AWO-Affäre Staatsanwalt ermittelt gegen Aures

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Inge Aures (SPD) Foto: dpa/Matthias Balk

Der Vorwurf lautet auf Untreue: Die Staatsanwaltschaft Hof prüft, ob dem Awo-Kreisverband Kulmbach aufgrund des Verhaltens seiner Vorsitzenden ein Vermögensschaden entstanden ist.

 
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Hof/Kulmbach - In der Affäre um Vetternwirtschaft bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Kulmbach hat die Staatsanwaltschaft nun auch ein Ermittlungsverfahren gegen die Vorsitzende des Kreisverbandes Kulmbach und SPD-Landtagsabgeordnete Inge Aures eingeleitet. Dies bestätigte die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Hof am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung. Weitere Details teilte die Behörde nicht mit. Bei den Ermittlungen geht es nach Informationen unserer Zeitung um die Umstände der Weiterbeschäftigung von Oskar Schmidt, des früheren Geschäftsführenden Kreisvorsitzenden und Vorgängers von Aures. Bei seinem Ausscheiden im Jahre 2014 war er nahtlos als „Bauherrenvertreter“ der Awo weiterbeschäftigt worden. Seit längerem besteht der Verdacht, dass es sich dabei um eine Pro-Forma-Beschäftigung gehandelt hatte, für die Schmidt keine werthaltige Gegenleistung erbracht hatte. Gegen Schmidt ermittelt die Staatsanwaltschaft Hof bereits seit längerem. Wie berichtet, waren am 20. Januar die Wohnung von Schmidt und die Awo-Kreisgeschäftsstelle in Kulmbach durchsucht worden. Kripo und Staatsanwaltschaft hatten dort zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt.

Über mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Kulmbacher Awo hatte unsere Zeitung erstmals vor einem Jahr berichtet. Interne und externe Prüfer hatten schwere Mängel bei der Vergabe von millionenschweren Planungsaufträgen kritisiert. Schon seit Jahren gehen solche Aufträge ohne Ausschreibung und ohne die Einholung von Vergleichsangeboten an ein Architekturbüro, das Hans-Hermann Drenske, dem Ehemann von Aures, gehört. Auch der Rentnerjob von Schmidt hatte damit zu tun: Der Ex-Vorsitzende sollte formell die Interessen der Awo bei der Sanierung und Erweiterung eines Seniorenheimes in Kulmbach vertreten. Dessen Architekt war Drenske. Dafür kassierte Schmidt nach Unterlagen, die unserer Zeitung vorliegen, bis Ende 2017 rund 100.000 Euro.

Eine Überprüfung der Vorgänge durch eine vom Awo-Bundesverband beauftragte Revisionsfirma kam jedoch zu einem verheerenden Ergebnis: Demnach gibt es keinerlei belastbare Unterlagen, dass Schmidt tatsächlich die Tätigkeit ausgeübt hat, für die er jahrelang bezahlt wurde. Handschriftliche Stundenaufstellungen, die Schmidt vorgelegt hatte, belasteten ihn zusätzlich. Demnach hatte er einen Großteil seiner bezahlten Arbeitszeit für den Besuch von Jubiläen, Trauerfeiern und Geburtstagen aufgewendet. Man habe den Eindruck, „dass hier jemand mit seiner Rente nicht ausgekommen ist“, hatte der seinerzeitige Awo-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler die Vorgänge im Kreisverband Kulmbach kommentiert. Die Bezahlung ehrenamtlicher Tätigkeiten könnte für die Arbeiterwohlfahrt nachträglich noch sehr teuer werden, da dies mit dem steuerrechtlichen Status der Gemeinnützigkeit unvereinbar ist.

Awo-Kreisvorsitzende Inge Aures hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe argumentiert, dass die Beschäftigung Schmidts als Bauherrenvertreter der Awo sogar noch Geld erspart habe, weil man die Leistung sonst teurer hätte einkaufen müssen. Wenig später stellte heraus, dass die entsprechende Vergleichsrechnung im Büro von Hans-Hermann Drenske erstellt worden war, also genau der Firma, die Schmidt eigentlich überwachen sollte. Externe Prüfer waren auch noch auf weitere Ungereimtheiten gestoßen. So hatte Schmidt in einem Fall über elf Stunden für die Vorbereitung einer einzigen Bauausschusssitzung angegeben. Zudem besteht der Verdacht, dass alle Arbeitsnachweise erst im Nachhinein erstellt wurde. Aufgrund verschiedener Handschriften wisse man noch nicht einmal von wem.

Der Ermittlungstatbestand der Untreue deutet darauf hin, dass sich Vorsitzende Aures nach Ansicht der Staatsanwaltschaft eines Vermögensschadens zulasten der Awo schuldig gemacht haben könnte. Die Aufnahme der Ermittlungen wurde dem Präsidium des Bayerischen Landtags mitgeteilt. Im Falle einer Anklage müsste die Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität beantragen. Nach der ersten Hausdurchsuchung im Januar hatte Aures eine „vollinhaltliche“ Unterstützung der Ermittlungen versprochen. Zu der neuesten Wendung wollten sich auf Anfrage unserer Zeitung weder Aures noch ihr Anwalt äußern.

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