Betrüger am Telefon Die fiesen Tricks der Ganoven

Immer wieder geben sich Ganoven am Telefon als Verwandte aus, die vermeintlich in Schwierigkeiten sind. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Häufig sind ältere Leute die Opfer, sie gelten für Betrüger als leichte Beute. Die Polizei in Oberfranken rät zu mehr Vorsicht – und verrät die gängigsten Tricks der Ganoven.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Es passiert immer wieder. Betrüger geben sich am Telefon als Sohn, Tochter oder Enkel aus und überreden Senioren, ihnen ihr hart erspartes Geld zu übergeben. Auch im Landkreis Kulmbach häuften sich im zurückliegenden Halbjahr Fälle von so genannten Schockanrufern oder Enkel-Trick-Betrügern. So übergab eine 71-jährige Seniorin unweit des Kulmbacher Rathauses einer Betrügerin Goldbarren und Münzen in Wert von mehreren Tausend Euro. Zuvor hatte die bislang unbekannte Frau der Seniorin vorgegaukelt, ihre Tochter hätte einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht, und sie müsse dringend für diese eine Kaution hinterlegen. Im August vergangenen Jahres hatten Ganoven in Grafengehaig mit derselben Masche Erfolg. Auch hier übergab das verängstigte Ehepaar einem männlichen Täter einen fünfstelligen Betrag, der auf sie am Marktplatz wartete. Viele glauben, das würde ihnen niemals passieren. Das glauben alle. Und dennoch geschieht das täglich, betont die Polizei. Bürger verschenken ihr Geld an professionelle Trickbetrüger. Klar sei: Die Menschen kennen die Tricks – dies belege die hohe Zahl an Anzeigen unvollendeter Betrugsversuche. Dennoch sind die Betrüger immer noch viel zu häufig erfolgreich.

Denn bei einem Schockanruf Ruhe zu bewahren und einfach aufzulegen, ist gar nicht so einfach, wie es klingt, betont die oberfränkische Polizei. Sie rät daher: „Ganz egal unter welcher Mache es die Betrüger unter Umständen auch bei Ihnen versuchen, merken Sie sich bitte eins: Alle genannten Fälle haben eine Gemeinsamkeit. Personen, die Sie noch nie im Leben gesehen haben, fordern Geld. Und genau hier gilt es misstrauisch zu sein! Wenn Sie Zweifel haben, dann melden Sie sich umgehend bei der Polizei!“

Das Leben schenke niemanden einen neuen BMW oder eine Millionen Euro, obwohl man an keinem Gewinnspiel teilgenommen hat. Die Polizei fordere keine Geldsumme am Telefon und verwahrt auch keine Wertgegenstände, weil vermeintlich Einbruchsbanden durchs Land ziehen.

Die große Liebe melde sich nicht von heute auf morgen mit freizügigen Bildern und verspricht unvermitteltes Eheglück. „Ihr Sohn hat sein Handy nicht kaputt gemacht. Das sind alles Tücken, um an ihr Geld zu kommen!“, appellieren die Beamten. Immer wieder würden sich die Polizisten in ihrer täglichen Arbeit wundern, wie schnell Menschen buchstäblich ihren Geldbeutel öffnen. Das solle kein Vorwurf an die Opfer sein - die Täter agieren bekanntlich äußerst professionell und gut vorbereitet.

Dennoch wünsche sich die Polizei von der Bevölkerung mehr Zurückhaltung, wenn Unbekannte Kontakt aufnehmen. „Glauben Sie die Geschichten nicht! Bewahren Sie Ruhe! Sprechen Sie mit Familienangehörigen oder Bekannten darüber! Wenden Sie sich im Zweifel an die Polizei!“

Der Schockanrufer

Am 1. April merkte eine Frau aus Hirschaid gerade noch rechtzeitig, dass sie fast Betrügern auf den Leim gegangen wäre und schmetterte der Geldabholerin die Türe vor der Nase zu. Davor hatte sie einem sogenannten Schockanruf Glauben geschenkt.

„Hallo, hier ist Kommissar Meier. Ihre Enkelin hat einen schweren Verkehrsunfall verursacht. Nur wenn Sie sofort 20 000 Euro als Kaution hinterlegen, können Sie eine Haftstrafe abwenden!“ Derartige Anrufe zielen laut den Experten der Polizei nur darauf ab, die Opfer zu überrumpeln und unter ständigem Gesprächsdruck am Telefon zu halten, während sie ihr Erspartes mobilisieren und schließlich an Unbekannte übergeben. Neben der professionellen Gesprächsführung der Gauner wechseln diese auch die Gesprächsführer. Nach dem Polizisten spricht oft auch ein vermeintlicher Staatsanwalt und unterstreicht die Geldforderung, ehe eine schluchzende Frau die eingesperrte Enkelin spielt.

