Verbale Fellpflege
Weitere wissenschaftliche Erkenntnisse: Mädchen bekommen häufiger Spitznamen als Jungen. Bei Frauen wird eher der Vorname verkürzt, bei Männern der Nachname. In blumigen Kosenamen für Frauen wie Rose oder Lilie spiegele sich das Konzept der Frau als „auf- und verblühendes Naturwesen“, das in der Jugend die größte Wertschätzung bekäme.
Wie ein Ordensname
Interessant auch, was die Sprachwissenschaftler hinter Kosenamen in Paarbeziehungen vermuten: Offenbar sei eine Liebesbeziehung eine „so einschneidende soziale Veränderung, dass sie einen neuen Namen erfordere, ähnlich wie man einen Ordensnamen bekommt“. Der Kosename löse den anderen aus alten Verbindungen, er oder sie werde dem „Namensverwender zugeeignet“.
Außerdem nivellierten Kosenamen wie Schatz, Bärli oder Herz die Geschlechterunterschiede der Partner. Während der Rufname beim Kennenlernen wichtige Hinweise über den anderen liefere – etwa auf Geschlecht, Religion, Alter –, werde später die Person interessanter und das emotionale Band, das sich in besonders liebevollen Benamsungen ausdrückt. Anders gesagt: In der Spitznamen-Phase verschmilzt das Paar zu einem nonbinären Bärli-Herz.
Thomas Mann war das Rehherz
Bei Paaren muss man doch noch einmal zu den Manns kommen. Katia nannte ihren Mann in Briefen poetisch Rehherz, er sie oft Katia oder Mielein, ein Name, den die Kinder ihr gaben. Katia Mann selbst stellte sich übrigens gern als Frau Thomas Mann vor. Aber das ist noch mal eine andere Geschichte.