Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der heute 46-Jährige erst im Streit seine Frau und danach dann seine Stieftochter umbrachte, als sie nach Hause kam. Eine Whatsapp-Nachricht an eine Freundin von 12.02 Uhr an jenem Tag ist das letzte Lebenszeichen der 16-Jährigen. "Ich schreib dir gleich zurück", hieß es darin. Dazu kam es nicht mehr.
Darum hatte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine Verurteilung des Deutsch-Russen wegen Totschlags an der Mutter und Mordes an der Tochter gefordert. Die Tochter habe sterben müssen, weil sie eine unliebsame Zeugin des Verbrechens an ihrer Mutter geworden sein. Die Verdeckung einer Straftat gilt als Mordmotiv.
Diese Version hält zwar auch das Gericht für die wahrscheinlichste. Dass die Nachricht um 12.02 Uhr das letzte Lebenszeichen von Tatiana war, spreche durchaus dafür, "dass ihr Tod sehr kurze Zeit unmittelbar nach Betreten der Wohnung eingetreten ist", sagte Riedmann. "Wie und auf welchem Weg wissen wir aber auch nicht." Es blieben Zweifel am genauen Ablauf: "Wir haben schlicht und einfach zu wenig Material, wie das vor sich gegangen ist." In dem Fall gebe es nach wie vor Lücken: "Wir müssen diese Lücken zur Kenntnis nehmen und wir müssen sie würdigen."
Die Staatsanwaltschaft will nach Angaben von Sprecherin Anne Leiding die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor sie entscheidet, ob sie Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen will. Die Verteidigung hat sich schon entschieden: Der Angeklagte will in Revision gehen. Er hatte Freispruch gefordert und die Vorwürfe gegen ihn bestritten.
Zur Bemessung des Strafrahmens, der bei Totschlag zwischen fünf und 15 Jahren liegt, sagte Richter Riedmann, "dass er nicht vorbestraft ist - sonst fällt uns da allerdings nichts ein". Der Angeklagte habe "nicht irgendwelche Zufallsopfer" getötet, sondern "die engste Familie umgebracht".
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