Aus der Region Die schwere Last der Verantwortung

Von Isolde Friedrich
Erteilten sich gegenseitig Vollmachten: Monika und Werner Müller Archiv Foto: Friedrich

Wie eine Vorsorgevollmacht Sicherheit für schwere Zeiten gibt, zeigt das Beispiel eines Ehepaars aus dem Ilm-Kreis.

 
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Stadtilm - An einem Novemberabend im Jahr 2005. Am Tisch sitzt das Ehepaar Müller aus dem Ilm-Kreis zusammen. Werner und Monika füllen in aller Ruhe gegenseitige Vorsorgevollmachten aus. Sie setzen sich als Betreuer ein. Beide wissen, dass sie im Notfall diese Vollmacht brauchen, da Ehepartner nicht automatisch als Betreuungspersonen anerkannt werden.

Die Vorsorgevollmacht deckt nicht nur die Gesundheitssorge oder Pflegebedürftigkeit ab. Hier wird ein Bevollmächtigter für die persönlichen Angelegenheiten insgesamt eingesetzt. Mit dem Dokument legt man selbst fest, was die Vertrauensperson für einen selbst regeln darf oder auch nicht. Bei Vorlage einer umfassenden Vollmacht entfällt die gerichtlich anzuordnende Betreuung.

Im Jahr 2010 wird bei Monika nach längerem Leiden eine unheilbare Krankheit diagnostiziert. Sie wird, so wie schon oft, ins Krankenhaus eingewiesen, bleibt dort ein Vierteljahr und muss von nun an starke Medikamente in hoher Dosierung einnehmen. Nur durch diese Präparate, deren Nebenwirkungen für sie unerträglich sind, würde sie weiterleben, teilt man ihr mit.

2012 entscheidet sich Monika - gegen den Rat der Ärzte und gegen die Bitten ihrer Angehörigen -, die Medikamente abzusetzen. Das entscheidet sie bei vollem Bewusstsein in Gegenwart ihres Mannes in der Arztpraxis, Werner erinnert sich noch an diesen denkwürdigen Tag: "Die Werte von Monika verschlechterten sich zusehends. Ihr Arzt wurde misstrauisch und fragte sie bei einer der routinemäßig stattfindenden Untersuchungen direkt, ob sie die Tabletten überhaupt noch nehme. Monika verneinte und sagte ihm, sie werde diese Präparate auch nicht mehr weiter einnehmen. Der Arzt teilte ihr mit, dass sie so höchstens noch ein Jahr leben würde. Das musste sie auch unterzeichnen, ihren Entschluss sozusagen selbst verantworten. Sie lächelte ihn an und unterschrieb. Ich habe mich nicht eingemischt, es war ihre Entscheidung und von der war sie nicht abzubringen."

Ende 2013 wird Monika wieder ins Krankenhaus eingeliefert, kurz darauf nur noch durch Maschinen am Leben erhalten. Werner Müller wird vom behandelnden Arzt nach einer Vollmacht gefragt. Gut, dass wir hier aktiv geworden sind, dachte er sich und konnte das Schriftstück im Original vorlegen: Vom Amtsgericht bestätigt, ist er als Betreuungsperson offiziell anerkannt.

Werner Müller muss als Nächstes entscheiden: Soll eine Operation gemacht werden, die lebensverlängernd sein könnte? Operationen gab es in Monikas Leidensgeschichte mehr als genug. In diesem Fall berät ihn der behandelnde Arzt, wägt das Für und Wider ab. Es sei besser, diesen Eingriff nicht mehr zu riskieren, das Ende sei absehbar und würde nur noch verzögert, sagt er schließlich.

Nun ist der Notfall da, der Ehemann als Bevollmächtigter hat eine Entscheidung zu fällen. Werner Müller sagt, es sei ihm sehr schwer gefallen, die Verantwortung für das Ableben seiner Frau zu übernehmen. Selbst als die Diagnose keinen anderen Weg mehr eröffnete, wollte und konnte er nicht loslassen. Monatelang hatte er sie in alle Krankenhäuser und Reha-Zentren begleitet, immer wieder hatte sie es geschafft. Jede auch nur kurzfristige Besserung ihres Zustandes gab ihm Hoffnung, auf einmal sollte nun Schluss sein?

Im Nachhinein stellt Werner Müller fest: "Besser ist es, wenn der Vollmachtgeber seine Wünsche klar äußert. Auf jeden Fall sollte man festlegen, was man nicht will! Angehörige versuchen zu klammern. Mir hätte eine genauere Ausformulierung sehr geholfen, denn wir haben die Verfügung sehr allgemein gehalten."

Nach dem Tod Monikas regelt Werner den Nachlass seiner Frau. Beide hatten sich gegenseitig über ein notariell beglaubigtes Testament als Alleinerben eingesetzt. Hätten sie das nicht getan, wäre die Vorsorgevollmacht das Mittel der Wahl gewesen. Auch nach dem Tod besteht eine Vollmacht fort. Das ist wichtig, falls der Bevollmächtigte nicht der einzige Erbe ist. Wenn die Beerdigung geregelt werden muss und dazu Bankgeschäfte getätigt werden, reicht die Vollmacht dazu aus.

Was passiert, wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt? Wer nichts ausfüllt und der Fall tritt ein, dass man seine Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann, bekommt nach entsprechender Prüfung vom Gericht eine Betreuungsperson für bestimmte oder alle Aufgaben zugeteilt. Vorrangig wird ein Familienmitglied als Betreuer bestellt. Notfalls wird auf einen ehrenamtlichen, einen Berufsbetreuer oder den Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zurückgegriffen.

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Lesen Sie am Donnerstag (20.Oktober): Bankvollmach t - wann Sie eine brauchen und wie Sie sie erteilen.

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