Benzinpreise Coburg: Einer muss den Anfang machen

Die Benzinpreise sind in dieser Woche etwas günstiger, aber trotzdem verhältnismäßig hoch. Foto: Schäfer

Die Benzinpreise in der Vestestadt waren Mitte September knapp 26 Cent teurer als der landesweite Durchschnitt. Die Gründe dafür lassen sich nur vermuten.

 
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Der Blick auf die Anzeigetafeln der Tankstellen in der Vestestadt war Anfang der Woche wieder etwas erträglicher geworden. Die Betonung liegt dabei auf etwas, denn am Donnerstagmorgen kostet der Liter Super bereits wieder 2,09 Euro, der Liter Diesel lag in der Spitze laut den Vergleichsportalen im Internet bei 2,15 Euro. Im Laufe des Nachmittages pendelte sich der Preis für Super bei rund zwei Euro ein, während der Preis für Diesel nahezu unverändert blieb.

Nach der Aufhebung des Tankrabatts Ende August sind die Benzinpreise in der Vestestadt an den Zapfsäulen rasant in die Höhe geschossen. So mussten Autofahrer für einen Liter Superbenzin rund 2,20 Euro bezahlen. Laut ADAC knapp 26 Cent mehr als der durchschnittliche Benzinpreis in Deutschland (1,94 Euro). Besonders ärgerlich: Außerhalb Coburgs war das schwarze Gold wesentlich günstiger. Die Mineralölkonzerne orientierten sich in ihrer Preisgestaltung ungefähr an den Durchschnittspreisen. Doch warum ist das Benzin in der Vestestadt so viel teurer als im Rest der Region? „Diese Frage wurde mir in den vergangenen Wochen häufig von den Kunden gestellt“, erklärt Tankstellenpächter Hans-Joachim Büttner gegenüber unserer Zeitung. Eine Erklärung für diese auffällige Tendenz hat er allerdings auch nicht parat. „Es ist schon merkwürdig, warum die Preise Richtung Lichtenfels oder Staffelstein deutlich niedriger sind als in Coburg. Ich schätze, solange kein Anbieter den ersten Schritt macht und seine Preise reduziert, bleiben auch die übrigen Konzerne bei ihren hohen Preisen.“

Weiterer Preisanstieg droht

Obwohl der Benzinpreis an diesem Tag etwas günstiger ist als in den vergangenen Wochen, rechnet Büttner auch weiterhin mit steigenden Benzinpreisen. „Aktuell herrscht einfach ein totales Durcheinander. Nach dem Wegfall des Tankrabatts wird plötzlich darüber diskutiert, ihn vielleicht doch wieder einzuführen. Und niemand kann abschätzen, wie sich der Ölpreis nach der Teilmobilmachung in Russland entwickeln wird.“ Auch die steigenden Strom- und Personalkosten machen dem Coburger Tankstellenpächter zu schaffen. „Wenn das so weitergeht, wird sich der Betrieb eines Tankstellenshops bald nicht mehr lohnen. Ich spiele daher mit dem Gedanken, zukünftig eine Art Energiespartag mit geänderten Öffnungszeiten anzubieten.“ Sein Vorbild seien dabei die städtischen Metzger, die ihre Läden an Montagen geschlossen lassen. „Vielleicht richten wir in Zukunft eine Art Notfalldienst ein, wie das die Apotheken machen“, scherzt Büttner.

In den sozialen Medien wird fleißig darüber diskutiert, die städtischen Tankstellen zu meiden und lieber in der angrenzenden Region zum Tanken zu fahren. Allerdings schrumpft die mögliche Ersparnis auch durch die aktuelle Baustellensituation, die zusätzliche Umwege erfordert. „Bis man mit seinem Auto eine Tankstelle außerhalb Coburgs erreicht, verfährt man den Preisvorteil gleich wieder. Aber es ist schon auffällig, dass es selbst intern bei den großen Mineralölkonzernen von Tankstelle zu Tankstelle größere Preisunterschiede gibt“, erklärt Büttner.

