ein schönes Abschiedsfest gefeiert, was Corona leider zunichte gemacht habe. Ihr sowie dem Chorleiter Marius Popp galt sein besonderer Dank.

Eine große Ehre war es ihm, Heidi Diller für 50 Jahre aktives Singen die Ehrenurkunde des Verbands evangelischer Chöre in Bayern „Singen in der Kirche“ überreichen zu dürfen. 28 Jahre davon übte sie das Amt der Chormutter voller Herzblut aus, wobei sie zugleich unter anderem auch „Seelsorgerin“ und „Eventmanagerin“ für die Chor-Mitglieder gewesen sei. Die Geehrte wiederum nutzte den Rahmen, um Kirchenmusikdirektor Marius Popp - seit September 2002 Leiter des Chors – nachträglich zu seinem 65. Geburtstag zu gratulieren. Namens des Chors überreichte sie ihm eine Dank-Urkunde, eine Aufmerksamkeit sowie eine Spende für die Orgel. „Danke, was du für uns in all den Jahren getan hast und was wir von dir gelernt haben“, meinte sie sichtlich bewegt.

Kulturträger ersten Ranges

„In den rund 111 Jahren war der Chor ein Kulturträger, aber gerade auch ein Aushängeschild und Botschafter unserer Stadt“, würdigte Bürgermeisterin Angela Hofmann, dass dieser mit seinen Auftritten – beispielsweise bei den Ausflügen - Kronach nach außen getragen hätten. Hiervon zeuge auch die Auszeichnung der Zelter-Plakette, die dem Chor an Ostern 2018 verliehen wurde. Vor allem habe den Chor auch die gute Kameradschaft und Freundschaft ausgezeichnet. Größten Respekt zollte sie der unermüdlichen Chormutter Heidi Diller sowie Dekanatskantor Marius Popp. Der Vertrauensmann des Kirchenvorstands, Ulrich Oßmann, erinnerte an unzählige Auftritte, aber auch an viele gesellige Veranstaltungen, liebevoll vorbereitete Weihnachtsfeiern mit dem Besuch des Nikolaus, den legendären Chor-Fasching mit Einlagen und perfekt organisierte Mehrtagesausflüge.

Als Abschiedsgeschenk kündigte Dekanin Ulrike Schorn einen Auftritt der in Schweinfurt beheimateten Band „Jericho“ an, sobald dies die aktuelle Situation wieder zulasse. Die Dekanin verlas auch ein Dankschreiben ihrer Vorgängerin Dorothea Richter, die von ihrem Wohnsitz in Bayreuth aus herzliche Grüße übermittelte. Richter bedauerte es sehr, dass die Geschichte des Chors, die sie 24 Jahre lang mit erleben durfte, zu Ende gehe. Gerade an den Feiertagen, wenn die Menschen lieber für sich privat sein wollten, habe der Chor bei seinen Kirchen-Auftritten wunderschöne musikalische Akzente gesetzt. Bei aller Traurigkeit sei sie auch gespannt, ob sich vielleicht eine singbegeisterte neue Gruppe zusammenfinde.

Wie alles begann

Am 8. März 1909 fand in den oberen Räumen des Gasthofs „Scharfes Eck“ die Gründungsversammlung des Kronacher Kirchenchors satt. Anlass war damals das bevorstehende 50-jährige Bestehen der evangelischen Gemeinde in Kronach. Die Gründung geschah auf Anregung des damaligen Pfarrer Strunz. Seitdem sind über 111 Jahre vergangen – und der Chor kann auf eine bewegte, aber auch erfolgreiche Zeit zurückblicken.

In dieser Zeit prägte eine Reihe von Chorleitern den Chor - so vor allem Oberlehrer Heinrich Förster von der Gründung bis 1945, dann Pfarrer Toth, Oberlehrer Rohn, Heiner Murmann, Horst Kaminski, Sigurd Knopp und zuletzt – seit September 2002 – Dekanatskantor Marius Popp. Aber auch Gemeindeglieder haben dem Chor insbesondere ihr Profil aufgedrückt. Erwähnt sei Hans Berge, der seine Stimme als Solist und Chorsänger erschallen ließ, sowie Helmut Goller und Rudolf Hünlein als Stützen des Basses. Die Brüder Georg und Max Dülp, Paul Buchhold und Oscar Nicolai haben dem Chor ihre Stimme geliehen; bei den Frauen waren es Friedel Seeliger, Maria Herzog, Elfriede Amendt, Maria Klimmeck, Erna Bauer und nicht zuletzt Rosa Staudigl, die sich wie eine Mutter um den Chor gekümmert hat – eine Aufgabe, die zuletzt - „Chormutter“ Heidi Diller wahrnahm.

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