Das rät die Polizei:

– Denken Sie daran, die Polizei ruft Sie niemals unter der Polizeinotrufnummer 110 an! Das machen nur Betrüger. Wenn Sie unsicher sind, wählen Sie die Nummer 110. Aber nutzen Sie dafür nicht die Rückruftaste.

– Legen Sie am besten auf, wenn Sie nicht sicher sind, wer anruft und Sie sich unter Druck gesetzt fühlen.

– Rufen Sie den Angehörigen unter der Ihnen bekannten Nummer an.

– Sprechen Sie am Telefon nie über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse.

– Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen!

– Ziehen Sie eine Vertrauensperson hinzu oder verständigen Sie über den Notruf 110 die Polizei!

– Bedenken Sie: Niemals ist die Behandlung eines Unfallopfers von einer vorherigen Zahlung eines Geldbetrages abhängig.

Das kaputte Handy

Am 30. März erhielt eine Kronacherin folgende Textnachricht: „Hallo Mama, mein Handy ist leider kaputt gegangen. Das hier ist meine neue Nummer.“ Es folgte etwas Smalltalk. Und schon die Frage: „Mama, kannst du mir aushelfen? Wegen des kaputten Handys kann ich mein Online-Banking nicht nutzen. Überweise bitte Geld an folgende IBAN: …. Ich gebe dir das Geld im Anschluss zurück.“ Nicht immer lassen sich Überweisungen von der eigenen Bank wieder stornieren oder rückbuchen, deswegen die Bitte der Polizei: „Zahlen Sie kein Geld auf elektronische Nachfragen! Rufen Sie ihre Verwandten an!“

Diese Masche wird immer häufiger: Am Montag, 4. April, überwies ein Mann im Landkreis Bayreuth 4000 Euro. Das Geld ist weg. Am gleichen Tag überwies ein Coburger knapp 2000 Euro, die er zum Glück stornieren konnte. Am Donnerstag ging eine Bambergerin der Masche auf den Leim und verlor 1500 Euro.

Das rät die Polizei:

„Wenn einer Ihrer Kontakte eine ungewöhnliche Anfrage schickt, bitten Sie um eine Sprachnachricht oder rufen Sie die Person an, um ihre Identität zu überprüfen. Nur so können Sie sicher sein, dass keine fremde Person Ihren Account missbräuchlich verwendet.“

Außerdem gilt es folgendes zu beachten:

– Reagieren Sie nicht auf diese Nachrichten! Kontaktieren Sie die Person, die hier vorgetäuscht wird, auf alternativem Wege und lassen Sie sich nicht durch den falschen Chat-Partner davon abbringen.

– Nutzen Sie einen anderen Messenger, Mailverkehr oder die Ihnen bekannten Rufnummern, um eine parallele Kommunikation zu starten.

– Überweisen Sie auf keinen Fall Geld von Ihrem Bankkonto auf Ihnen unbekannte Bankkonten. Das Geld wird im schlimmsten Fall bereits nach kurzer Zeit nicht zurückzuholen sein.

– Sollten Sie auf diese Masche hereingefallen sein, informieren Sie zunächst Ihre Bank. Ggf. kann die Überweisung noch gestoppt werden. Bereits wenige Stunden könnten jedoch zu lang sein.

– Erstatten Sie Anzeige bei Ihrer örtlichen Polizei. Erstellen Sie Screenshots des Chatverlaufes, Kontaktes und von der Überweisung (mit eindeutig erkennbarem Empfängerkonto) und bringen Sie diese Daten mit zur Anzeigenerstattung.

Der falsche Polizist

Erst vor Kurzem sei wieder einmal ein Bayreuther zum Opfer dieser Masche geworden, berichtet die Polizei. Zunächst behaupteten die Betrüger, eine osteuropäische Bande hätte es auf sein Geldkonto abgesehen, auch die Bankmitarbeiter wären involviert. Der Mann hob mehrere zehntausend Euro von seinem Konto ab. Den Bankmitarbeitern erzählte er, das Geld sei für einen Autokauf. Als er das Geld hatte, suchten die Betrüger wieder Kontakt zum Betroffenen und behaupteten, es könne sich um Falschgeld handeln.

Letztlich übergab er es am Freitagvormittag einem unbekannten Geldabholer, der sich als Kriminalbeamter vorstellte, der das Geld prüfen wolle. Genauso ging es einer Frau aus Coburg. Der Anrufer gab an, Rechtsanwalt zu sein. Der angebliche Jurist überzeugte die 57-Jährige, dass sie Schulden in Höhe von 8 000 Euro habe und eine drohende Kontopfändung nur abwenden könne, wenn sie eine Zahlung von über 3000 Euro leiste. Dieser Forderung kam die Frau auch nach.

