Besondere Berufswahl Frauenpower an der Kettensäge

Helmut Will
Silke Burkardt setzt mit ihrer Stihl-Motorsäge den Fällschnitt, sägt die sogenannte Fällkerbe. Foto: /Helmut Will

Silke Burkardt und Kristin Schleyer haben sich für einen Beruf entschieden, der eher als „männertypisch“ eingestuft wird: Sie arbeiten in einem Forstunternehmen. Riesige Bäume fällen ist für sie ein Kinderspiel.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Fierst - Die Arbeit im Forst ist beschwerlich und nicht ungefährlich. Meist sind dort Männer als Waldarbeiter, als Forstwirte, beschäftigt. Anders bei Thomas Birklein aus Bramberg, der ein Forstunternehmen betreibt und der für Privatwaldbesitzer sowie in Kommunal- und Staatswäldern tätig ist.

Es ist ein sonniger und kalter Nachmittag. Das Thermometer zeigt an diesem Wintertag vier Grad Minus. Im Wald, etwa 400 Meter nordöstlich der Ortschaft Fierst, durchdringt der Lärm von Motorkettensägen den frostigen Nachmittag. Dort sind schon von weitem drei Personen in oranger, hell leuchtender Arbeitskleidung zu sehen. Thomas Birklein ist im Privatwald von Siegfried Kirchner aus Untermerzbach mit seinen beiden Mitarbeiterinnen, Silke Burkardt und Kristin Schleyer, mit Holzfäll- und Aufarbeitungsarbeiten beschäftigt. Der Forstunternehmer bespricht gerade mit den beiden Holzfällerinnen an einer stattlichen Fichte, in welche Richtung man diese fällen will.

Die Blicke gehen nach oben in die Kronen der Bäume, um auszuloten, in welche Richtung der Baum fallen soll. Die Entscheidung ist gefallen. Silke Burkardt aus Unterpreppach ist eine zierliche Frau und 43 Jahre alt. Was veranlasst eine Frau als Waldarbeiterin, als Holzfällerin zu arbeiten? „Die Liebe zur Natur und dort selbstständig zu arbeiten“, sagt sie wie aus der Pistole geschossen. Hat sie das schon immer getan? „Nein, ich habe Optikerin gelernt, später auf Garten- und Landschaftsbau umgeschult und auch in diesem Beruf länger gearbeitet. Seit einiger Zeit bin ich nun mit Waldarbeit und Holzfällarbeiten bei Thomas Birklein beschäftigt.“

Die Arbeit als Optikerin war ihr zu eintönig und für sie nicht befriedigend. „Im Wald kannst du nachhaltig arbeiten, auch wenn es körperlich eine schwere Arbeit ist, aber mir gefällt das, sonst würde ich es nicht machen“, sagt sie. Dann greift sie zur Kettensäge uns startet diese mit einem kräftigen Zug am Seilzugstarter. Der Motor heult laut auf. Silke Burkardt tritt neben dem Baum und setzt unten einen waagrechten geraden Schnitt, um die Fallkerbe, die auf der Seite gesetzt wird in die der Baum fallen soll, herauszuarbeiten. Dann folgt ein schräger Schnitt von oben, bis der Holzkeil die Fallkerbe frei gibt. Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis der Baum fällt. Silke Burkhardt tritt auf die andere Seite des Stammes und ihre Kollegin Kristin Schleyer steht mit einem Fällkeil und einer Spaltaxt in den Händen bereit. Burkardt sägt nun von hinten in Richtung des Fallkerbs, die Späne fliegen und immer tiefer schneidet die Kettensäge in den Stamm ein. Dann setzt Kristin Schleyer den Fallkeil, treibt ihn mit einigen Schlägen in den Sägeschnitt, um zu verhindern, dass der Baum nach rückwärts drückt und das Schneideschwert der Kettensäge einklemmt.

