Gütersloh - Mehr Geburten und Zuwanderung reichen einer Studie zufolge nicht aus, um die Negativfolgen der demografischen Alterung für die soziale Sicherung in Deutschland aufzufangen.
Deutschland steht vor einem Kraftakt: Wie lässt sich die demografische Alterung mit Blick auf die sozialen Sicherungssysteme bewältigen? Ein Anstieg bei Geburten und Zuwanderung reicht längst nicht aus, sagt eine Studie. Das Fazit dürfte manchen nicht gefallen.
Gütersloh - Mehr Geburten und Zuwanderung reichen einer Studie zufolge nicht aus, um die Negativfolgen der demografischen Alterung für die soziale Sicherung in Deutschland aufzufangen.
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"Selbst deutlich höhere Zuwanderungs- und Geburtenzahlen allein können die bevorstehenden Herausforderungen für die sozialen Sicherungssysteme kaum beeinflussen", heißt es in einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung. Nötig sei ein Maßnahmen-Mix.
Mehr Menschen im "fortgeschrittenen Alter" sollten erwerbstätig sein, ermöglicht auch durch eine "dynamische Altersgrenze". Die Regelaltersgrenze könne - orientiert an der steigenden Lebenserwartung - bis 2060 auf 70 Jahre steigen. Zudem müssten Zuwanderer viel schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden, Arbeitsumfang und Erwerbstätigkeit von Frauen deutlich zulegen. Ohne ein energisches Gegensteuern werde die jetzt jüngere Generation künftig so stark belastet sein, dass ein "massiver Verteilungskonflikt zwischen Jung und Alt" drohe.
Für die Studie hatten zwei Forscher der Universität Bochum anhand verschiedener Szenarien die Folgen des demografischen Alterungsprozesses berechnet. Selbst unter der weniger realistischen Annahme, dass Geburtenzahlen und Immigration sehr stark wachsen, werden die Ausgaben der sozialen Sicherungssysteme besorgniserregend in die Höhe schießen, betonen die Autoren. Und zwar von derzeit 890 Milliarden Euro (2017) auf etwa 1,6 Billionen Euro im Jahr 2045. Auch danach sei keine Entspannung in Sicht.
Um das zu finanzieren, würde die jüngere Generationen laut Prognose immer stärker belastet: Für die im Jahr 2010 Geborenen steigen die künftig zu entrichtenden Beitragssätze demnach im Schnitt auf über 50 Prozent der beitragspflichtigen Einkommen - 2017 lag dieser Wert bei rund 40 Prozent. Oder, anders gesagt, würde laut Simulation ein 2010 geborener Durchschnittsverdiener in seinem gesamten Erwerbsleben wohl etwa 741.000 Euro Sozialbeiträge zahlen - und damit gut 170.000 Euro mehr als ein 1970 Geborener mit 570.000 Euro. Um die gleichen Leistungen zu beziehen.
Der demografische Stand aktuell: Auf 100 Personen zwischen 15 und 64 Jahren kommen 33 Personen über 65 Jahre. 2035 werden es 50 Ältere sein. Selbst für den als unwahrscheinlich eingestuften Fall, dass jede Frau schon ab 2020 im Durchschnitt zwei Kinder bekommen sollte und es bis 2040 dann rein rechnerisch 2,2 Kinder wären, würde das laut Stiftung auf die Bevölkerungsalterung zunächst mal lange Jahre keinen Einfluss haben - sondern erst dann, wenn dieser Nachwuchs erwerbstätig würde. 2017 bekam jede Frau statistisch gesehen 1,57 Kinder.
Durch steigende Zuwanderung lasse sich der Alterungsprozess zwar abdämpfen. Allerdings: "Langfristig altern jedoch auch die Zuwanderer oder wandern wieder ab", hieß es in Gütersloh. Und bleiben die Wanderungssalden nicht dauerhaft hoch, verschärfe sich der Alterungsprozess langfristig sogar noch. 2017 waren 416.080 Menschen nach Deutschland zugewandert.