Das rät die Polizei:

– Lassen Sie grundsätzlich keine Unbekannten in Ihre Wohnung.

– Fordern Sie von angeblichen Amtspersonen, zum Beispiel Polizisten, den Dienstausweis.

– Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Suchen Sie die Telefonnummer der Behörde selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonauskunft geben. Wichtig: Lassen Sie den Besucher währenddessen vor der abgesperrten Tür warten.

– Die Polizei wird Sie niemals um Geldbeträge bitten.

– Geben Sie am Telefon keine Details zu Ihren finanziellen Verhältnissen preis.

– Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen. Legen Sie einfach auf.

– Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen.

Tipps gegen Betrüger in Messenger-Diensten:

– Checken Sie Ihren Code: Teilen Sie niemals den Code zur Verifizierung Ihres Accounts (der sechsstellige Registrierungscode, den Sie per SMS erhalten haben).

– Checken Sie Ihre PIN: Richten Sie eine persönliche PIN für Ihren Account ein (auch bekannt als Verifizierung in zwei Schritten).

– Checken Sie Ihr Bild: Schützen Sie Ihr Profilbild (damit es nur Ihre Kontakte sehen können).

– Checken Sie Ihren Kontakt: Wenn vermeintliche Kontakte Sie um einen Gefallen bitten, der Ihnen suspekt vorkommt, überprüfen Sie ihre Identität, indem Sie um eine Sprachnachricht bitten oder einfach anrufen.

Die große Liebe

Im Raum Bamberg fiel ein 71-jähriger Mann auf ein perfides Spiel herein, berichtet die Polizei. Mehrere Monate dachte er, dass er mit seiner großen Liebe chattet. Als sie sogar ein Treffen ausgemacht hatten, wurde die Dame jedoch entführt und ein Lösegeld verlangt. Erst bei der Anzeigenerstattung der Entführung bemerkte der Senior die Schwindelei.

Den Ermittlern wurde schnell das Ausmaß klar. Seit Mitte 2021 hatte er über 30.000 Euro an die Gauner transferiert. Er hat in dieser Zeit vermutlich kein einziges Mal mit einer reellen Frau geschrieben.

Das rät die Polizei:

– Schützen Sie private Daten: Seien Sie zurückhaltend bei der Veröffentlichung persönlicher Daten wie Ihrer Anschrift oder dem Geburtsdatum und mit Auskünften über Ihren Arbeitgeber. Romance-Scammer suchen beispielsweise in sozialen Netzwerken nach ihren Opfern. Mit jeder Information haben sie dadurch ein Mittel mehr, um ihre Opfer zu täuschen und anschließen um Geld zu bitten.

– Geben Sie möglichst wenig von sich preis: Bevor Sie etwas veröffentlichen, fragen Sie sich immer, ob andere das über Sie wirklich wissen sollten. Je mehr andere über Sie wissen, desto eher können Sie mit besonders sensiblen Informationen unter Druck gesetzt werden. Das machen sich auch Erpresser beispielsweise beim sogenannten Sextortion zu Nutze.

– Verwenden Sie Sicherheitseinstellungen: Nutzen Sie Privatsphäre-Einstellungen der Netzwerke und Messengerdienste für Ihren Schutz. Wer sein Profil nur für Freunde einsehbar macht, schützt sich auch vor unbekannten Cyber-Mobbern oder Cyber-Stalker.

Betrügerische Callcenter

2021 verzeichnete die oberfränkische Polizei 1288 angezeigte Fälle (das sind 164 mehr als im Vorjahr) von Trickbetrügereien. Glücklicherweise wurden hiervon nur 73 vollendet, was die umfassende Aufklärung- und Präventionsarbeit der Polizei unterstreicht. Im Jahr 2020 waren es noch 96 Fälle mit Vermögensschaden bei den meist überrumpelten älteren Menschen. Nur zu erahnen ist aber das Dunkelfeld. Tagtäglich greifen die Betrüger zum Hörer oder dem Smartphone und versuchen, ihre dreisten und fingierten Geschichten ihren Opfern schmackhaft zu machen – per Anruf, als WhatsApp-Nachricht oder gar persönlich an der Haustür. Einzelne Betrugsmaschen legten trotz des Rückgangs der angezeigten Fälle dennoch stark zu, wie die oben ersichtlichen Ausführungen zeigen. Besonders nennenswert: Schockanrufe. Zuletzt war es im gesamten Regierungsbezirk beinahe täglich zu einer Vielzahl von Anrufversuchen sowie in Einzelfällen auch zu Geldübergaben gekommen.

Im Vergleich zu 2020 stiegen die angezeigten Fälle von Schockanrufen im Jahr 2021 von 41 auf 693.

Autor

Bilder