Nun folgt ein Blick in die Runde, ob sich im Bereich der Baumfällung, im Gefahrenbereich, keine Personen aufhalten. Dann der laute Ruf von Silke Burkardt: „Achtung, Baum fällt.“ Jetzt sägt sie weiter und der Baum neigt sich ganz langsam in Fällrichtung. Leicht schräg, bleibt er mit den Ästen in denen von nebenstehenden Bäumen hängen. „Das ist eine Situation, wie wir Forstarbeiter sie alle kennen“, sagte Thomas Birklein. Während der Arbeit geht der Blick der Drei immer nach oben, da möglicherweise Äste abbrechen und nach unten stürzen könnten. Aber nichts passiert, der Baum hat sich, wie die Forstleute sagen, „aufgehängt.“ Jetzt wird er Stamm unten völlig abgesägt, der Baum macht einen leichten Ruck, bleibt aber im Kronengeäst hängen.

Nun greift Thomas Birklein ein. Er nimmt einen Wendehaken, setzt ihn unten am Baumstamm an und versucht mit kräftigem Druck den Baum zu drehen. Nach einiger Zeit hat er Erfolg, das Kronengeäst löst sich und die Fichte gleitet langsam, immer schneller werdend, zu Boden – geschafft.

Kristin Schleyer wohnt in Junkersdorf an der Weisach, sie ist 40 Jahre alt, verheiratet und gelernte Gärtnerin. Sie hat in diesem Beruf 20 Jahre lang gearbeitet. Sie ist selbstständige Garten- und Landschaftspflegerin, arbeitet jetzt in den Wintermonaten im Forstbetrieb von Thomas Birklein mit. Was veranlasst sie, die schwere und gefährliche Arbeit im Wald auf sich zu nehmen? „Meine Leidenschaft zur Kettensäge“, sagt sie. Einen „Motorsägenkettenführerschein“ hat sie. Das nötige Wissen vermittelt ihr Thomas Birklein. Der Baum ist gefallen. Nun werfen die beiden Frauen ihre Kettensägen an, um ihn zu entasten. Dabei versuchen sie, soweit möglich, dass zwischen ihnen und der Kettensäge immer der Stamm ist. Man sieht den beiden „Mädels“ an, dass sie mit ihren Stihl- und Dolmar Kettensägen umgehen können. Die schwachen Äste im unteren und dann die stärkeren im oberen Bereich des Baumes, fallen nach und nach, bis Silke Burkardt, an der Krone des Stammes angekommen, diese kappt. Jetzt liegt der Stamm entastet vor ihnen.

Thomas Birklein erläutert, dass es mit dem Fällen alleine nicht getan ist. „Man muss einen Blick haben, um den Stamm klassifizieren zu können, um ihn dann auf die richtige Länge zu schneiden“, sagt der erfahrene Forstwirt. Das tun die beiden Frauen dann auch. Der Stamm wird abgelängt, in der Mitte die Stärke mit einer Kluppe gemessen und Länge und Stärke am Unterstamm angeschrieben. So kann der Förster, wenn er die Stämme aufnimmt und sie klassifiziert, mit einem Blick sehen, welche Maße der Stamm aufweist. „Gute Vorarbeit erleichtert dem Förster die Arbeit“, sagt Thomas Birklein. Ihm kommt es auch sehr darauf an, dass die Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden. Diese hat er seinen Mitarbeiterinnen erläutert und er achtet auch darauf, dass sie mit entsprechender Schutzkleidung und Helm mit Visier ausgerüstet sind und auch einen Gehörschutz tragen.

Dass die Arbeit nicht leicht ist, sieht man an den Gesichtern des Holzfällerteams, die unter dem Visier infolge der Anstrengung rot leuchten. Aber alle versichern unisono: „Ja, die Arbeit ist fordernd und anstrengend und man muss schon achtgeben, das nichts passiert. Aber wir haben uns dafür entschieden, weil wir gerne in freier Natur arbeiten und den Erfolg unserer Arbeit täglich sehen können.“

Bilder