Bayreuth Lichtenfels Zu Hause im "Königreich Bayern"

Eine Frau aus Lichtenfels musste ihren Waffenschein abgeben, weil sie der Reichsbürgerszene zugerechnet wurde. Dem Verwaltungsgericht erzählt sie unglaubliche Geschichten.

 
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Waffenschein. Symbolfoto. Foto: Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpa

Bayreuth/Lichtenfels - Es ist nicht verboten, wenn man als Kläger vor Gericht nicht die Wahrheit sagt. Es ist aber auch so, dass ein Gericht nicht glauben muss, was man ihm vorträgt. Einer 52-jährigen Frau aus Lichtenfels machte die Vorsitzende der 1. Kammer des Bayreuther Verwaltungsgerichts deutlich: "Das können wir Ihnen nicht abnehmen." Ihre Klage gegen die Einziehung ihres Waffenscheins zog die Frau am Ende zurück, nachdem sie sich zuvor in einer Erklärung von den Reichsbürgern distanziert hatte.

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Im Juli 2016 hatte die Frau einen Staatsangehörigkeits-Ausweis beantragt. In der Reichsbürgerszene gilt das als einziger korrekter Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit. Als Geburtsort gab die gebildete Frau, die nach eigenen Angaben seit Jahren für ausländische Firmen arbeitet und den Spitzensteuersatz zahlt, das "Herzogtum Coburg, Sachsen und Gotha" an. Ins Feld für den Wohnsitz hatte sie "Königreich Bayern" geschrieben, die Postleitzahl in eckige Klammern gesetzt. All das ist unter Reichsbürgern üblich.

Als im Oktober 2016 ein Reichsbürger auf Polizisten schoss, wurden alle Personen, die in Bayern einen Staatsangehörigkeits-Ausweis beantragt haben und gleichzeitig im Besitz von Waffen sind, überprüft. Die Frau aus Lichtenfels war eine von vielen, denen die waffenrechtliche Erlaubnis danach entzogen wurde.

Mit Reichsbürgern habe sie nichts im Sinn, erklärte die Klägerin der Kammer. Sie sei der Empfehlung ihres japanischen Chefs gefolgt, einen Staatsangehörigkeits-Ausweis zu beantragen, weil sie den für Visa brauche. Die Frage der Richterin, ob sie denn jemals mit ihrem Reisepass Probleme gehabt habe, verneinte die viel gereiste Frau, die dem Gericht eine fast unglaubliche Geschichte präsentierte.

Weil sie nicht gewusst habe, wie sie den Antrag auf den Ausweis ausfüllen musste, habe sie sich im Internet schlau gemacht und habe dort eine Ausfüllhilfe gefunden. Dass das keine offizielle, sondern die Hilfe der Reichsbürger war, hat die Frau aber offenbar nicht gestört. Sie ist den Anweisungen gefolgt und habe gedacht, sie müsse die Angaben so schreiben. Sogar eine Karte habe es auf der Homepage gegeben, auf der man Orte anklicken und dann die "richtige" Ortsangabe findet.

Doch nicht nur der Antrag mit den merkwürdigen Einträgen zu Geburts- und Wohnort machte die Behörden stutzig. Als die Polizei die Frau befragte, gab sie auch noch an, einmal in Kulmbach bei einem sogenannten "Gelber Schein Treffen", einem Stammtisch der Reichsbürgerszene gewesen zu sein. "Damit fing das Rädlein an zu laufen", kommentierte Richterin Angelika Schöner. Das habe dazu geführt, dass die Klägerin im Juli 2017 als "waffenrechtlich unzuverlässig" eingestuft und ihr Waffenschein eingezogen wurde.

Heute gibt die Klägerin an, es sei ihr peinlich, mit der Reichsbürgerszene in Verbindung gebracht zu werden. Ebenfalls übers Internet sei sie auf dem Stammtisch in Kulmbach aufmerksam geworden. Einmal sei sie nur dort gewesen. "Ich dachte mir, das ist ein komisches Volk hier." Vor dem Verwaltungsgericht distanzierte sich die Frau von der Szene: "Ich pflege keine Kontakte und hatte auch nie das Bedürfnis dazu." Sie sehe sich nicht als Reichsbürgerin. Das seien sehr obskure, peinliche Leute.

Das half ihr aber in ihrer Klage nicht weiter. Die Vorsitzende Richterin machte deutlich, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, zu beurteilen, wie die Frau heute oder in Zukunft über das Thema denkt. Es gehe bei der Beurteilung ausschließlich um die Frage, wie das im Jahr 2016 und 2017 zu bewerten gewesen ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe dazu eine sehr strenge Meinung. Wer nicht plausibel erklären könne, wozu er einen Staatsbürgerschafts-Ausweis braucht, könne in Hinsicht auf Waffen mit einer schlechten Prognose beurteilt werden. "Im Waffenrecht muss kein Restrisiko hingenommen werden. Waffen sind gefährlich", machte die Vorsitzende deutlich.

Die Lichtenfelserin nahm ihre Klage zurück. Eigentlich, sagte sie, brauche sie den Waffenschein nicht mehr. Für ihre Verteidigung habe sie andere Möglichkeiten gefunden.