Auch auf der Lauterer Höhe ist an diesem Vormittag nur wenig Betrieb. Sabine Kastner zieht ihren Geldbeutel aus der Handtasche und überprüft, wie viele Liter Diesel sie sich heute leisten kann. Sie ist beruflich auf ihr Privatauto angewiesen und als Lieferantin viel in der Region unterwegs. „Wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, tanke ich nicht in Coburg. Das ist mir einfach viel zu teuer“, so die 38-Jährige. „Aber leider habe ich gestern keine Zeit mehr gehabt, um rechtzeitig zu tanken. Ich überlege wirklich, ob ich mir eventuell einen anderen Beruf suche“, betont Kastner. „Ich muss immer mehr für Benzin ausgeben, bekomme aber noch immer die gleichen Fahrtkosten von 28 Cent pro Kilometer erstattet. Das rechnet sich einfach nicht mehr.“ Ähnlich sieht es auch Marcel Beierle. Er hat sich gerade einen neuen Golf gekauft und ist auf der Rückfahrt nach Schweinfurt. „Die Händler sind mit dem Tankinhalt prinzipiell ja sehr sparsam. Daher musste ich noch schnell tanken“, so der 26-Jährige. „In Schweinfurt hätte ich weniger als zwei Euro bezahlen müssen. Da hätte ich mir das Modell auch bei meinem örtlichen Händler kaufen können.“

Tankrabatt kam beim Verbraucher an

Ein Barrel Rohöl der Sorte Brent kostet Mitte September etwas mehr als 93 Dollar. Damit ist Rohöl ungefähr so teuer wie im Februar, vor Beginn des Ukraine-Konflikts. Der ADAC sieht im Rückgang der Spritpreise hingegen nur einen ersten Schritt zur überfälligen Anpassung an die fundamentalen Rahmenbedingungen. So ist Diesel im landesweiten Durchschnitt knapp 17,2 Cent teurer als Super E10. So groß war die Differenz zwischen den beiden Sorten ohne den Sondereffekt des Tankrabatts noch nie. „Weder der Rohölpreis noch der Euro-Dollar-Wechselkurs spiegeln das aktuelle Preisniveau an den Zapfsäulen wieder“, teilt der Automobilclub in einer Pressemitteilung mit. Nach wie vor seien die Kraftstoffpreise viel zu hoch und das Potenzial für Preissenkungen erheblich. „Nicht auszuschließen ist, dass das massiv überhöhte Preisniveau mehr Autofahrer als sonst dazu gebracht hat, vor dem Tanken die Preise zu vergleichen und gezielt zu einem relativ günstigen Tankzeitpunkt die günstigste Tankstelle aufzusuchen.“ So könne die Differenz zwischen verschiedenen Anbietern bis zu sieben Cent betragen. Am günstigsten fließt der Kraftstoff laut einer aktuellen Studie des ADAC in der Regel zwischen 18 und 19 Uhr sowie 20 und 22 Uhr aus den unterirdischen Benzintanks.

Heiß diskutiert wird auch die Frage, ob der Tankrabatt überhaupt bei den Verbrauchern angekommen ist. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Ifo-Institut) kommt zu dem Ergebnis, dass der Tankrabatt auf Benzin zu 85 Prozent an den Zapfsäulen ankam, beim Diesel sogar vollständig. Da die Energiesteuer auf den Liter berechnet wird und nicht auf den Benzinpreis, nimmt der Staat nicht mehr Energiesteuer ein, wenn die Spritpreise steigen. Je höher der Benzinpreis, desto weniger macht die Energiesteuer prozentual vom Benzinpreis aus. Die hohen Benzinpreise haben also nichts mit der Energiesteuer zu tun.

Doch die Autofahrer der Vestestadt schmerzen die hohen Benzinpreise an der Zapfpistole natürlich sehr. So wie Helmut Neuhaus, der seinen Fiat noch schnell in Dörfles-Esbach nachfüllt. „Ich traue dem Frieden noch nicht so richtig“, resümiert der 60-jährige Rödentaler. „Wahrscheinlich ziehen die Preise in den kommenden Wochen wieder richtig an. Irgendeine Ausrede wird ja immer präsentiert, um an der Preisschraube drehen zu können. Daher hoffe ich, dass die Preise noch ein paar Tage möglichst unter zwei Euro bleiben.“

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