Ausstellung im Kronacher Kunstverein Jeder Pinselstrich eine neue Welt

Peter Müller

Die neue Ausstellung des Kunstvereins bringt mit den Bildern von Hermann Rudorf glühende Lebensfreude nach Kronach. Seine Werke sind dabei kraftvoll in Farbe und Ausdruck.

 
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Mit der glühend roten Farbe in „Lotte mit Lump“ wird der Kunstfreund empfangen, sobald er dieser Tage die Galerie des Kronacher Kunstvereins betritt. Damit erfährt er von vornherein, dass ihn in der neusten Ausstellung mit dem Titel „Mikado“ ein Rausch der Sinnlichkeit erwartet, eine Reise in andere Welten, erschaffen in einem Fluss.

Künstler Hermann Rudorf lässt die Farbtöne mit sicherem Strich auf die Leinwand fließen. Kraft, Klarheit und lebendige Dynamik prägen selbst die am Anfang stehenden Familienbilder, wie das der ganzen „Familie“ in Gelb, von „Lotte“ oder im Folgenden einer Serie von „Aenne und Herbert“, deren Gestalten auf ein Minimum reduziert sind, um mit den unterschiedlichen Flächenfarben umso ausführlicher die Gefühle des Künstlers zum Ausdruck zu bringen.

In Hof geboren

Es ist die zweite Ausstellung des Berliner Künstlers, der 1956 in Hof geboren wurde, und mit seiner Frau Gaby bereits vor 17 Jahren nach Kronach gekommen war, um seine Bilder auch in der oberfränkischen Heimat zu präsentieren. Immerhin hängen viele seiner Bilder nicht mehr in Hofer Cafés, wo Sabine Raithel ihn Anfang der 90er Jahre als Maler kennen gelernt hatte, sondern unter anderem auch im Deutschen Bundestag oder im Museum Ritter. Bei der gut besuchten Eröffnung am Sonntag bezeichnete die Kronacher Kreiskulturreferentin Julia Völker Hermann Rudorfs Gemälde als Brückenschlag der lebendigen Geister, Brücken, die den Künstler, die Kunst, mit dem Betrachter, Rezipienten, verbinden. Sie übertrügen individuelle Wahrnehmungen und Gefühle des Künstlers Rudorfs und erlaubten, zeigten, ja forderten geradezu Grenzüberschreitungen. In lebensfrohen und freien Kompositionen lotet der Künstler die Möglichkeiten der offenen Malerei voll aus. Sein immer zentraler Strich zeigt und überschreitet Grenzen, sprengt die Differenzen von Statik und Dynamik, Meditation und Expression, wie Sabine Raithel betonte.

In einem Fluss

Im Gespräch mit Hermann Rudorf entlockte sie dem zurückhaltenden Künstler dann doch einige Worte zu seiner Intention. Nicht die Welt, schon gar nicht die jeweils aktuelle, abzubilden, interessiere ihn. Er wolle andere Welten sichtbar und erfühlbar machen. Mit seinen Bildern wolle er „Zeugnis der nicht sichtbaren Welt des Geistes geben, sie sind Zeugnis der intellektuellen Anschauung“.

Wie in der Begegnung mit der Welt einer aus weiter Ferne angeheirateten Familie öffnen sich dem Betrachter immer neue Welten, Lebenshorizonte und Perspektiven. Horizonte werden dabei überwunden, wovon etwa sein Gemälde „Horizont“ eine beeindruckende Anschauungshilfe gibt. Gleiches gilt für die „Mikado“-Bilder, die das genetische Spiel des Lebens andeuten, in dem die festen Flächen von den Strichen überhöht und in Bewegung gesetzt werden.

Und so lotet Hermann Rudorf viele mögliche Welten aus – mit oft kantig gezogenen, aber stets optimistischen Strichen, in kraftvollen Farben. Die „beste aller Welten“ (Leibniz) ist dabei noch im Fluss. Die Ausstellung „Mikado“ ist noch bis 17. Juli zu sehen.

Bilder