Aus Küps in alle Welt Porzellan mit internationalem Ruf

Gerd Fleischmann

Die Marktgemeinde Küps ist für ihre Porzellangeschichte bekannt. Seit 1830 sorgten gleich mehrere Hersteller für die wirtschaftliche Belebung einer ganzen Region. Die Edelstein AG beschäftigte zeitweise bis zu 600 Männer und Frauen.

 
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Küps - Seit 1830 sorgten in der Marktgemeinde Küps mehrere Porzellanhersteller für einen kontinuierlichen Aufschwung. Mit der Edelstein AG, die zeitweilig bis zu 600 Männer und Frauen beschäftigte, erlebten die Küpser Porzelliner in mehreren Generationen wirtschaftlich gute Zeiten. Doch nach einem Hoch kommt stets ein Tief.

Ausgerechnet durch eine sogenannte „Heuschrecke“ aus England wurde das bittere Aus eingeleitet. Die Küpser gerieten in den Sog des britischen Finanz-Konglomerats Slater, Walker Securities, das 1972 die Porzellanfabrik Heinrich in Selb und dann 1973 Edelstein in Küps aufkaufte. Mit der überraschenden Stilllegung im Jahre 1974 wurden 261 Arbeitsplätze vernichtet und vielen Porzellinern die Illusion einer „heilen Welt“ genommen. Jim Slater, der regelrecht mit Firmen handelte, musste wenig später aus dem internationalen Finanzgeschäft aussteigen. Der Grund: Fernöstliche Geldaffären und zweifelhafte Geschäfte ruinierten seinen Ruf.

1879 entstand in der Kronacher Straße (Bundesstraße 173) zunächst eine kleine Porzellanfabrik, die Türkenbecher, Kindertrompeten und ähnlichen Kleinkram herstellte. Sie wurde vergrößert und technisch vervollständigt unter den Besitzern Ohnemüller und Ulrich. 150 Arbeiter fanden ihr Einkommen. Es wurde mit Dampfkraft gearbeitet, drei Öfen waren Tag und Nacht in Betrieb. Das Sortiment wurde erweitert auf Vasen, Uhrgehäuse, Nippes mit grüner Glasur im Genre Alt-Wien. Das Exportgeschäft blühte, besonders nach England und Amerika.

600 Mitarbeiter im Jahr 1930

1919 kam dann die Wende. Im Mai wurde die Fabrik an den Berliner Großkaufmann Julius Edelstein und an seinen Kompagnon Grünbaum verkauft. Die Unternehmer hatten auch in Berlin eine Vertriebsgesellschaft für Glas, Porzellan und Steingut. Edelstein ließ einen vierten Brennofen für Holzfeuerung, eine neue Massemühle sowie zwei Trommelmühlen erbauen. Im Dezember 1921 brannte die Fabrik bis auf das Maschinenhaus und die Massemühle ab. 1922/23 erfolgte dann der Wiederaufbau in wesentlich größeren Dimensionen. Nun wurde auf drei Etagen gearbeitet. Bereits zu Beginn des Jahres 1924 standen für eine erweiterte Produktion sechs Rundöfen zur Verfügung. Das bereits vorhandene Facharbeiterpotenzial sorgte für höchste Qualität. Von Anfang an war es das Bestreben der Berliner, anstelle von Stapelgeschirr wertvolles, qualitativ einwandfreies Tafelporzellan zu fertigen. Jahr für Jahr passte sich die Produktionsmethode dem Stand der modernen Erkenntnisse und der Marktlage an. Treibende Kraft der Expansion war Prokurist Karl Elstner, der 1928 Kommerzienrat wurde. 1930 beschäftigte die Firma immerhin an die 600 Arbeitnehmer und exportierte in alle Welt.

Besitzerwechsel 1932

Die von Amerika ausgehende Weltwirtschaftskrise durch den Börsencrash von 1929, die zu Beginn der 30er-Jahre Europa voll erfasste, machte auch nicht vor Küps Halt. 1932 übernahm in schwieriger Zeit der Colditz-Konzern die Fabrik; neuer Direktor wurde Fritz Greiner, der sich große Verdienste erwarb. 1937 erhielt der Betrieb für seine hervorragenden Leistungen das „Gau-Diplom“. Während des Zweiten Weltkriegs war die Produktion stark eingeschränkt. Doch am 12. April 1945 kam es dann knüppeldick. Durch Beschuss der Alliierten wurden die Fabrikanlagen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Abgebrannt waren an der Flussseite Packerei, Druckerei, Weißlager und Maschinenhaus.

Erst mit der Währungsreform 1948 normalisierte sich mühsam das wirtschaftliche Leben. Trotz aller Schwierigkeiten: Nach dem Krieg war die Porzellanindustrie wieder das zentrale pulsierende Arbeitsfeld in Küps.

Konkurrenz aus Fernost

Die Geschmacksrichtung in Bezug auf Formen und Dekore hatte sich gewandelt und der gesteigerte Bedarf erforderte eine großzügige Rationalisierung. Edelstein begann zunächst mit dem Bau einer leistungsstarken Tunnelofenanlage. Das Transportproblem zwischen den einzelnen Herstellungsgängen wurde durch ein Förderbandsystem gelöst. Die 60er-Jahre waren auch die Glanzzeit von Edelstein mit etwa 500 Beschäftigten. Tafel-, Kaffee-, Tee- und Mokkaservice, Vasen in allen Größen, geschmackvolle Geschenkartikel und echtes Kobalt-Porzellan umfasste die Fabrikation. Fast 40 Prozent gingen in den Export, insbesondere nach den USA. Zu Beginn der 70er-Jahre bahnte sich eine Krise an, die auch andere Porzellanfabriken im Landkreis Kronach erfasste. Billigimporte aus Fernost sowie verminderte Bedarfswünsche wirkten sich negativ aus. Relativ günstig gingen die Colditz-Aktien an Slater und Walker nach England. Das Ende war damit vorprogrammiert und die Marktgemeinde Küps hatte ein riesengroßes wirtschaftliches Problem.

In den folgenden Jahren wurde der Betrieb an der Bundesstraße 173, der nach 1945 vorübergehend als Produktionsstätte für die Loewe Opta diente, noch anderweitig genutzt. 1986 verschwand dann auch das riesige, dominant wirkende Edelstein-Gebäude durch Abbruch optisch von der Bildfläche. Und Küps hatte eine hässliche Lücke, die nur mühsam geschlossen werden konnte.

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